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AfD-Mitglieder in FußballvereinenRechtsaußen wird abgeschafft

Der HSV will über den Ausschluss von AfD-Mitgliedern abstimmen. Müssen Vereine sich damit abfinden, solche Fans zu haben?

Beim Hamburger SV will man AfD-Mitglieder nicht mehr lieb haben Foto: imago/Schupfner

Ja.

Der HSV möchte ein feiner Verein sein. Ein Verein, der das Richtige tut. Nun sollte man annehmen, das bestünde bei einem Fußballklub darin, Tore zu schießen und zu gewinnen. Das ist prinzipiell keine schlechte Idee, wenn man wieder einmal in der Bundesliga mit dem Rücken zur Wand steht und gerade erst den Trainer wegen Erfolglosigkeit entlassen hat.

Umso wichtiger ist es in solch prekärer Lage wohl, außerhalb des Platzes ein Klub zu sein, der den Anschluss an den moralisch einwandfreien Zeitgeist findet. Und deswegen gibt es jetzt halt diesen Antrag eines HSV-Seniorenrats auf Ausschluss von AfD-Mitgliedern. Darüber soll auf der Mitgliederversammlung Mitte Februar entschieden werden.

„AfD raus!“, das formuliert sich ebenso schmissig wie „Nazis raus!“. Es ist eine Parole, die denjenigen, der sie skandiert, als besseren Menschen ausweist, aber leider auch als einen etwas plumpen Problemlöser. Er schickt Andersdenkende am liebsten weit ins Abseits. Sein Motto: Hauptsache, wir haben das Gesocks vom Hals und ein paar Punkte in der Öffentlichkeit gemacht.

Aber wo sollen sie denn hin, die Fußballfreunde von der AfD? Wäre es nicht besser, sie still beim Hamburger Bundesligisten mitmachen zu lassen, weil sie dort so prima integriert sind? Zum FC St. Pauli können sie nicht abwandern. Das Mantra des Antirassismus, das am Millerntor ertönt, können sie wohl nicht ertragen. Und wie sollen sie überhaupt ermittelt werden, die AfDler, die ja auch bei der Frankfurter Eintracht bald keine Heimat mehr haben sollen?

Niemand sollte sich per Parteibuch bekennen müssen. Des Wählers Häkchen steht eh unter Verfassungsschutz. Das gehört in den Setzkasten einer Demokratie, die auf einem famosen Grundgesetz basiert. Darin steht, dass niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden darf.

Die Idee, die der Seniorenrat präsentiert, widerspricht nicht nur dem Geist des Liberalismus, sie ist auch dumm, denn sie bedient den Opfermythos der Rechtspartei. Deren Funktionäre sagen allerorten, sie würden ausgegrenzt. Manchmal haben sie recht. Der beflissene HSV-Senior ist nichts anderes als ein Wahlhelfer für die AfD. Markus Völker

Nein.

Hat der Hamburger SV nicht gerade andere Probleme? Nein, es ist ein wunderbarer Zeitpunkt, um gerade jetzt im Verein das Unbehagen daran zum Ausdruck zu bringen, dass fremdenfeindliche, rassistische Positionen zunehmend gesellschaftliche Räume besetzen und somit eben auch den HSV tangieren. Dass es eben gerade jetzt um viel mehr geht als um den Klassenerhalt des Profiteams. Ein Verein mit knapp 80.000 Mitgliedern hat eine gesellschaftliche Verantwortung.

Slogans wie „Kein Platz für Rassismus“ oder „Mein Freund ist Ausländer“ dürfen nicht nur als Imagebotschaften über Hochglanzbroschüren verbreitet werden, sie müssen auch mit Leben gefüllt werden. Vereinsmitgliedern, die an der Verbreitung fremdenfeindlicher Einstellungen mitwirken, kann man nicht mit Gleichgültigkeit begegnen, auch wenn dies – wie anno dazumal in der Weimarer Republik – im Rahmen der Legalität geschieht.

Allein die Stoßrichtung der Debatte beim HSV geht in die falsche Richtung. Mit einem juristisch ohnehin nicht haltbaren Ausschluss von AfD-Mitgliedern aus dem Verein verlässt man selbst die Ebene der legalen Auseinandersetzung.

