Achtelfinale Spanien – Russland: Ein Held namens Akinfeew
Zuerst Flachpassstakkato gegen Abwehrbollwerk. Dann endlich mal Verlängerung! Elfmeterschießen! Und siehe da: Das können die Russen.
Die Voraussetzungen: Russland hat schon mehr erreicht als es vor der WM dachte – im Achtelfinale zu stehen, war nicht abzusehen. Die Niederlage im letzten Gruppenspiel gegen Uruguay musste nichts Debakulöses befürchten lassen: Die Südamerikaner sind ja faktisch die Geheimfavoriten auf den Titel. Spanien hingegen, die Macht im Fußball schlechthin, wäre fast in der Vorrunde hängengeblieben, eine Niederlage gegen Marokko war möglich. Die Iberer müssen vergessen machen, dass sie als Mitfavorisiert gelten. In diesem Achtelfinale paaren sich ein Weltklasseteam sui generis und eine fast-nichts-könnendes Team des gastgebenden Landes. Alles andere als ein deutlicher Sieg der Weltmeister von 2010 wäre bemerkenswert.
Das Ergebnis: 3:4 n.E. (1:1)
Das Spiel: Erste Halbzeit: Ohne Iniesta bewegt sich die spanische Equipe schleppender. Zwar schafft Spanien nach einem Freistoß vor dem Strafraum die Führung – per Eigentor, das zweite russische bei diesem Turnier! Sergej Ignaschewitsch ist der Ungünstling, der den Ball, der auf Sergio Ramos' Fuß fallen würde, selbst aufnahm und ins eigenen Tor versenkte. Dann versinkt die Partie wieder im Ungefähren. Russland überlässt Spanien den Ball zum Pressing, Spanien weiß mit diesem Vorteil nichts anzufangen. Dann hält in der 40. Minute Gerard Piqué bei einem der raren Vorstöße Russlands beim Kopfball den Arm zu hoch – gegen den fliegt der Ball, Elfmeter. Artem Dzyuba verwandelt mit scharfem Schuss sicher. 75 Prozent Ballbesitz für Spanien – das heißt noch gar nichts.
Zweite Halbzeit: Das Gleiche wie in der ersten Halbzeit. Russland muss spüren, dass Spanien, der Gigant, dessen Spielerkader einen Gesamtwert hat wie kein anderes Team, in der Defensive schwer zu verunsichern ist. Und Spanien spürt, dass Russland das ahnt. In der 67. Minute wird Andres Iniesta eingewechselt, aber auch er ist nur noch ein Schatten einstig rasanter Tage. Immerhin zeigt Iniesta, dass er nicht aufzugeben beabsichtigt: Lässt sich foulen kurz vor Schluss und erhält doch keine strafstoßende Vergeltung, schießt aufs Tor und muss frustriert zusehen, wie dieser von Keeper Igor Wladimirowitsch Akinfejew pariert wird. Es wird Verlängerung geben, die erste in diesem Achtelfinale.
Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Spanien wird gerade im zweiten Teil der Verlängerung drückend überlegen. Russland wehrt sich mit Mann und Maus und wirft sich am Ende aller Kräfte ins Getümmel – erfolgreich. Russland, tapfer, aber sehr schlechter Fußball. Spanien ist genauso satt und ratlos wie die Deutschen bei dieser WM. Also Elfmeterschießen, Lotterie, nix sonst. Wobei bei dieser elektrisierenden Partie ein Remis gerecht gewesen wäre.
Elfmeterschießen: Iniesta verwandelt sicher (1:0), Smolow knapp an Tormann de Gea vorbei (1:1), Piqué ebenfalls cool (2:1), Ignaschewitsch kalt wie Schafshorn (2:2), Koke versemmelt, Akinfejew hält, Golovin nervenstark (2:3), Ramos markiert fraglos (3:3), Scherischew macht das Ding auch (3:4), Aspas schießt, doch Akinfejew hält mit dem linken Schienbein – Russland ist mit 4:3 im Viertelfinale. Spanien ist, auf gewisse Weise verdient, ausgeschieden.
Akteur des Tages: Björn Kuipers, der Schiedsrichter. Was ist der cool – als ob jede Hektik im Spiel ihn nur noch übersichtsfähiger macht. Ganz großes Kino!
Schlussfolgerung der Partie: Da wird ja noch Kroatien kommen, vermutlich: Dann wird nichts sein außer Chancenlosigkeit.
Und nun? Die alten Haudegen danken alle ab, nun auch alle, wirklich alle Spanier. Es deutete sich an – wer gegen Russland verliert, hat das Viertelfinale auch nicht verdient.