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Abschiebungen in SerbienEinfach weitergeschoben

Kommentar von Andrej Ivanji

Abgelehnte Geflüchtete will Österreich in serbischen Abschiebezentren unterbringen – und für sie zahlen.

An der Grenze: Wer kein Asyl bekommt und über Serbien eingereist ist, wird wieder zurückgebracht Foto: Bernadett Szabo/reuters

V ertuschen, verheimlichen, Halbwahrheiten auftischen: All das gehört zur Politik. Wenn aber fragwürdige politische Abkommen auffliegen, kann es für die Verantwortlichen unangenehm werden. Wie der ORF am Donnerstag berichtete, unterschrieben die Innenminister von Österreich und Serbien bereits am 24. April 2019 eine Vereinbarung über die Abschiebung von Flüchtlingen. Konkret geht es dabei um in Österreich abgelehnter Asylbewerber und -bewerberinnen, die nach Serbien geschickt werden sollen.

In der Vereinbarung heißt es, dass „illegal in Österreich aufhältige Fremde, bei denen eine rechtskräftige Rück­kehrentscheidung vorliegt, sofern die Abschiebung in den Herkunftsstaat nicht möglich ist und ein ausreichender Bezug des Fremden zur Republik Serbien besteht“, nach Serbien ab­geschoben werden sollen. Im Klartext: Jeder Flüchtling, egal woher er oder sie kommt, der illegal über Serbien nach Österreich eingereist ist, soll in einer „ordnungsgemäßen“ Unterbringung in Serbien landen, für die Österreich zahlt.

Dass beide Länder versucht hatten, diese Vereinbarung zu verheimlichen, liegt nahe: In Österreich wollte man sich nicht der Kritik aussetzen, unmoralisch zu handeln oder keine Verantwortung für Flüchtlinge zu übernehmen. In Serbien wollte die Regierung den Vorwurf vermeiden, man habe Geld kassiert, um aus Serbien ein „Sammellager für Hunderttausende Flüchtlinge“ zu machen – das behaupten jedenfalls serbische rechtsextreme Parteien.

Diese Zahl der „Hunderttausende“ ist natürlich absurd, zumal bisher nicht bekannt ist, dass auch nur ein einziger Flüchtling überstellt wurde. Doch diese Weg-mit-den-Flüchtlingen-Vereinbarung zwischen Österreich und Serbien zeigt wieder einmal, wie sich autokratische Nicht-EU-Regime EU-Staaten anbiedern.

Autokratisches Anbiedern

Sie stimmen ganz einfach zu, aus ihren Ländern einen Absatzmarkt für alles zu machen, was in der EU unerwünscht ist. Dabei ist es egal, ob es sich um alte Autos mit Dieselmotoren handelt, die der EU-Norm nicht mehr entsprechen, Kosmetik- oder Waschpulverbrands, deren Qualität schlechter als in der EU ist, oder eben, wie in diesem Fall, um illegale Asylbewerber und -bewerberinnen.

Der während der Coronaviruspandemie zum Vorschein gekommene nationale Egozentrismus europäischer Staaten sollte niemanden wundern, denn er ist die logische Fortsetzung des nationalen Egoismus, der während der Flüchtlingskrise die Oberhand gewann.

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Auslandskorrespondent Belgrad
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1 Kommentar

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  • Na, ja,-Migranten mit alten Autos ode schlechten Waschmittel zu vergleichen ist schon starker Tobak..