Sinnvoller wäre es, die Fähigkeit der AfD-Mitglieder zum Anschluss an den Hamburger SV auf die Probe zu stellen. Welcher Anhänger der rechtspopulistischen Partei kann sich etwa mit dem SC Freiburg und dessen Trainer Christian Streich freuen, der sich schon überdeutlich zu den menschenverachtenden Positionen der AfD und ihrer Geschichtsvergessenheit geäußert hat. Oder wie viele AfD-Mitglieder können sich mit dem FC St. Pauli identifizieren, dessen Identität sich wiederum auch aus dem engagierten Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit speist?

Der HSV sollte die politischen Werte, die er für unvereinbar mit einer AfD-Mitgliedschaft hält, im Vereinsleben sichtbarer machen, damit das Unbehagen auf der anderen Seite wächst. Im besten Falle werden dann künftig HSV-Mitglieder aus der AfD ausgeschlossen. Das Prinzip der Ausgrenzung sollte man besser denen überlassen, die damit Politik machen. Johannes Kopp

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19 Kommentare

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  • Der Antrag ist Unsinn. Zum einen scheint dem Antragsteller (oder dem HSV) entgangen zu sein, dass durch die Verschwurbelheit des Antragstextes nur noch AfD-Mitglieder beim HSV in Gremien gewählt werden könnten. Zum zweiten ist der Antrag rechtlich nicht haltbar und hilft nur der AfD sich ein weiteres Mal in Opferpose zu werfen. Die Idee dahinter ist aber richtig: Rassisten, egal aus welcher Partei oder politischem Spektrum, haben in einem Fussballverein wie dem HSV nichts zu suchen.

  • Fakt ist dass Vereine und Parteien Unvereinbarkeiten beschließen können. Das hat die AfD selbst schon genutzt (wenn auch nur um die bürgerliche Fassade zu wahren). Ein privater Verein wie es der HSV ist (egal wie groß er ist und welche Anteile auch immer er an einem Unternehmen hält) kann selbstständig beschließen wer Mitglied sein darf und wer eben nicht. Als ob es nicht genug Vereine in Deutschland gibt die kein aufrichtiges Problem mit Rechtsradikalen haben. Vereine wie Dynamo Dresden, Energie Cottbus oder Hansa Rostock nehmen sie sicher gerne als zahlende Mitglieder auf. Es gibt kein verbrieftes Recht Mitglied eines Vereins mit erstliga Profiabteilung zu sein. Da braucht man auch nicht auf Teufel komm raus Zensur,und Diskriminierung oder das Grundgesetz bemühen um etwas zu konstruieren. Ein Verein für schwule kann bestimmen dass Frauen oder Heteros nicht Mitglied sein können. Ein Frauenverein kann Männern die Mitgliedschaft verwehren. Eine Burschenschaft nicht studierenden. Ein Heimatverein Menschen die ihren Wohnsitz am anderen Ende der Welt haben. Und der HSV eben Mitgliedern der AfD wenn die Mitglieder dies so beschließen (was ich gut fände). Und wenn ich mit meinen Freunden einen Verein zur Förderung des Salzstangenverzehrs gründe können wir beschließen ganz unter uns zu bleiben und überhaupt niemanden mehr aufzunehmen. Ein Verein kann eben vollkommen unabhängig bestimmen wer dazu gehört und wer nicht. Das ist vom GG auch so gedeckt. Eigentlich bedarf es also keiner Debatte darum ob man das darf oder nicht sondern einzig und allein ob man das Vorgehen für sinnvoll hält oder nicht.

    • @Der Epping:

      Wäre die AfD nicht ganz so rechts. Mehr so FDP rechts, dann würde ich ihr jetzt evt. sogar wirklich mal meine Stimme geben, einfach nur damit sich die Leute anpissen, die mit solchen Ideen um die Ecke kommen. Schade eigentlich, dass die so extrem ist. Da entgeht mir bei mäöglicher Neuwahl reichlich Spaß^^

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    Und wie genau erkennt man AFD-Mitglieder? Oder AFD-Wähler? Erbärmlicher Schwachsinn. Nutzloser Blödsinn, der der AFD noch mehr Zustimmung bringen wird.

  • AFD Mitglieder und dergleichen haben nirgends was verloren. Null Toleranz für die neue Rechte, null Toleranz für Nazis. Egal wo, klare Kante!

