Abtreibung in den USA: Chance für chancenloses Gesetz?
Die Demokrat*innen wollen wegen eines drohenden Urteils des Supreme Courts ein nationales Abtreibungsrecht. Doch die nötigen Stimmen fehlen.
Es ist ein eigentlich chancenloses Gesetz: Die Demokrat*innen haben nach wie vor nicht genug Stimmen auf ihrer Seite, um die Blockade der Republikaner*innen zu durchbrechen. Doch nach Hinweisen, dass der Supreme Court die Abtreibungsfreiheit in den USA bald kippen könnte, setzt Bidens Partei im Wahlkampf um die Halbzeitwahlen im November auf das Thema.
Ein durchgestochener Urteilsentwurf hatte in der vergangenen Woche bestätigt, wovor Frauenrechtler*innen lange gewarnt hatten: Demnach dürfte das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten das Grundsatzurteil Roe v. Wade kippen, das in den USA bisher ein Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch bis in etwa zur 24. Woche garantiert.
Laut Gerichtspräsident John Roberts handelt es sich noch nicht um eine finale Entscheidung – doch birgt der Entwurf massiven Sprengstoff. In vielen republikanisch regierten Bundesstaaten würden damit heftige Einschränkungen für die Wahlfreiheit ungewollt Schwangerer eintreten – bis hin zu fast kompletten Abtreibungsverboten. Mississippis Gouverneur Tate Reeves kündigte gerade erst ein entsprechendes Gesetz an.
Demokrat*innen finden ihr Wahlkampfthema
Dabei ist eine Mehrheit der US-Amerikaner*innen für das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch: Nach Daten des Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center halten die meisten der Befürworter*innen zwar einige Einschränkungen etwa zum Zeitpunkt der Abtreibung für richtig – doch grundsätzlich finden 61 Prozent der US-Erwachsenen, dass Schwangerschaftsabbrüche in den meisten oder in allen Fällen legal sein sollten.
Hier stoßen nun Bidens Demokrat*innen vor: Sie stürzen sich unter anderem auf das Argument, dass eine republikanische Mehrheit im Kongress nach den Halbzeitwahlen womöglich ein bundesweites Abtreibungsverbot durchsetzen könnte – sollte der Supreme Court so entscheiden wie im geleakten Entwurf und einen solchen Vorstoß ermöglichen. Mitch McConnell, der Minderheitsführer der Republikaner im US-Senat, servierte den Demokrat*innen diese Stoßrichtung gerade erst in einem Interview mit USA Today, in dem er ein bundesweites Verbot in diesem Fall für „möglich“ erklärte.
Die Partei des US-Präsidenten braucht auch dringend ein Thema, mit dem sie sich absetzen kann: Umfragen sehen bei den Halbzeitwahlen im November die Republikaner*innen vorn, Beobachter*innen warnen vor einem Debakel.
Im Kontext des Wahlkampfs ist nun auch die Abstimmung am Mittwoch zu sehen: Ein ähnlicher Versuch, das Recht auf Abtreibung bundesweit gesetzlich zu verankern, war nämlich erst vor wenigen Monaten schiefgegangen – seitdem hat sich nichts an den Mehrheitsverhältnissen geändert.
Die Demokrat*innen haben 50 Stimmen, die Republikaner*innen haben 50 Stimmen, aber in einer Pattsituation kann die demokratische Vizepräsidentin Kamala Harris als Senatspräsidentin mit ihrer Stimme zu einer Mehrheit verhelfen. Allerdings können die Republikaner*innen mit einem sogenannten Filibuster (Dauerrede) eine Blockade herstellen – um die Debatte zu beenden, braucht es 60 Stimmen, die die Demokrat*innen nicht zusammenkriegen.
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