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Achtelfinale Frankreich gegen BelgienMit der Verteidigung zum Sieg

Geschlossenes Kollektiv von Gegners Gnaden: Es ist mehr die Defensive als die vorab hochgelobte Offensive, die Frankreich weiter durchs Turnier trägt.

Da freut sich der Mann mit der Maske: Mbappé, Kolo Muani (l.) und Antoine Griezmann nach dem entscheidenden Tor Foto: Marcus Brandt/dpa

Düsseldorf taz | Es ist eine spektakuläre Statistik. Frankreichs Spezialität bei diesem Turnier scheint es zu sein, mit einem Minimum das Maximale herauszuholen. Rechnet man die Elfmeter und die Tore raus, bei denen der Gegner zuletzt ein Körperteil im Spiel hatte, steht Frankreich nach vier torlosen Begegnungen im Viertelfinale.

Geht einer der großen Favoriten am Krückstock? Bei den großen Turnieren zuvor konnte sich Trainer Didier Deschamps immer auf Kylian Mbappé und Co stützen, dieses Mal nur auf gegnerische Ungehobeltheiten und Patzer im Strafraum.

In Düsseldorf war es am Montagabend der belgische Innenverteidiger Jan Vertonghen, der sich nach dem Österreicher Maximilian Wöber in die diverse französische Torschützenliste eintrug, weil er den von Randal Kolo Muani getretenen Ball entscheidend abfälschte. Dies ereignete sich in der 85. Minute, als die meisten im Stadion auf eine Verlängerung eingestellt waren.

Eigentore sind kein Freiwilligendienst. Sie entstehen in gewissen Drucksituationen. So hatte Deschamps mit dem Hinweis auf den eigenen Anteil seines Teams schon recht: „Es muss ja trotzdem ein Spieler schießen.“ Während die mangelnde Durchschlagskraft im vorderen Drittel in Frankreich als prekäre Problemregion wahrgenommen wird, werden die Defensivarbeiter derweil mit Lob überschüttet. Denn auch in diesem Bereich gibt es eine erwähnenswerte Statistik.

Bislang hat bei dieser EM nur Robert Lewandowski Frankreichs Torhüter überwinden können – per Elfmeter. Zum Spieler des Spiels wurde in Düsseldorf Außenverteidiger Jules Koundé erkoren. Hat sich die Elf von Deschamps, die vor allem für ihre schnelle Offensive bewundert wurde, ein neues Profil erarbeitet?

Die Übergänge sind fließend

„Ich glaube nicht, dass wir so viel defensiv gespielt haben“, erklärte Koundé. Auch dieser Hinweis war berechtigt. Die Belgier hatten zwar auf dem Aufstellungsbogen mit drei Stürmern die Devise „Attacke“ ausgegeben, nach Anpfiff schnurzelte das Versprechen jedoch in sich zusammen.

Und es waren gerade Koundés Offensivläufe, die dem Team halfen, Chancen zu kreieren. Beim entscheidenden Treffer stand er eine gefühlte Ewigkeit im gegnerischen Strafraum auf der Stelle, bevor er überlegt die Kombination einleitete, die zum Eigentor führen sollte.

Es würde wenig Sinn machen, die Mannschaft mit Schulnoten – Defensive sehr gut, Offensive mangelhaft – auseinanderzudividieren. Die Übergänge sind fließend.

Belgiens Trainer Domenico Tedesco erklärte schließlich seine extrem defensive Spielorientierung trotz drei Stürmern damit, dass man bei dem schnellen französischen Flügelspiel entsprechendes Personal hinten brauche. So waren seine Offensivkräfte vorne häufig auf sich allein gestellt und konnten Frankreichs Verteidigung nur selten herausfordern.

Turniermannschaften definieren sich durch ihre Fähigkeit zur Steigerung im erforderlichen Moment. Eine solche war beim französischen Team gegen Belgien zu erkennen. Zum Nötigsten, einem Treffer, hat es gereicht. Aber mehr wäre angesichts der 20 Abschlüsse, von denen nur zwei aufs Tor gingen, möglich gewesen.

Sechs oder sieben gute Chancen hatte Deschamps gezählt. Die notorische Ineffizienz soll im Viertelfinale gegen Portugal beendet werden. Der Trainer erklärte: „Wir wollen nicht, dass das unser Schicksal ist, wir werden daran arbeiten.“

„Denn dann haben wir weniger Freiheit“

Das französische Nationalteam beschäftigen weiterhin Sorgen ganz anderer Art. Auf Nachfrage erklärte Jules Koundé zu den Ergebnissen des ersten Wahlgangs in seinem Heimatland, er sei natürlich sehr enttäuscht, in welche Richtung es gehe. Er hoffe, dass die Menschen, die von ihrem Wahlrecht nicht Gebrauch gemacht hatten, beim zweiten Wahlgang zur Urne gehen würden, damit die Ultrarechte nicht durchkomme. „Denn dann haben wir weniger Freiheit.“

Bereits im Vorfeld der ersten Wahl hatten Kylian Mbappé und Marcus Thuram vor den Rechtspopulisten und ihren spalterischen Bestrebungen gewarnt. Mbappé sagte, er hoffe, er könne das Nationaltrikot weiter mit Stolz tragen.

Diesen Botschaften mit guten Ergebnissen mehr Nachdruck zu verleihen, mag in diesen Tagen im Team eine weitere Antriebskraft sein. Die Ersatzspieler und Betreuer bildeten am Ende der Partie wieder ein großes Spalier, durch das die Siegerelf trat. Das französische Kollektiv macht einen sehr entschlossenen und geschlossenen Eindruck.

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