  • Der genaue Text des Antrages nach ('HSV live'): „Die Mitgliederversammlung fordert das Präsidium auf dafür zu sorgen, dass keine AfD-Mitglieder oder gleichgesinnte Personen nicht Mitglied im Hamburger Sport-Verein e.V. oder der HSV Fußball AG angehören.“

    Finde den Fehler...

    Schon auch ein wenig symptomatisch für diesen Club.

  • Mal abgesehen davon, dass ich die AfD als Partei für reiche Rassisten einschätze.

     

    Die AfD ist nicht verboten. Ein Ausschluß von AfD-Mitgliedern ist damit prinzipiell gleichzusetzen mit einem Ausschluß von Mitgleidern der Linekn, SPD, Grüne, CDU, FDP, CSU.

     

    Insofern ist ein solche Anliegen undemokratisch und mit Verlaub antiaufklärerisch.

     

    Man muss die unterschiedlichen politischen Haltungen aushalten solange die die Partei nicht verboten wird.

     

    So langsam frage ich mich, welche Zensur-Idiotie als nächstes kommt.

    • @J_CGN:

      Nein ist es nicht.

      Entweder du heißt Schwule, Migranten, Juden ect in deinem Verein willkommen oder Leute die diese Gruppen diskriminieren und beschimpfen.

      Folglich muss der Angreifer aus dem Vereinsleben ausgeschlossen werden.

       

      Ob der Staat nun die AFD zulässt oder sie nicht zulässt tut nichts zur Sache

       

      Mitglieder von Linken, CDU o.ä. bekennen sich nicht durch ihre Parteimitgliedschaft dazu andere Menschen diskriminieren zu wollen

      • @Oskar:

        Sorry, das ist Bullshit.

        CDU Mitglieder wollen eine Fremdenfeindliche Obergrenze für Flüchtlinge im Koalitionsvertrag.

         

        Mitglieder der SPD und Grünen haben den völkerrechts- und grundgesetzwidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999 und die neoliberalen, antisozialen Hartz IV Reformen mit getragen.

         

        Rasisstische und Xenophobe Mitglieder wie Palmer, Sarrazin und Buschkowsky sind immer noch Teil der Grünen und der SPD.

        Der Ausschluß von AfD Wähler ist richtig und gut, kann aber nur der erste Schritt sein den Verein zu säubern.

        Der Ausschluß von Wählern der SPD, CDU, FDP und Grünen muß früher oder später folgen.

  • Der HSV sollte dann auch konsequent sein und den prozentualen Anteil an Sportförderung in Höhe des AfD-Wahlergebnisses zurückgeben. Denn wer will schon das Steuergeld von Nazis.

  • Der geneigte Leser sollte vielleicht den ganzen Artikel lesen und nicht nur die Überschrift. Dann braucht man sich auch nicht gleich als Paulianer outen, der beim HSV sowieso alles reaktionär und blöd findet, weil man ja selbst alles besser macht. Tatsächlich gibt es beim HSV eine Vielzahl von Mitgliedern jeder Art und jährlich mindestens eine Mitgliederversammlung. Dort sind nicht alle Mitglieder gleichgeschaltet, wie bei manch anderem Verein, sondern sie können eigenständig Anträge, gleich welchem Inhalt, stellen. Diese sogar nach eigenem Gutdünken. Sie brauchen vorher niemanden um Meinung fragen. Weder Vereinsführung, noch Plenum oder sonst wen. Dies zeichnet nebenbei einen weltoffenen, toleranten, facettenreichen Verein aus. Dies aber nur nochmal als Hinweis, für alle die sowas aus ihrem Verein nicht gewohnt sind. Nun hat das HSV Mitglied Peter Gottschalk, langjähriger Vorsitzender des Seniorenrates, einen Antrag zur Mitgliederversammlung gestellt. „AfD-Mitglieder oder gleichgesinnte Personen sollen nicht Mitglied im Hamburger-Sport-Verein e.V. werden oder der HSV Fußball AG angehören“. Der HSV hat mit diesem Antrag nur so viel zu tun, als das Peter Gottschalk HSV Mitglied ist. Wie dieser Antrag auf der Mitgliederversammlung beschieden wird ist völlig offen. Aber so oder so, es entscheiden die Mitglieder. Aber das macht eben einen Verein aus.

    • @eppendorfer jung:

      Amüsant und nicht ganz untypisch für den HSV ist allerdings der Antragtext: „Die Mitgliederversammlung fordert das Präsidium auf dafür zu sorgen, dass keine AfD-Mitglieder oder gleichgesinnte Personen nicht Mitglied im Hamburger Sport-Verein e.V. oder der HSV Fußball AG angehören.“

      Nach gängiger Logik hieße das, jedes Afd-Mitglied oder Gleichgesinnte müssten Mitglied des HSV sein...

      Eigentor!

  • Kann man machen.Wäre es dann allerdings nicht konsequent, auch alle CDU-Mitglieder aus dem Stadion zu verbannen?

     

    Die Vorsitzende dieser Partei (und Kanzlerin) hat nämlich mit ihren Deals in der Türkei dafür gesorgt, dass an der syrisch-türkischen Grenze Kriegsflüchtlinge real erschossen werden. Oder ist das etwa weniger zu kritisieren, als das Geschwafele des einen oder anderen AfD-Politikers zu diesem Thema?

    • @Urmel:

      Das ist nicht weniger zu kritisieren aber weniger machbar und vor allem ist dieses klassenfeindliche Verhalten nichts was das Vereinsleben zerstört.

      Wenn du Rechte im Stadion hast dann kannst du kein Verein sein der Platz für alle Religionen, Nationalitäten, sexuellen Orientierungen ect hat weil du gleichzeitig zulässt das ein Teil der Mitglieder Front macht gegen den Rest.

      Die einzige Lösung ist es diejenigen raus zu werfen, die im Verein hetzen wollen.

      Das Problem hast du bei Waffendealern und deren Unterstützern nicht. Dazu wäre ein Ausschluss aus einem Verein nur weil das Verhalten zu kritisieren ist politisch fragwürdig weil potentiell diskriminierend.

    • @Urmel:

      recht haste, aber nazis sollte man von überall rasuwerfen oder?

      • @joaquim:

        Mag sein.

         

        Aber zählt eine real begangene Tat nicht mehr als eine mit Worten angekündigte?

  • Ich lese: „Slogans wie ‚Kein Platz für Rassismus‘ oder ‚Mein Freund ist Ausländer‘ dürfen nicht nur als Imagebotschaften über Hochglanzbroschüren verbreitet werden, sie müssen auch mit Leben gefüllt werden.“

    Da kommt mir, ich weiß nicht genau warum, eine Passage von Ernst Bloch über Kitsch und Kolportage bei Karl May in den Sinn:

    „Kolportage teilt ihre Motive mit den alten Abenteuer-, Verfolgungs- und Rettungsepen, mit den Urstoffen des alten Rittersangs; und sie hält, in einem immerhin aktuellen, einem freizügigen Wunschtraum, diese Grundkämpfe zwischen Gut und Böse frisch, mit endgültigem Sieg des Guten. Auch hier also reinigt sich Kolportage gerade noch aus den Motiven der Traumkraft, als eines […] Vehikels von Vorwirklichkeit. Und der Inhalt der Freizügigkeit schlechthin erscheint: Schurken, die sie hindern, weite Prärie, gefährliche Stadt, Räuberbraut, Detektive des Schlechten, Held und edle Rächer, alle Gestalten der Dämonie und des Lichts. […] Dies »Weltgericht« […] sichert ihr zugleich ein ersetztes, vorgespiegeltes Leben, genauen Raub an der kommenden Welt.“

    Und dann Blochs Quintessenz:

    „Träumt also Kolportage immer, so träumt sie doch immerhin Revolution, Glanz dahinter; und das ist, wenn nicht das Reale, so das Allerrealste von der Welt.“

    (E.B.: Die Literarische Welt. Berlin. 3. 12. 1926).

    Martin Korol, Bremen

  • Aus der Distanz würde ich mal behaupten, dass AfD-Mitglieder ganz hervorragend zu einem Verein passen, dessen Hauptsponsor Rechtsnachfolger eines Unternehmens ist, das im Nationalsozialismus quasi einer der ganz großen Chef-Logistiker des Todes war. Da schließt sich doch nur ein Ring.

  • Klar, der HSV will Opferschutz. Wenn man schon sportlich abkackt muss man ja unbedingt irgendwas mit den Medien machen. AfD-Mitglieder raus, aber rechtsradikale Hools gehören zur Folklore? Offenbar braucht man einen Gesinnungstest um den HSV zu unterstützen. Wer nicht mindestens in der 3. Generation SPD wählt, darf den Kommerzclub nicht unterstützen!