ARD und ZDF unter Verdacht: Gemauschelt? Wir doch nicht!
Die an der Bavaria beteiligten Sender weisen den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung bei der Vergabe von Produktionsaufträgen von sich.
Die Vorwürfe wiegen schwer: Der Bayreuther Rechtsprofessor Rupprecht Podszun hatte im Auftrag der Allianz unabhängiger Filmdienstleister (AUF) ein Gutachten erstellt, in dem er den öffentlich-rechtlichen Anstalten und ihren kommerziellen Tochtergesellschaften Wettbewerbsverzerrung vorwirft.
Tochterunternehmen der Sender, wie die Filmproduktionsfirma Bavaria, würden bei den sogenannten Filmdienstleistungen, also der Vermietung von Equipment, Studios und der Postproduktion, eigene Unterfirmen bevorzugen und die Preise drücken. Diese Praxis mache sie „marktbeherrschend oder jedenfalls relativ marktmächtig“, schreibt Podszun und ruft das Kartellamt dazu auf, die Vergabepraxen zu überprüfen.
Ein Sprecher der Bavaria Studios sagt, ihm liege das Gutachten nicht vor, daher wolle er keine Stellung beziehen. Ähnlich äußern sich auch die an der Bavaria beteiligten Öffentlich-Rechtlichen. Das ZDF hält 24,1 Prozent an den Bavaria Studios. Deren ehemaliger ZDF-Intendant Markus Schächter ist dort seit 2005 Aufsichtsratsvorsitzender. Dennoch weist ZDF-Sprecher Alexander Stock die Vorwürfe und die Verantwortung von sich: „Das ZDF steht für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Produzenten und Dienstleistern. Tochterunternehmen werden weder bevorzugt noch benachteiligt.“. Mehr als zwei Drittel der jährlichen Aufträge würden mit Firmen verwirklicht, die nicht mit dem Sender verbunden seien.
Die Mehrheit an den Bavaria Studios halten über die Tochtergesellschaft Bavaria Film der Südwestdeutsche (SWR), Westdeutsche (WDR), Bayerische (BR) und der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) – also ARD-Anstalten. Auch die winden sich: Der BR verweist auf den WDR, dessen Mediagroup mit 33,35 Prozent den größten Anteil an der Bavaria Film hält. Eine Sprecherin des WDR wiederum schreibt, ihr Sender habe im ARD-Vergleich eine „sehr zurückhaltende Vergabepolitik gegenüber den eigenen Töchtern“. Im vergangenen Jahr seien 90 Prozent der Aufträge an Produzenten vergeben worden, die nicht mit dem WDR verbunden seien.
Alles transparent und in Ordnung
Auch der MDR verweist auf den jährlich erscheinenden Produzentenbericht. „Eine Bevorzugung von Firmen, die an den MDR gebunden sind, findet ausweislich dieses Berichtes nicht statt“, teilt eine Sprecherin mit: „Die Vergabepraxis im MDR ist transparent und nachvollziehbar. Es ist gesetzlich geregelt, dass die Marktkonformität unserer Tochterfirmen im Auftrag der Rechnungshöfe eingehend geprüft wird. Bislang gab es hier keinerlei Beanstandungen.“
Ähnlich zurückweisend reagiert der SWR, dessen Vergabepraxis im Gutachten detaillierter beschrieben wird. Der SWR würde laut Professor Podszun seine fünf bis sechs „Tatort“-Filme an das abhängige Produktionsunternehmen Maran Film übertragen. „Maran Film vergibt die Rental- und Postproduktions-Dienstleistungen an die Bavaria Film-Töchter, an denen der SWR beteiligt ist. Maran und Bavaria Film wiederum führen ihre Gewinne letztlich an den SWR (im Umfang der Beteiligung des Senders) ab“, heißt es im Gutachten.
Doch der Sender widerspricht: „Der SWR vergibt seine ‚Tatorte‘ nicht an die Maran und hat dies auch in der Vergangenheit nicht getan“, teilte Sprecher Wolfgang Utz mit. Alle SWR-„Tatorte“ seien Eigenproduktionen. Lediglich die Stoffentwicklung und die Produktionsbetreuung seien als Servicedienstleistung von der mittlerweile aufgelösten Maran Film GmbH übernommen worden. Der SWR stelle seine Filme komplett selbst her: „von der Planung bis zur Erstellung des fertigen Sendebands“. Außerdem seien Rental und Postproduktion der SWR-„Tatorte“ nicht an die Bavaria-Filmtöchter übergeben worden. „Die komplette Postproduktion lag und liegt beim SWR.“
Trotz der schweren Vorwürfe, die Podszun in seinem Gutachten erhebt, kommt die Debatte nur schleppend in Gang. Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Grünen, verwies darauf, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht zum ersten Mal mit dem Vorwurf konfrontiert sieht, seine Machtgröße auf dem kleinen Markt auszunutzen. „Dabei scheint auch der Deckmantel des Tochterfirmengeflechts eine wesentliche Rolle zu spielen.“ Rößner fordert ein transparenteres Geschäftsgebaren – wenn das Bundeskartellamt die Vorwürfe bestätigen sollte.
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