Abtreibungsrecht in den USA: Ein Gewinnerthema
Selbst Konservative wollen nicht auf das Recht auf Abtreibung verzichten. Die Demokrat*innen sehen darin ein Wahlkampfthema.
![Menschen recken ihre Fäuste Menschen recken ihre Fäuste](https://taz.de/picture/6637848/14/34014804-1.jpeg)
N icht einmal knapp war der Ausgang des Referendums in Ohio, mit dem das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in die Verfassung des US-Bundesstaates aufgenommen wird. 56 Prozent der Wähler*innen stimmten dafür. Es war nicht das erste derartige Referendum seit der Entscheidung des erzkonservativ zusammengesetzten Obersten Gerichtshofes, das Urteil von 1973 aufzuheben, das in den gesamten USA das Recht auf Abtreibung gesichert hatte. Und weitere in anderen Bundesstaaten sind bereits in Vorbereitung.
Ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl im November 2024 merken damit die Demokrat*innen, dass das Abtreibungsrecht für sie ein Gewinnerthema ist. Selbst in konservativen Staaten ist eine Mehrheit – unter der weiblichen Bevölkerung eine noch größere – nicht begeistert davon, ein Recht zu verlieren, das es ein halbes Jahrhundert lang gab. Das Thema im Wahlkampf groß zu machen, kann Wähler*innen mobilisieren.
Der evangelikal-konservative Teil der Republikaner*innen hatte sich in den letzten Jahrzehnten klar innerhalb der Partei durchgesetzt und Kandidat*innen Vorwahlen gewinnen lassen, die vehement gegen den „Mord“ am ungeborenen Leben polemisierten. Das war nie eine gesellschaftliche Mehrheitsposition – aber solange das Urteil „Roe v Wade“ Bestand hatte, blieb diese ideologische Selbstvergewisserung der rechten Parteibasis ohne praktische Konsequenz.
Das ist im vergangenen Jahr mit dem Urteil des Supreme Court anders geworden. Ein republikanisch regierter Bundesstaat nach dem anderen verschärfte die Abtreibungsregeln oder schaffte das Recht auf Schwangerschaftsabbruch gleich ganz ab. Die Quittungen kommen jetzt.
Am Dienstag wurde nicht nur das Abtreibungsreferendum in Ohio gewonnen, die Demokrat*innen siegten auch bei Parlamentswahlen in Virginia, Richterwahlen in Pennsylvania und Gouverneurswahlen in Kentucky. Gut möglich, dass 2024 der erste Wahlkampf seit Langem wird, in dem republikanische Kandidat*innen über das Thema Abtreibung am liebsten gar nicht sprechen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche