AfD-Fraktion verliert Abgeordneten: Witt wechselt zur Zentrumspartei
Dem AfD-Abgeordneten Uwe Witt wurde seine Partei zu radikal, behauptet er. Jetzt verhilft er der Zentrumspartei zum ersten Mandat seit 1959.
Witt begründete seinen Austritt aus der extrem rechten AfD mit der fortschreitenden Radikalisierung sowie Problemen mit der Zusammensetzung der neuen Bundestagsfraktion. Die weitere Radikalisierung seiner bisherigen Partei dürfte Witt aber schon vor seiner Wiederwahl in den Bundestag bekannt gewesen sein – schließlich hat die völkische Strömung der AfD in Person von Björn Höcke am Wahlprogramm wesentlich mitgeschrieben.
Ebenso erodierte vor der Wahl im Bundesvorstand die Mehrheit von Parteichef Jörg Meuthen, der innerhalb der AfD als gemäßigt gilt. Gut ablesen ließ sich das daran, dass gegen den damaligen AfD-Bundestagskandidaten Matthias Helferich kein Parteiausschlussverfahren erfolgte – obwohl bekannt wurde, dass dieser sich selbst als das „freundliche Gesicht des NS“ bezeichnet hatte und dem NS-Richter Roland Freisler huldigte.
Die Personalie Helferich sei dann auch einer der Gründe gewesen, aus der AfD auszutreten, so Witt am Mittwoch. Witt hatte bei der konstituierenden Fraktionssitzung beantragt, Helferich auszuschließen, was jedoch viele Kollegen abgelehnt hätten – unter anderem NRW-Landeschef Rüdiger Lucassen.
Auffangbecken für frustrierte AfDler?
Zur Abstimmung kam es allerdings nicht, Helferich hatte nach ausufernder Debatte von sich aus darauf verzichtet, der Fraktion beizutreten. Ebenso beschrieb Witt, dass ein AfD-Abgeordneter ein Abzeichen einer rechtsextremen Organisation am Revers getragen habe – ohne nähere Details zu nennen.
Zudem hätten Witt die zuletzt aus dem Landesverband Bayern bekannt gewordenen Chats beunruhigt, in denen auch prominente AfD-Mitglieder einen Bürgerkrieg herbeisehnten. Dazu ermittelt mittlerweile auch die Staatsanwaltschaft, weswegen auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Johannes Huber kürzlich aus der Fraktion ausgetreten ist. Witt sagte resümierend: „Es haben sich gravierende Dinge in der Partei geändert, meine Vorstellungen von politischer Akzeptanz sind überschritten.“
Die Zentrumspartei war im Kaiserreich und der Weimarer Republik eine etablierte Partei und Vertreterin des politischen Katholizismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung der überkonfessionellen CDU verlor sie jedoch an Bedeutung. Dennoch war das Zentrum auch in der Nachkriegszeit von 1949 bis 1959 im Bundestag vertreten. Danach schrumpfte sie zur Kleinpartei.
Heute hat die Zentrumspartei rund 300 Mitglieder, wie Bundesschatzmeister Hans-Joachim Woitzik sagte. Mitglieder habe die Partei fast nur in Nordrhein-Westfalen (150) und Niedersachsen (50). Zur Bundestagswahl 2021 war die Zentrumspartei nicht zugelassen.
Zum Auffangbecken für frustrierte AfDler wolle man nun aber nicht werden. Man wolle im Einzelfall über Aufnahmeanträge entscheiden. Zuletzt waren wegen Radikalisierung ausgetretene AfD-Politiker häufig zu den liberal-konservativen Reformern um AfD-Gründer Bernd Lucke übergetreten.
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