Ärger um AfD im Bundestag: Nützliche Verzögerung
Die AfD meldete spät die Verkleinerung ihrer Fraktion. Eine Mail zeigt: Geprüft wurde seit August. Zudem gibt es Ärger um infizierte Abgeordnete.
Weil die AfD dies nicht gleich meldete, besetzte sie fast drei Sitzungswochen lang Sitze in Ausschüssen, die ihr nicht mehr zustanden, erhielt im Plenum zu viel Redezeit und möglicherweise auch zu viel Geld. Die AfD-Fraktion bestritt am Mittwoch, dass Pasemanns Ausscheiden aus taktischen Gründen erst verspätet gemeldet worden sei. Vielmehr habe die Fraktionsverwaltung noch rechtliche Fragen klären müssen, so ein Parteisprecher.
Aus einer internen Mail aus der AfD-Fraktion, die der taz vorliegt, aber geht hervor, dass die Fraktion bereits im August prüfen ließ, welche Konsequenzen ein Parteiausschluss von Frank Pasemann für die Fraktion haben wird. In der Mail vom 20. August mit dem Betreff „Information von Herrn Brandner wegen Herrn Pasemann“ leitet der Leiter des Vorstandsstabs Informationen von Stephan Brandner an den Fraktionsvorstand weiter. Brandner ist Justiziar der Fraktion und Abgeordneter.
AfD-Justiziar sah früh Sitze „wackeln“
In der Mail heißt es, „dass durch den Ausschluß von Frank Pasemann aus der AfD auch dessen Mitgliedschaft in der Fraktion nach Par. 1 Abs. 4 AO beendet sein dürfte“. Damit ist die Arbeitsordnung der Fraktion gemeint. Das habe unter anderem zur Folge, dass in zahlreichen Ausschüssen ein Sitz „wackelt“. Aufgeführt werden dann nicht nur die drei Ausschüsse Verteidigung, Verkehr und Recht, in denen die AfD-Fraktion am Montag tatsächlich je einen Sitz verlor, sondern zudem Haushalt, Inneres und der Wirtschaftsauschuss.
Brandner bestätigte auf Anfrage der taz, dass er bereits im August, anlässlich der erstinstanzlichen Entscheidung zum Parteiausschluss Pasemanns die Konsequenzen geprüft habe. Die Verzögerung seit dem endgültigen Urteil im November aber gehe darauf zurück, dass die AfD abwarten wollte, ob Pasemann mit einer einstweiligen Verfügung gegen das Urteil vorgehe oder auch als Parteiloser die Wiederaufnahme in die AfD-Fraktion beantrage.
Auch Bernd Baumann, der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, argumentierte auf Anfrage der taz so. Eine „überstürzte Anmeldung“, die möglicherweise wenige Tage später zurückgezogen werden müsse, störe den Ablauf des Parlaments.
Die anderen Fraktionen gehen da nicht mit. Die Grüne Britta Haßelmann hatte bereits am Mittwoch das „unparlamentarische Verhalten“ der AfD kritisiert. Michael Grosse-Brömer von der CDU nannte das Vorgehen der AfD „schlicht unanständig“, FDP-Mann Marco Buschmann „unerhört“.
Corona-infizierter AfD'ler besuchte Amri-Ausschuss
Ärger gibt es für die AfD-Fraktion auch, weil einer ihrer Abgeordneten vergangene Woche trotz eines Coronaverdachts für mehrere Stunden im Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz saß. Mitten in der Sitzung bekam er sein positives Testergebnis.
Abgeordnete anderer Fraktionen kritisierten das als verantwortungslos. Der AfD-Mann hätte sich präventiv von der Sitzung fernhalten müssen. AfD-Fraktionsgeschäftsführer Baumann verwies dagegen auf negative Schnelltestergebnisse des Abgeordneten zuvor. Auch habe ihm die Parlamentsärztin einen Ausschussbesuch mit FFP2-Maske erlaubt.
Der Ältestenrat des Bundestags beschäftigte sich am Donnerstag mit dem Vorfall. Auch die Bundesregierung reagierte verärgert. Das Verhalten des AfD-Abgeordneten sei „in keiner Hinsicht nachvollziehbar“, heißt es in einem Schreiben eines Vertreters des Bundesinnenministeriums an den Untersuchungsausschuss. Mehrere Vertreter von Bundesbehörden könnten aufgrund des Vorfalls und nun teils fälliger Quarantänen nicht an der Ausschusssitzung an diesem Donnerstag teilnehmen. Auch Aktenlieferungen verzögerten sich.
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