Abtreibungen in Kolumbien: Lebensrettende Legalisierung
Die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Kolumbien ist ein Schritt gegen Diskriminierung. Weniger Abtreibungen werden die Folge sein.
![DemonstrantInnen halten eine Figur hoch, die eine die heilige schwangere Maria zeigen soll DemonstrantInnen halten eine Figur hoch, die eine die heilige schwangere Maria zeigen soll](https://taz.de/picture/5410005/14/29567036-1.jpeg)
E s ist eine historische Entscheidung: Das kolumbianische Verfassungsgericht hat am Montag Schwangerschaftsabbrüche bis zur 24. Woche legalisiert. Danach sind sie in drei Ausnahmen erlaubt: wenn die seelische oder körperliche Gesundheit der Mutter gefährdet, der Fötus schwer missgebildet oder die Schwangerschaft Folge von Vergewaltigung ist. Das konservative, katholische Kolumbien ist damit moderner als Deutschland.
Der lateinamerikanische Kontinent verändert sich – auch dank der grenzüberschreitenden Solidarität der Frauenbewegung. Mit Mexiko und Argentinien legalisieren in kurzer Zeit drei der vier bevölkerungsreichsten Länder Lateinamerikas Abtreibungen. Das Verfassungsgericht bringt die Regierung in Zugzwang, Schwangerschaftsabbrüche zu erleichtern. In der Praxis war die Ungleichheit bei den bisher legalen Ausnahmen groß.
Auf dem Land ist die medizinische Versorgung schlecht. Kliniken weigern sich, den Eingriff vorzunehmen; juristische und medizinische Bestätigungen ziehen sich so lange hin, dass es zu spät für einen Abbruch ist. Wer Geld und Bildung hat, findet immer einen Weg – und sei es im Ausland. Laut einer Umfrage des Gesundheitsministeriums vor einigen Jahren waren die Hälfte der Schwangerschaften im Land unerwünscht.
Die Zahl der Mädchen unter 14 Jahren, die ein Kind zur Welt bringen mussten, hat sich von Januar bis Oktober 2021 im Vergleich zum Vorjahr um fast 20 Prozent erhöht – im letzten Jahresdrittel sogar um fast 32 Prozent. Die Traumata dahinter mag man sich nicht ausmalen. Die massive Gewalt gegen Frauen und Mädchen hat mit dem verbreiteten Machismo zu tun und einem über 50 Jahre andauernden bewaffneten Konflikt. Die Legalisierung ist in vieler Hinsicht lebensrettend.
Vor allem auf dem Land ist es überfällig, die Debatte zu liberalisieren. Je offener über Sex, Schwangerschaft und Verhütung geredet wird, desto seltener wird es zu ungewollten Schwangerschaften kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Migrantische AfD-Anhänger
„Ausländer für Deutschland“
Merkel kritisiert Merz erneut
Ex-Kanzlerin unterschreibt „Oma-gegen-Rechts“-taz
Pressesprecherin im Weißen Haus
Trump schönreden
Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Jetzt erst recht – keine Auslieferungen nach Ungarn
Wahl-O-Mat vs. Real-O-Mat
Was soll ich bloß wählen?
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
Später Erfolg für Maja T.