piwik no script img

ABC der guten Laune nach der US-WahlHurra, die Welt geht nicht unter!

Angst, Wut, Hysterie sind verständliche Reaktionen auf Trumps Sieg. Es sind nicht die besten. Umarmen Sie die neue Situation. Jetzt ist alles möglich.

Die Liebe wird über den Hass siegen. Lassen Sie es zu Foto: reuters

Abchillen: Okay, Sie haben Ihre Meinung zu Weltuntergang und/oder Schuldfrage und/oder Allgendertoilette und/oder Merkelhitlertrump zum dritten Mal diese Woche geändert. Und das auf Facebook jeweils in der kurzen und in der Extended Version gepostet. Setzen Sie bei der nächsten Meinungswelle eine Runde aus. Es lindert die Schmerzen schnell und nachhaltig.

Bewegung: Sie können den massenhaften Eintritt in SPD/Grüne/Linke organisieren oder auch Demonstrationen/Veranstaltungen/Mahnwachen. Sie können aber auch einfach zu McDonald’s am Hauptbahnhof gehen. Beides dürfte auf die amerikanische Politik einen ähnlich großen Einfluss haben.

Coca-Cola: Auch Donald Trump wird das Geheimrezept nicht in die Finger kriegen.

Demokratie: Hält in den USA so einiges aus. Sie erinnern sich schon noch an den Typen, der vor Obama Präsident war? Todesstrafen- und Waterboarding-George? Einige haben dessen Politik nicht überlebt. Die Demokratie, zumindest in den USA, schon.

Establishment/Elite: dt.-amerik. für „die da oben“. Synonym für: großer Schuldiger. Lassen Sie sich nicht verunsichern. Wer sich in Unternehmen ohne staatliche Subvention auf dem Markt behaupten muss (also wie die taz, beispielsweise), hat erst mal nichts zu befürchten. Erst mal.

Faschismus: Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass der Faschismus gerade im Weißen Haus seine historische US-Premiere feiert. Noch aber gibt er jedem freundlich die Hand. Es lohnt nicht, jetzt schon Fertighausbunker aus Biolehm und mit Niedrigenergie für die ganze Familie zu bestellen. Warten Sie damit, bis klar ist, wer neuer Außenminister wird.

Globalisierung: Donald Trump und Jakob Augstein sind sich einig, dass es auf die Globalisierung nur noch eine Antwort geben kann: zurück zur Nation. Wer da nicht hin will, sollte im Zweifel Augstein links liegen lassen. Nur weil es in den USA ein populistischer Millionenerbe ins Weiße Haus geschafft hat, heißt das noch lange nicht, dass auch im Schloss Bellevue ein populistischer Millionenerbe landet.

Heulsusen: Lachen Sie ruhig über Trump. Lachen Sie laut auf! Oder haben Sie vergessen, dass Erdoğan es ziemlich egal ist, dass man ihn in Europa für einen Diktator hält – er aber fuchsteufelswild wird, wenn sich ein Komiker über ihn lustig macht? Überlassen Sie das Dasein als Heulsuse, Angsthase und besorgter Bürger denen, die schon vor Ihnen Angst vor dem Untergang des Abendlands hatten.

Ivanka: Da müssen wir jetzt halt durch.

Jamaika: Auch eine Option. Also das Land.

Kanada: Land der unbegrenzten Eisflächen und Einwanderung. Da ist zur Not immer was frei.

Linke: Siehe > Establishment/Elite

Märkte: Alle wollten, dass die Märkte durchdrehen. Und genau da blieben sie einmal cool. Wenn Sie zu den Leuten gehören, die glauben, dass das Licht ausgeht, wenn die Börse abstürzt, haben Sie allen Grund auf den Tischen zu tanzen: Der Dow Jones hat ein Rekordhoch.

Neoliberalismus: Nur noch Erbsensuppe und Graubrot zu essen, um schon mal den Ernstfall zu proben, reicht nicht. Leisten Sie Widerstand und kaufen Sie weiter Superfood und kochen nach Ottolenghi.

Ost-West-Konflikt: Kann als gelöst betrachtet werden. Auf beiden Seiten regieren Suppenkasper, die sich bald zum gemeinsamen Suppeessen treffen und dabei Bären schießen.

Postfaktisch: Das Wort, von dem Sie vor zwei Wochen noch nichts wussten und das Sie nun bei jeder Gelegenheit verwenden, um Ihren Mitmenschen die neue Welt-Unordnung zu erklären. Gratulation! Ist aber nichts Neues, hieß früher einfach Lügen, Bullshit, Kappes.

Quarantäne: Sie können sich natürlich per Kryostase schockgefrieren lassen, so wie einst Eric Cartman in der „South Park“-Folge „Gott ist tot“. Lassen Sie das aber von einem Fachmann vornehmen. Die Überraschung beim Aufwachen könnte sonst zu groß sein. Das wollen Sie nicht.

Ruhe: Unterschätzt. Können aber Suppenkasper wie Putin, Erdğan, Trump überhaupt nicht ab. Die müssen immer einen losmachen. Bleiben Sie also um so ruhiger. Überlegen Sie sich stattdessen, was aus dem Nationalsozialismus geworden wäre, wären einfach alle Arier im Bett geblieben. Man hätte es im Nachhinein wenigstens passiver Widerstand nennen können.

taz.am wochenende

Abschied von Amerika. Unsere Autorin hat die Präsidentschaft Obamas als Korrespondentin begleitet. Jetzt war sie dabei, als sein Nachfolger gewählt wurde. Was sich im Land verändert hat und wie es nun weitergeht, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 12./13. November 2016. Außerdem: Der ARD-„Tatort“ erlebt seine 1.000 Aufführung. Warum ist er so erfolgreich? Und: Wenn der Feminismus „cool“ wird. Unterwegs mit drei Expertinnen. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Selfies: Machen Sie ruhig weiter Selfies mit Angela Merkel, Barack Obama, Justin Trudeau. Verurteilen Sie sie nicht dafür, dass diese Politiker Donald Trump nicht unmittelbar ein „Arschloch“ genannt haben, sondern es in Merkel-, Obama- und Trudeau-Sprache gemacht haben. Wer meint, man müsse nun alle Umgangsformen fallen lassen und Trump & Co. die kalte Schulter zeigen, klingt so wie einst die RAF: „Wir schießen, wenn auf uns geschossen wird.“

Trump-Versteher: Wenn Sie verhindern wollen, von denen in naher Zukunft regiert zu werden, vor denen Sie sich fürchten, sollten Sie als erstes das Wort „Abgehängte“ einmotten. Egal ob Brexit, AfD oder Trump: Rechte werden nicht nur von Männern mit Bomberjacke und ohne höheren Schulabschluss gewählt. Die Wählerschaft der Rechten zieht sich – wenn die Datenerheber sich nach der Wahl nicht genauso irren wie vor der Wahl – einmal quer durch alle, vorwiegend weiße Gesellschaftsschichten. Der Wähler ist offensichtlich der Überzeugung, dass er einfach auch mal wieder dran ist. Nicht, weil ihm irgendwas fehlt, sondern, weil ihm irgendwas nicht passt.

Untergang (des Abendlands): Siehe > Heulsusen

Versprechungen: Machen Sie keine. Vor allem nicht die, auszuwandern, wenn hier dereinst die AfD regieren wird. Lena Dunham & Co., die vor der Wahl angekündigt hatten, die USA zu verlassen, sollte Donald Trump Präsident werden, haben jetzt ein Problem. Bei jeder Kritik an Trump und den Zuständen werden sie von nun an zu hören kriegen: „Dann geh doch rüber,wenn’s dir hier nicht passt.“

Westen: Ist nicht am Ende. Es sei denn Donald Trump hat irgendwann auf Twitter auch mal angekündigt, die Himmelsrichtungen abzuschaffen.

X-Chromosom: Aus Niederlagen geht man oft gestärkt hervor. Auch der Feminismus.

Y-Chromosom: Es kann ja wirklich sein, dass es jetzt das allerletzte Mal ist, dass der weiße Mann sein Haupt erhebt.

