AfD-Antrag zu Deniz Yücel: Eindeutig abgelehnt
Der Bundestag lehnt mit großer Mehrheit einen Antrag der AfD gegen Deniz Yücel ab. Der Antrag sei ein Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit.
Wolfgang Kubicki, stellvertretender Bundestagspräsident der FDP, sprach in seiner Rede von einem „Antrag von intellektueller Erbärmlichkeit“. Jan Korte von der Linkspartei kritisierte das Vorhaben als „Vollcrash der AfD mit der Pressefreiheit und den Grundrechten“. Auch der CDU-Abgeordnete Alexander Throm wies den Antrag scharf zurück. „Der Bundestag ist der falsche Ort für die Beurteilung einer Satire“, sagte er, und warf der AfD „kollektive Unanständigkeit“ vor. Lars Castellucci von der SPD forderte die Rechtspopulisten auf, „Politik auf der Basis des Grundgesetzes“ zu machen und den Antrag zurückzuziehen.
Die AfD hatte beantragt, der Bundestag solle die Bundesregierung auffordern, Texte von Yücel zu missbilligen. Diesen nennt die AfD einen „ausgewiesenen Deutschland- und Deutschen-Hasser“ und wirft ihm „volksverhetzende Äußerungen“ vor. Hintergrund sind zwei Polemiken, die in Yücels Zeit bei der taz 2011 und 2012 erschienen sind. „Der baldige Abgang der Deutschen aber ist Völkersterben von seiner schönsten Seite“, heißt es in einer Kolumne, die sich mit dem Bevölkerungsrückgang beschäftigt. In einer anderen wünschte Yücel „Buchautor Thilo S.“ einen Schlaganfall. Das brachte der taz eine Rüge des Presserats und eine Unterlassungsklage samt empfindlicher Geldentschädigung ein, Yücel schrieb eine Klarstellung.
Yücel, der seit 2015 als Korrespondent für die Welt arbeitet, war am vergangenen Freitag nach über einem Jahr ohne Anklage aus türkischer Untersuchungshaft entlassen worden. Seitdem überzieht die AfD ihn mit Hetze. Fraktionschefin Alice Weidel, die bei der Debatte nicht anwesend war, hatte getwittert, Yücel sei „weder Journalist noch Deutscher“. Der Welt-Korrespondent ist in Deutschland geboren und aufgewachsen und hat einen deutschen und einen türkischen Pass. AfD-Landeschef André Poggenburg aus Sachsen-Anhalt hatte am Politischen Aschermittwoch gar gefordert, alle Deutschtürken gehörten „weit hinter den Bosporus“.
Die eindruckvollste Rede hielt am Donnerstagabend der Grüne Cem Özdemir. „Sie wollen bestimmen, wer deutsch ist und wer nicht“, kritisierte er und nannte die AfD „Rassisten“. Was die Fraktion beantrage, kenne man sonst nur aus „autoritären Ländern“, sagte er und verglich das Unterfangen der AfD mit der Politik des türkischen Präsidenten Erdogans: „Die AKP hat in Deutschland einen Ableger: die AfD.“ Der deutsche Bundestag beurteile nicht die Arbeit von JournalistInnen.
In namentlicher Abstimmung, die die AfD beantragt hatte, lehnten 552 Abgeordnete den Antrag ab, 77 stimmten dafür. Die AfD-Fraktion hat 92 Abgeordnete. Ein Parlamentarier enthielt sich.
Empfohlener externer Inhalt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett