Abgebrochene G20-Gerichtsverhandlung: Viel Interesse, zu wenig Platz
Bei einem G20-Prozess durften wegen der Abstandsregel nur zwei Journalist*innen in den Saal. Das sorgte für Unruhe. Die Verhandlung wurde abgebrochen.
Der Prozess begann, auch die Anklage und die Stellungnahmen der beiden Angeklagten wurden durch ihre Verteidiger*innen verlesen. Doch nach einer halben Stunde brach der Richter die Verhandlung ab. Alles, was bis dahin geschah, ist annulliert. Kommende Woche beginne alles von vorn, sagte der Richter.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren Diskussionen zwischen Journalist*innen und Gerichtspersonal vor der Tür immer wieder im Saal hörbar, die Verhandlung mehrfach unterbrochen worden. Denn nur zwei Journalist*innen und drei Privatpersonen hatten Zugang zur Verhandlung bekommen. Weitere Journalist*innen wollten, auch weil es im Vorfeld eine andere Absprache mit der Gerichtspressestelle gab, ebenfalls vom Prozess berichten.
Aber wegen der Coronapandemie gilt auch in Gerichtssälen die Abstandregel. Plätze im Zuschauerraum sind sehr begrenzt. Einige Prozesse finden deshalb momentan nur bedingt öffentlich statt.
Dass bei einem Prozess im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel ein großes mediales Interesse besteht, ist kaum verwunderlich. Die bereits stattgefundenen Verhandlungen hatten für viel Diskussionsstoff gesorgt.
Besonders pikant an diesem Verfahren ist, dass einer der Angeklagten zum Zeitpunkt des Gipfels selbst Polizist war. Gemeinsam mit der anderen Angeklagten, seiner damaligen Freundin, war er privat in Hamburg. Dass der angeklagte Mann einräumt, die Dose geworfen zu haben, ist schon länger bekannt (taz berichtete). Auch die angeklagte Frau gab den Wurf einer Dose zu. Beide haben aber niemanden verletzen wollen, hätten bewusst nicht auf Polizist*innen geworfen. Getroffen hatten sie mit den Dosenwürfen tatsächlich niemanden. Als Motiv gaben beide ihre Wut über das von der Polizei begangene Unrecht an.
Kai Wantzen, Sprecher des Gerichts, zeigte sich bereits vor der Verhandlung mit der aktuellen Situation nicht zufrieden: „Wir haben wegen der Coronamaßnahmen momentan wenig Spielraum“, sagte er vor Vorhandlungsbeginn zur taz. Viele Richter*innen wollten nun auf größere Säle zugreifen, aber die Kapazität in Hamburgs Gerichtsgebäuden sei begrenzt. Und aussetzen könne man die Verhandlungen ebenfalls nicht.
Dabei könnten Verhandlungen in anderen Räumlichkeiten außerhalb der Gerichtsgebäude stattfinden. Das wäre nicht gänzlich ungewöhnlich: Der Prozess gegen Volkswagen wegen des Dieselskandals fand voriges Jahr aufgrund der vielen Kläger*innen in der Braunschweiger Stadthalle statt. „Es braucht dafür aber aus organisatorischen Gründen eine größere Vorlaufszeit“, heißt es aus der Gerichtspressestelle. Hinzu komme ein „enges gesetzliches Korsett“, dass erfüllt werden müsse, wenn Verhandlungen außerhalb der Gerichtsgebäude stattfinden sollen.
Bei anderen Verhandlungen versuchten die Gerichte zuletzt mit einer Tonübertragung in andere Säle, den Zugang für Journalist*innen zu gewährleisten, beispielsweise beim Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Omaima A. Das klappte, von manchen technischen Problemen abgesehen, ganz gut. Unbefriedigend bleibt es, wenn Journalist*innen nicht sehen können, wer wann spricht.
Beim Deutschen Journalisten-Verband (DJV) heißt es angesichts eines solchen Falls, dass ein begrenzter Zugang für Medienvertreter*innen nur „bedingt zufriedenstellend“ sei. So lange sich die Gerichte jedoch spürbar um Lösungen bemühen, herrscht dort Verständnis. „Es ist angesichts der Coronapandemie verständlich, dass es nun Probleme gibt“, sagt DJV-Sprecherin Anja Westheuser.
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