Abfrage bei tätowierten Lehrkräfte: Zeigt eure nackte Haut!

Angehende Lehrkräfte in Berlin sollen ihre Tätowierungen dokumentieren. Die Gewerkschaft GEW protestiert: Das sei rechtswidrig.

Man muss es ja auch nicht übertreiben mit den Tattoos Foto: picture alliance/dpa/AFP | Christophe Archambault

BERLIN taz | Weil in Berlin, wie überall, ausgebildete Leh­re­r*in­nen Mangelware sind, will man sie künftig auch in der Hauptstadt wieder verbeamten. Für Neueinstellungen soll das schon ab dem kommenden Sommer gelten. Das soll die Berliner Schulen als Arbeitsstätte attraktiver erscheinen lassen. Gut möglich allerdings, dass sich der Fachkräftemangel in den kommenden Jahren eher noch verschärft – falls die Bildungsverwaltung tatsächlich an einem Fragebogen zu Tätowierungen festhält, den die Gewerkschaft GEW am Donnerstag öffentlich machte.

Darin werden Re­fe­ren­da­r*in­nen aufgefordert, „die Länge und Breite jedes Tattoos in Zentimeter sowie eine Beschreibung“ bei der zuständigen Personalstelle anzugeben. Und zwar von ausdrücklich jedem Tattoo, egal wo auf dem Körper platziert – ach so, und bitte mit Bild. Ein Freitextfeld, „Welche Bedeutung hat die Tätowierung für Sie persönlich?“, gibt's auch noch. Allzu bedeutungsschwer darf es allerdings nicht werden, lediglich eine knappe Zeile Platz wird eingeräumt.

Die Gewerkschaft gibt sich einigermaßen geplättet: Die „Gewissensüberprüfung per Hautscreenig“ sei eindeutig rechtswidrig, schon gar wenn die „Verfassungstreue bis unter die Unterhose erschnüffelt“ werde, sagt Beamtenrechtsexperte Udo Mertens. Dem Hauptpersonalrat, sagt der Berliner GEW-Vorsitzende Tom Erdmann, wurde eine solche Abfrage jedenfalls „nie zur Zustimmung vorgelegt“. Man habe sich natürlich auch beim Hauptpersonalrat des Landes Berlin Öffentlichen Diensts erkundigt, dort sei ein vergleichbarer Abfragebogen – zum Beispiel für Po­li­zei­an­wär­te­r*in­nen – auch nicht bekannt.

Die Abfrage sei sehr wohl „gremienbeteiligt“ gewesen, entgegnet ein Sprecher der Bildungsverwaltung, ohne beim beteiligten „Gremium“ konkreter zu werden. Zudem würden „auch für Verbeamtungsuntersuchungen etwa bei der Polizei und der Justiz“ gleiche Regelungen gelten.

Die „Regelungen“ sind auch kaum der Streitpunkt, die sind nämlich konkret: Das erst 2021 verabschiedete „Gesetz zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamtinnen und Beamten“ legt fest, dass Tattoos „im sichtbaren Bereich verboten“ sind – wenn sie „die Funktionsfähigkeit der Verwaltung gefährden“ oder, sinngemäß aus dem Behördendeutsch übersetzt, an der Verfassungskonformität des Staatsbediensteten irgendeinen Zweifel säen könnten.

Tatsächlich ist es wohl unzweifelhaft so, dass sowohl für verbeamtete Lehrkräfte wie für verbeamtete Po­li­zis­t*in­nen gilt: Extremismus, Sexismus und Gewaltverherrlichung auf dem Oberarm oder sonstwo sichtbar ist verboten. Allein, die Legitimität des Abfragebogens der Bildungsverwaltung beantwortet das nicht.

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