piwik no script img

Abgeschwächtes EU-KlimazielIm falschen Jahrzehnt

Jonas Waack

Kommentar von

Jonas Waack

Die europäischen Umweltminister weichen das Klimaziel bis 2040 auf. Weder für die hier lebenden Menschen, noch für die Wirtschaft ist das sinnvoll.

Die Industrien der Zukunft sind grün: Produktion von Solarmodulen in Suqian, Jiangsu, China, Januar 2025 Foto: imago

D as Klimaziel der EU-Umweltminister*innen sieht im Vergleich zu 1990 einen um 85 Prozent reduzierten CO2-Ausstoß für die Mitgliedsländer bis 2040 vor. Dazu kommt noch eine CO2-Einsparung von 5 Prozent aus außereuropäischen Klimaschutzprojekten. Das ist eine riskante Wette darauf, dass die Betrügereien vermieden werden können, die solche Kompensationsprojekte bislang ausgezeichnet haben.

Die Einigung zeigt: Viele EU-Regierungen gehen irrigerweise davon aus, dass veraltete Industrien und fossile Brennstoffe die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts antreiben könnten. Das ist Unsinn. Die Industrien der Zukunft sind grün: China gewinnt aktuell den globalen Kampf um Exportmärkte, weil dort Solaranlagen, Batterien und E-Autos besser und billiger sind als bei der europäischen Konkurrenz.

Wenn Europa nicht auch in der Chemie-, Stahl- und Baustoffindustrie den Anschluss verlieren will, braucht es hier massive Investitionen, auch um gegen feindselige Aktionen geschützt zu sein. Jedes Jahr importieren die EU-Länder Kohle, Öl und Gas für fast 400 Milliarden Euro. Länder wie die USA und Katar, aber auch fossile Konzerne wie ExxonMobile drohen schon jetzt mit Boykott, wenn die EU Nachhaltigkeitsregeln verschärfen will.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Strom aus Sonne und Wind sowie grüner Wasserstoff machen die EU unabhängig von solchen Importen. Was Abhängigkeit bedeutet, wissen wir spätestens seit der Gaskrise 2022. Die fehlende Ambition des EU-Klimaziels wird auch die Maßnahmen zur Umsetzung verlangsamen. Das Leben in der EU wird dadurch langfristig teurer und gefährlicher. Kein Kontinent erhitzt sich schneller als Europa. Jeder Aufschub bedeutet ein noch größeres Klimachaos, als wir es bereits erleben.

Mehr konnte Klimaminister Carsten Schneider (SPD) gegen Widerstände aus Polen, Rumänien und Frankreich nicht herausholen. Siege hat Schneider bisher kaum eingefahren. Der europäische Wohlstand hängt auch davon ab, dass er Ende des Jahres ein starkes Klimaschutzprogramm vorlegt und seine Ka­bi­netts­kol­le­g*in­nen zu diesem Programm verpflichtet.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jonas Waack
Klima-Redakteur
Jahrgang 1999, zuständig für Klima-Themen im Ressort Wirtschaft und Umwelt. Stadtkind aus Mecklenburg, möchte auch sonst Widersprüche vereinbaren. Bittet um Warnung per Mail, falls er zu sehr wie ein Hippie klingt.
Mehr zum Thema

0 Kommentare