AfD-Bundesparteitag in Braunschweig: Antisemit will Chef werden

In der Rechtsaußenpartei kreist das KandidatInnenkarussell. Jetzt hat auch Wolfgang Gedeon seine Bewerbung eingereicht.

Wolfgang Gedeon, Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg und Antisemit

Will an die Spitze der AfD: der antisemitische Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon Foto: dpa

BERLIN taz | Kurz vor dem Bundesparteitag der AfD, der am Samstag in Braunschweig beginnt, werden die Bewerbungen für die Parteispitze immer wilder. Jetzt hat auch der fraktionslose baden-württembergische Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon seine Kandidatur als Parteichef bekannt gegeben. Wegen antisemitischer Äußerungen läuft gegen den 72-jährigen Ex-Maoisten ein Parteiausschlussverfahren.

In seiner Bewerbung, die auf der Homepage der AfD einzusehen ist, greift Gedeon die AfD-Spitze frontal an und fordert: „Wir brauchen eine Reform an Haupt und Gliedern, die tiefer gehen muss als die von 2015 in Essen.“ Dort hatte die AfD ihren Gründer Bernd Lucke vom Platz gejagt.

Außerdem kritisiert Gedeon im Rahmen eines von ihm formulierten Zwölf-Punkte-Katalogs, der Antisemitismus in Deutschland werde „durch ein Heer staatlich bezahlter ‚Antisemitismus-Beauftragter‘ und ihrer medialen Handlanger aufgebauscht“. Der Volksverhetzungsparagraf gehöre abgeschafft.

Mit seiner Bewerbung dürfte Gedeon allerdings erfolglos bleiben, auch wenn er in Baden-Württemberg nach wie vor UnterstützerInnen hat. Zuletzt war eine Abstimmung, ihn wieder in die AfD-Landtagsfraktion aufzunehmen, nur knapp gescheitert.

Tritt Gauland doch noch einmal an?

Neben Gedeon haben auch einige bundesweit gänzlich unbekannte Parteimitglieder ihre Kandidatur für den Parteivorsitz angekündigt. Als aussichtsreichster Kandidat gilt auf dem einen Platz der amtierende Parteichef Jörg Meuthen, gegen den unter anderem die rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordente Nicole Höchst antreten will, die jüngst die Kanzlerin mit Hitler verglichen hatte.

Spannend wird es auf dem zweiten Platz, der des bisherigen AfD-Co-Chefs Alexander Gauland. Hier ist Tino Chrupalla der Wunschkandidat der Parteispitze. Doch mit Gottfried Curio, dem innenpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion, hat er ernstzunehmende Konkurrenz. Zudem will die niedersächsische Landeschefin Dana Guth antreten.

Sollte keineR der KandidatInnen eine ausreichende Mehrheit bekommen, hat Gauland sich offen behalten, selbst doch noch einmal anzutreten. Für eine eventuelle Last-Minute-Kandidatur seien „mehrere Konstellationen denkbar“, sagte der 78-Jährige am Freitagmorgen im Deutschlandfunk. Als Beispiel nannte er, „dass keiner der Kandidaten eine Mehrheit bekommt“. Das wäre ein „Szenario, was die Frage wieder offen sein lässt“.

Persönliche Haftung bei illegalen Parteispenden?

Neben Personalfragen stehen in Braunschweig auch einige andere für die AfD wichtige Entscheidungen an. So fordert ein Antrag, die so genannte Unvereinbarkeitsliste abzuschaffen. Dort sind Parteien, Vereine und Organisationen aufgeführt, deren Mitglieder nicht in die AfD aufgenommen werden dürfen, darunter Parteien wie NPD, DVU oder Die Rechte, aber auch Reichsbürger und die Identitäre Bewegung.

Ein anderer Antrag ist besonders für Parteichef Meuthen, die Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel und den Europaabgeordneten Guido Reil interessant. Darin wird gefordert, dass die Verursacher von Strafzahlungen für die Partei persönlich in Haftung genommen werden: „Wer vorsätzlich durch schuldhaftes Finanzgebaren die Partei zu Strafzahlungen zwingt oder von staatlichen Geldzuwendungen abhält, muss persönlich dafür haften“, heißt es in dem Antrag.

Wegen Spenden an Meuthen und Reil sowie an Weidels Kreisverband, die die Bundestagsverwaltung als illegal eingestuft hat, drohen der AfD Strafzahlungen in Höhe von mehreren Hundertausend Euro. Meuthen, Weidel und Reil streiten allerdings Vorsatz und Schuld ab.

Der AfD-Parteitag soll um 10 Uhr in der Volkswagen Halle beginnen. Der Name ist inzwischen allerdings auf Forderung des VW-Betriebsrats verhängt, das Unternehmen hat diese Haltung unterstützt. Der „Flügel“ um Björn Höcke hat am Freitagmorgen ein für den Abend geplantes Vortreffen seiner Delegierten wegen angeblicher Bedrohungen durch „linksterroristische Kräfte“ abgesagt.

Vor dem Parteitag werden in Braunschweig ab dem frühen Samstagmorgen zahlreiche Proteste erwartet. Eine Gegendemonstration, für die die VeranstalterInnen vom Bündnis gegen Rechts mit mehreren tausend DemonstrantInnen rechnen, startet um 11 Uhr vom Europaplatz.

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