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Abschiebungen in DrittländerKontraproduktive Erpressung

Simone Schlindwein
Kommentar von Simone Schlindwein

Trump zwingt die Regierung in Juba zur Aufnahme von in die USA Geflüchteten. Die Aufenthaltserlaubnis der Südsudanesen in den USA steht auf dem Spiel.

Der Internationale Flughafen in Juba, Südsudan, Archivaufnahme vom 30. Oktober 2024 Foto: Ivor Prickett/NYT/Redux/laif

F ast wöchentlich landen derzeit US-Flugzeuge in afrikanischen Hauptstädten. An Bord: Menschen aus allen Ecken der Welt, die meisten nicht einmal Afrikaner. Sie haben eines gemeinsam: Die US-Regierung betrachtet sie als Gefahr für die nationale Sicherheit und will sie loswerden. So kam es, dass sich am Dienstag Vietnamesen, Burmesen und Personen aus Myanmar in der flimmernden Hitze der südsudanesischen Hauptstadt Juba wiederfanden.

Auf diplomatischer Ebene spielt sich die Trump-Regierung auf, wie eine neoimperiale Supermacht. Als sich die Regierung in Juba im April weigerte, einen abgeschobenen Kongolesen aufzunehmen, entzog die US-Administration kurzerhand allen Südsudanern in den USA die Aufenthaltserlaubnis und kündete an, nie wieder Südsudaner ein Visum auszustellen. Erst wenn Südsudan „uneingeschränkt“ kooperiere, solle dieser Schritt überprüft werden.

Basta also. Die Afrikaner müssen gehorchen – sonst droht die Abschiebung ihrer eigenen Landsleute. Das ist klare Erpressung. Und auf kurz oder lang beißt sich damit die Katze in den eigenen Schwanz. Denn die Südsudaner in den USA schicken ihren Familien in dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Land monatlich Unsummen an Zuwendungen. Diese Rücküberweisungen sind wichtiger als die offizielle Entwicklungshilfe.

Bleiben sie aus, dann gibt es noch mehr Gründe für junge Afri­ka­ner:in­nen, in den Westen zu fliehen – um dann wieder abgeschoben zu werden. Der Teufelskreis von Flucht und Abschiebung wird zusätzlich angeschoben. In Afrika klingeln nun Alarmglocken. Auch Ruanda und Uganda stehen als Aufnahmeländer von Mi­gran­t*in­nen aus den USA und europäischen Staaten zur Debatte, wollen sich aber nicht erpressbar machen lassen.

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Gewinner in diesem Spiel ist letztlich aber Russland. Von dort werden derzeit in Afrika gezielt junge Leute angeheuert, um im Ukrainekrieg zu kämpfen oder in russischen Fabriken, Drohnen zu fertigen. Vor dem Hintergrund der US-Politik sehen viele afrikanische Regierungen in den Russen mittlerweile die besseren Partner.

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Simone Schlindwein
Simone Schlindwein, Jahrgang 1980, lebt seit 2008 in Uganda und ist taz-Korrespondentin für die Region der Großen Seen: DR Kongo, Ruanda, Burundi, Uganda, Zentralafrikanische Republik, Südsudan. Von 2006 bis 2008 war sie u.a. Moskau-Korrespondentin des Spiegel. Für ihre Arbeit wurde sie u.a. mit dem Journalistenpreis »Der lange Atem« sowie dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte sie die Bücher »Diktatoren als Türsteher Europas« (mit Christian Jakob) und »Tatort Kongo« (mit Dominic Johnson und Bianca Schmolze).

3 Kommentare

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  • Die Russen als bessere Partner? Wie kurzsichtig ist das denn. Haben die Russen irgendwo irgendwann mal etwas getan, was nicht nur ihren eigenen Interessen nutzt? Ok, momentan handeln die USA ähnlich, aber immerhin besteht dort die Chance, dass dort auf demokratischem Weg irgendwann wieder anders regiert wird. Für Russland ist das absehbar kaum denkbar.

  • Es ist im Interesse der Weltgemeinschaft, wenn kein einzelner Block oder Staat zu stark wird. Momentan wird die Welt durch die USA, China und durch Rußland geschüttelt. In allen diesen Ländern werden Menschenrechte mit Füßen getreten. Es scheint so zu sein, dass die Lehren des 2. Weltkriegs und der Nachkriegsordnung tatsächlich vorbei sind. Europa darf sich nicht beugen und wir als Bürger dieses Landes müssen uns für Rechtsstaat und rechtsstaatliche Verfahren stark machen, ohne dass das Asylrecht weiter geschliffen wird. Migration und Integration sind möglich, wenn man als Gesellschaft zusammenstelht und den Populismus zurück drängt. Unsere alternde Gesellschaft braucht Migration, wie auch andere Gesellschaften in Europa. Nur Bett, Brot und Seife werden dafür nicht genug sein.

  • Auf den Südsudan radikal einzuwirken, dass er seine Bürger aufnimmt, wie dieser angebliche Kongolese, der dann sein



    südsudanesischen Pass zückte, kann man natürlich als Erpressungsversuch framen.

    Man kann es aber auch so betrachten, dass der Südsudan endlich mal Verantwortung für seine Staatsbürger übernimmt.

    Wer Migration kritisch sieht, würde sagen, hier wird ein Einwanderungsland vorgeführt.

    Was ist schlecht daran, wenn Russland afrikanische Flüchtlinge aufnimmt?

    Wenn das sogar noch eine Win-Win-Situation ist, umso besser.

    Hier wird es ja mittlerweile eher als Win-Loose-Situation betrachtet.

    Wenn Russland Afrikaner in ihre Heimat abschieben will, wird es das mit Sicherheit nicht zartfühlender als Trump tun.

    Der Wettbewerb dürfte eher darin liegen, dass Russland nicht mit Moralforderungen ankommt. Was die USA inzwischen auch nicht mehr machen.

    Möchte die Autorin wirklich, dass die EU da mit Russland gleichzieht?