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AbgeordnetenhausKonkurrenz auf dem Mietmarkt

Mehr Vorgaben für Vermieter wollen Linke wie Grüne – und arbeiten beide in ihren Fraktionen an Gesetzentwürfen. Aber die unterscheiden sich durchaus.

In Berlin finden viele Menschen zunehmend keine bezahlbare Wohnung mehr Foto: Uwe Steinert/imago

Berlin taz | Linke und Grüne, in der Opposition im Abgeordnetenhaus sonst oft auf einer Linie, konkurrieren mit jeweils eigenen Gesetzentwürfen in der Wohnungs- und Mietpolitik miteinander. Die Linksfraktion stellte am Mittwoch ihr „Sicher-Wohnen-Gesetz“ vor, bei den Grünen läuft nach eigenen Angaben die Beratung über ein „Bezahlbare Mieten-Gesetz“, dessen Eckpunkte die Fraktion Ende Juni bei ihrer Klausurtagung beschlossen hat. Zentraler Unterschied: Anders als die Linke wollen die Grünen Wohnungsbesitzern, die sich nicht an Vermietregeln halten, das Vermieten verbieten.

Aus Sicht der Linksfraktion ist klar: Allein mit dem von der schwarz-roten Koalition favorisierten Wohnungsbau werde man das Problem zu hoher Mieten nicht lösen. „Man kann dem Mangel nicht hinterherbauen“, ist von Fraktionschef Tobias Schulze zu hören, man müsse die Mieten regulieren. Das sei zwar beim Mietendeckel 2021 am Verfassungsgericht gescheitert. Möglich sollen Vorgaben für Vermieter dennoch sein, wie etwa das Zweckentfremdungsverbot zeige, das sich gegen eine Umwandlung in Ferienwohnungen richtet.

Im Kern will die Linksfraktion Vermietern Vorgaben machen, einen bestimmten Teil ihrer frei werdenden Wohnungen an Menschen mit Wohnberechtigungsschein zu vergeben. Davon gibt es in Berlin aktuell 1,16 Millionen Haushalte, denen lediglich rund 80.000 Sozialwohnungen gegenüber stehen. Dabei soll dieser Anteil steigen, je mehr Wohnungen ein Vermieter besitzt: 30 Prozent bei 50 bis 500 Wohnungen, 40 Prozent bei bis zu 1.000 und 50 Prozent bei noch mehr Wohnungen. Nach Berechnungen der Linksfraktion würden so jährlich rund 17.000 Wohnungen zusätzlich bezahlbar vermietet. Abriss von Wohnraum soll es nicht mehr geben.

Überwachen soll das ein neues Landesamt. Niklas Schenker, in der Linksfraktion für Mieten und Wohnen zuständig, hält dafür mindestens 100 neue Stellen für nötig. Ein solches Amt sehen auch die Grünen vor. Unterschiedlich gehen beide Fraktionen hingegen mit Verstößen um. Während die Linksfraktion von Bußgeldern bis 500.000 Euro spricht, wollen die Grünen solche Vermieter vom Markt ausschließen. Ihr Fraktionschef Werner Graf sagte bei einem Fraktionsempfang am Dienstagabend: „Wer sich daran nicht hält, hat auf dem Mietmarkt nichts verloren.“

Verabredung im Koalitionsvertrag von CDU und SPD

„Ich halte das nicht für besonders klug“, sagte der Linken-Abgeordnete Schenker dazu am Mittwoch. Denn wer nicht mehr vermieten dürfte, müsse seine Wohnungen verkaufen – und die könnten so in die Hände eines Hedgefonds kommen, was nicht weiterhelfe. Auch Mieterverein-Geschäftsführer Sebastian Bartels unterstützte bei dem Pressegespräch eher den Ansatz der Linken. Deren Gesetzentwurf nannte er „gut“. Von der schwarz-roten Landesregierung ist bislang aus seiner Sicht zu wenig gekommen, obwohl es im Koalitionsvertrag dazu eine Verabredung gibt.

Bei der mitregierenden SPD sieht man sich gar nicht so weit von der Opposition und dem Gesetzentwurf weg. „Im Grunde ist das eine SPD-Idee, dazu gibt es auch einen Parteitagsbeschluss“, sagte der taz Sevim Aydin, die Wohnungs- und Mietenexpertin der SPD-Frakton. Ein „Wohnraum-Sicherungsgesetz“, das der Koalitionsvertrag mit der CDU auf Seite 50 vorsieht, werde in den nächsten Monaten auf den Weg kommen. Belegungsbindungen unterstützt Aydin zwar – „Die Frage ist aber, ob das rechtlich geht.“ Dazu solle es ein Gutachten geben. Die Linksfraktion hatte so etwas bereits beauftragt – eine Bremer Professorin hielt dabei Vorgaben bei der Wohnraumbewirtschaftung für verfassungsgemäß.

Hinweis: Der Name des Mieterverein-Geschäftsführers ist Sebastian Bartels, nicht – wie in einer früheren Fassung zu lesen – Sebastian Walter.

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