AfD Bremen droht Zwangsvollstreckung: Die AfD ist eine Baustelle
Wegen 500 Euro droht der AfD Bremen die Pfändung des Parteikontos. Ein Mitglied klagt gegen seine Partei und Kreisverbände verweigern den Wahlkampf.
Die drohende Zwangsvollstreckung des AfD-Parteikontos resultiert aus einem Rechtsstreit um eine Immobilie mit einem Mitglied aus der eigenen Partei. In der Klagebegründung, die der taz vorliegt, steht, dass der Kläger eine Immobilie im Steffensweg in Bremen-Walle aus eigener Tasche für die AfD gekauft hat und sich zuvor einen unbefristeten Mietvertrag durch den Landesvorstand per Parteibeschluss zusichern ließ. Die AfD hatte zuvor längere Zeit nach einem festen Parteibüro in Bremen gesucht (taz berichtete).
Doch offenbar gab es Streit zwischen Käufer und Landesvorstand: Tatsächlich zog die Partei niemals in die Büroräume im Steffensweg ein, der Kläger blieb nach dem Kauf auf den Geschäftsräumen und den Mietkosten sitzen. Allerdings macht er „Schadensersatz aufgrund einer nicht eingehaltenen Mietzusage“ geltend. Anfang Juli 2016 hätte die AfD eigentlich in Walle einziehen sollen – deswegen stellt der Kläger seitdem Mietkosten in Höhe von 3.500 Euro in Rechnung, zuzüglich Zinsen.
Vor dem Amtsgericht in Bremen-Blumenthal kommt es deswegen Anfang nächster Woche zur mündlichen Verhandlung. Recht bekommen hat der Kläger allerdings schon jetzt in Teilen: Zunächst hatte er nur auf 500 Euro geklagt, was der Miete für den Juli 2016 entspricht.
Dem Parteikonto droht jeden Moment eine Pfändung
Mit Erfolg: Gegen die AfD ist im November 2016 ein Versäumnisurteil ergangen, da sie weder auf Mahnungen des Klägers noch auf Schreiben des Gerichts reagiert hatte. In Abwesenheit des AfD-Landesvorstandes wurde die Partei verurteilt, 500 Euro an den Kläger zu zahlen. Das Versäumnisurteil ist ein vollstreckbarer Titel, der 30 Jahre lang zur Zwangsvollstreckung bevollmächtigt.
Gezahlt hat der Landesverband das Geld offenbar nicht. Denn aus den vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass dem AfD-Parteikonto jeden Moment eine Pfändung droht: Der Kläger hat diese beim Amtsgericht beantragt – am 10. August 2017. Der Antrag dafür wurde laut seinem Rechtsanwalt zugestellt und die Postbank habe auf telefonische Rückfrage die korrekte „Adresse für die Zwangsvollstreckung in Essen bestätigt“. Eine solche Pfändung dauert in der Regel einige Wochen. Das Konto der AfD Bremen dürfte also in Kürze gesperrt sein.
In Folge weiterer Mietausfälle und des erfolgreichen Versäumnisurteils hat der Käufer die Klage erweitert – auf 3.500 Euro, eine Summe, die der AfD weh tun dürfte angesichts eines mageren Wahlkampfbudgets und ihres offensiven Bettelns um Wahlkampfspenden (taz berichtete).
Der Landesvorstand Frank Magnitz will sich zu alldem nicht äußern. Das Versäumnisurteil kommentiert er dennoch: „Wir haben die Einladung nicht bekommen.“ Gleiches gelte für Mahnungen und weitere Forderungen des Klägers.
Der Parteibeschluss liest sich wie ein Befehl
Doch das sind nicht alle Probleme der AfD Bremen kurz vor der Bundestagswahl. Laut internem und einstimmigem Vorstandsbeschluss wurden die Kreisvorsitzenden zur Mitarbeit im „Wahlkampfteam“ zwangsverpflichtet: „Die Kreisvorsitzenden gehören ab sofort dem Wahlkampfteam an und nehmen aktiv teil.“ Der Beschluss sei ab dem 31. August „sofort gültig und umzusetzen“.
Einzelne Verbände und Mitglieder verweigerten anscheinend die Wahlkampfhilfe. Unter Androhungen von Sanktionen versucht Magnitz nun, seine Mitglieder wieder auf Linie zu bringen. Der Beschluss liest sich wie ein Befehl: „Sollte ein Kreisvorstand die Beschlüsse nicht oder nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ausführen, behält sich der Landesvorstand ausdrücklich Ordnungsmaßnahmen vor.“
In einer Mail aus dieser Woche an einen anonymisierten Empfänger schreibt Magnitz: „Leider hast du bisher alle Aufforderungen, den Wahlkampf zu organisieren, ignoriert, an Sitzungen des Wahlkampf-Komitees nicht teilgenommen. Wir fordern Dich hiermit auf, umgehend und ohne weitere Verzögerung mit dem Wahlkampf zu beginnen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour