Absturz eines Flugobjekts in Zagreb: Nato widerspricht Kroatien
Nato-Chef Stoltenberg behauptet, das am Donnerstag in Zagreb abgestürzte Flugobjekt sei unbewaffnet gewesen. Kroatiens Premier widerspricht.
Abgesehen von der drängenden Frage, wie es möglich war, dass vergangenen Donnerstagnacht ein unbekanntes Flugobjekt ungestört eine Stunde lang durch Nato-Luftraum fliegen konnte und wer und von wo es abgeschossen worden ist, herrscht offenbar Uneinigkeit darüber, um was es sich genau gehandelt hat.
Der kroatische Premier Andrej Plenković betonte am Dienstagabend erneut, dass das abgestürzte Flugobjekt „bewaffnet“ gewesen sei. Er sprach davon, dass es „eine Bombe“ getragen habe und zeigte dazu Fotos von angeblich gefundenen Trümmerteilen.
Etwa eine Stunde vorher hatte der Generalsekretär der Nato, Jens Stoltenberg, auf einer Pressekonferenz behauptet, es habe sich bei dem Objekt um eine „unbewaffnete Drohne“ gehandelt, die außerhalb Zagrebs abgestürzt sei, weil sie keinen Treibstoff mehr gehabt habe.
Trümmer auf einem Parkplatz im Stadtteil Jarun
Auf die Aussagen Stoltenbergs angesprochen, antwortete der kroatische Premier, dass der Nato-Generalsekretär offenbar auf einem alten Informationsstand sei. Die Untersuchungen seit der Bergung des Flugobjekts am Samstag hätten längst neue Erkenntnisse gebracht.
Tatsächlich hatte das kroatische Verteidigungsministerium bereits am Sonntag bekannt gegeben, dass an dem Flugobjekt „explosives Material“ gefunden worden sei.
Die Aussage Stoltenbergs, das Flugobjekt sei außerhalb Zagrebs abgestürzt, stimmt jedenfalls nachweislich nicht, denn bei dem Absturzort handelt es sich um einen Parkplatz im Zagreber Stadtviertel Jarun in der Nähe eines Studentenwohnheims. Das Viertel befindet sich zwar nicht im Zentrum, aber sehr wohl innerhalb der Stadtgrenzen.
Stoltenbergs Auffassung, es handele sich um die Überreste einer Drohne, der der Treibstoff ausgegangen sei, war bisher lediglich eine Spekulation in sozialen Medien gewesen.
6 Tonnen schwer, 14 Meter lang
Unklar ist bislang vor allem, von wo und von wem das 6 Tonnen schwere und 14 Meter lange Objekt abgeschossen wurde. Bestätigt ist lediglich, dass es einige Minuten durch rumänisches, circa 40 Minuten durch ungarisches und anschließend 7 Minuten durch den kroatischen Luftraum flog. Alle drei Länder sind Nato- und EU-Mitgliedsstaaten. Die kroatische Luftüberwachung gab an, das Objekt bei Eintritt in den eigenen Luftraum zwar gesichtet, aber keine Möglichkeiten gehabt zu haben, es in der kurzen Zeit abzufangen. Von der ungarischen Luftüberwachung seien sie nicht benachrichtigt worden. Warum, wisse man nicht. Seitens Ungarn wurde im Nachhinein lediglich bekannt, dass das Flugobjekt gesichtet worden sei.
Von der kroatischen Regierung hieß es bereits am Wochenende, es gäbe Hinweise darauf, dass das Flugobjekt entweder von ukrainischer oder russischer Seite abgeschossen worden sein könnte.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott