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Änderungen im Berliner SchulgesetzEin letzter progressiver Akzent

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Die Koalition hat last minute die Schulgesetz-Novelle beschlossen. Der rot-rot-grüne Faden darin heißt Chancengerechtigkeit.

Wo steuert die Berliner Schule hin? Diese beiden SchülerInnen wollen vermutlich schnell nach Hause Foto: picture alliance/dpa | Christian Charisius

V iele rot-rot-grüne Gesetzesvorhaben scheiterten zuletzt last minute an Streit in der scheidenden Koalition: Das Mobilitätsgesetz – blockiert von der SPD, die nicht wollte, dass Parkplätze wegfallen zugunsten von Ladezonen für den Lieferverkehr. Die Bauordnung, die einen Fokus auf nachhaltigeres Bauen gesetzt hätte – ebenfalls blockiert von einer SPD, die fürchtete, damit die Immobilienlobby zu verärgern. Beim Schulgesetz hingegen hat sich das Bündnis diese Woche noch mal zusammengerauft und einen (letzten) progressiven Akzent gesetzt.

Natürlich gibt es eine ganze Menge Detailkritik: Berlins Schul­lei­te­r*in­nen­ver­bän­de schimpfen zum Beispiel über mangelnde Beteiligung im Vorfeld, weshalb die Änderungen nun auch „unausgereift“ seien. Da geht es darum, welche schulinternen Gremien nun bei Personalfragen mitentscheiden dürfen.

Es geht auch um so etwas wie die Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss nach der 10. Klasse (MSA), den die Gymnasien am liebsten vom Hals hätten, weil es für ihre SchülerInnen ja eh weitergeht. Doch die Prüfungen gibt es weiterhin, auf Druck von Grünen und Linken. Weil man, wie Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel der taz sagte, ja das „Ziel des langen gemeinsamen Lernens“ habe. Und man „vom Grundsatz her“ schon möchte, „dass man an jeder Schule alle Abschlüsse machen kann“. Keine Extrawurst für die Gymnasien also, heißt das übersetzt.

Das ist auch der rote Faden, der sich durch die am Donnerstag im Abgeordnetenhaus verabschiedeten Änderungen zum Schulgesetz zieht: Es geht um Chancengerechtigkeit. Oder wenigstens den Versuch, die Schule zu einem gerechteren Ort zu machen. Beim MSA ist das vielleicht eher noch Symbolik. Aber es gibt nun auch die Neuerung, dass alle Klassen einmal pro Woche eine Stunde Zeit haben („Klassenrat“), um dort über Probleme und Anliegen der Klasse zu diskutieren. Das ist praktische Demokratiebildung und eine Entscheidung gegen eine Stunde Fachunterricht, die ersatzlos ausfällt – und insofern tatsächlich eine durchaus deutliche, mutige Prioritätensetzung.

Es gibt fortan ein Kinderschutzkonzept für jede Schule – und mit dem Klassenrat gelebte Demokratiebildung.

Auch Sozialarbeit ist fortan als Standard an allen Schulen. Und die Schulen müssen sich ein Kinderschutzkonzept geben. Das sind Dinge, wo man sich fragen kann: Warum eigentlich erst jetzt? Aber das ist eigentlich auch müßig. Immerhin bleiben jetzt ein paar Dinge gesetzlich festgeschrieben, die auch eine künftig vielleicht konservativere Koalition nicht so schnell wird rückabwickeln können.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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4 Kommentare

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  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    An Berliner Schulen fällt so viel Unterricht aus, da kommt es auf die eine Stunde auch nicht an.

    • @86548 (Profil gelöscht):

      Außerdem ist für den Klassenrat bisher an vielen Schulen sowieso schon eine Stunde ausgefallen.

      Ist folglich bestenfalls eine Legitimierung der Praxis.

      • 8G
        86548 (Profil gelöscht)
        @rero:

        Stimmt

  • Eine wirklich mutige und progressive Entscheidung, auf eine Stunde Fachunterricht zu verzichten. Dem Wissenschafts- und Hochtechnologiestandort Berlin werden dadurch sicherlich ganz neue Perspektiven eröffnet.