Zukunft: Überschätzt. Genau wie Donald Trump. Denken Sie lieber an die Gegenwart.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • Warum verlinkt ihr ein YouTube "Video", in dem nichts zu sehen ist, statt einfach direkt auf die South Park Folge zu verlinken? http://www.southpark.de/alle-episoden/s10e12-gott-ist-tot

  • Es waren nicht nur 40% der Frauen, es waren 53% der Frauen, die Donald Trump gewählt haben! Ich habe mich köstlich an diesem Beitrag erfreut. Genau darum geht es, nicht in Selbstmitleid zu versinken, weil die Amerikanski nicht so gewählt haben wie gewünscht! Ich habe übrigens seit Beginn von DTs Kampagne vor 17 Monaten gesagt, der macht es. Wieso die ganzen MSM und das ÖR sowie die Umfragekönige in den USA so verkehrt gelegen haben, ist mir schleierhaft. Nur die taz hat auch andere Stimmen zu Wort kommen lassen. Das taz Highlight dieses Jahres war der Bericht von Pauline Unfried über ihr Austauschjahr im tiefsten Minnesota. Da konnte man doch schon merken, The Heart of America denkt und wählt anders. Fü Artikel wie diesen und den von Pauline liebe ich die taz. Die einzige Zeitung, die nicht nur ihren Stiefel runterspielt und sich dann wundert, oh uns kommen tausende von Lesern abhanden. Weiter so. Das Leben ist nicht nur links, grün, fortschrittlich, so schön es auch wäre!

  • Der Wähler ist mal wieder dran? Nun, es gingen weniger Wähler zur Wahl, vor allem weniger Ex-Demokratenwähler.

     

    Der Wähler wendet sich tendenziell ab.

  • Wer sich lieber weiter humorig mit dem Wahlausgang beschäftigt, statt sich auf den Weltuntergang vorzubereiten, dem seien auch die bisherigen Folgen der 20. Staffel South Park (bisher auf englisch) zu empfehlen!

  • Kapitalfaschismus heute: Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass der Kapitalfaschismus gerade im Weißen Haus seine historische US-Premiere feiert.

     

    Im Kapitalfaschismus und Bourgeoissozialismus des Finanz- und Monopolkapitals -internationaler nordamerikanisch-westeuropäischer Prägung- gibt es keine ökonomische, soziale und ökologische Emanzipation der Gesellschaft!

     

    Es bedarf schon der Überwindung der bestehenden kapitalistischen Gesellschaftsordnung! - einschließlich der "Sozialpartner" (Sozialarbeiter) der "sozialen Marktwirtschaft" der Bourgeoisie und Aktionäre.

  • "Der Wähler ist offensichtlich der Überzeugung, dass er einfach auch mal wieder dran ist. Nicht, weil ihm irgendwas fehlt, sondern, weil ihm irgendwas nicht passt."

     

    Hey, das geht ja noch weiter zurück als die AfD.

     

    Wochenende! Höchste Zeit, mit ein paar Abgehängten abzuhängen.

  • Die Dämonisierung nimmt immer groteskere Formen an.

    • @Nikolai Nikitin:

      Na dann erklären Sie mir doch mal, warum zum Teufel ich Donald Trump in irgendeiner Form gut finden sollte?

      • @Konrad Ohneland:

        Niemand muss Trump gut finden, auch ich finde ihn in keinster Weise berauschend. Doch dämonisieren muss man ihn nicht. Die amerikanische Demokratie wird ihn innenpolitisch aushalten können außenpolitisch muss die Welt wohl weniger, schlechtestensfalls genau so viele amerikanische 'Einflussnahme' erwarten wie seither auch.

      • 1G
        1393 (Profil gelöscht)
        @Konrad Ohneland:

        Ob Sie Donalkd gut finden wollen, oder nicht, ist natürlich ihre entscheidung. Tatsache ist aber, dass zwischen dem, was in der Presse über jemanden propagiert wird und was er wirklich tut, doch größere Differenzen nicht selten sind. Insbesondere bei US Präsidenten. Obama hat den Friuedensnobelpreis in den ... geschoben bekommen, obwohl unter seiner Regentschaft das Völkerrecht brechende Morden des US Militärs alles andere als reduziert wurde.

         

        Fakt ist, dass es wohl fast egal ist, wer Präsident der USA ist. Wenn die Waffenlobby, die die US Demokraten und Republikaner im Griff hat, Waffen verbraucht gesehen haben will, weiß sie die richtigen Leute zu aktivieren, egal ob da ein Bush, Obama, Trump ofder Hillary sitzt.

         

        Was aber an Trump "gut" ist, dass er bewiesen hat, wie debil Politik gerade in der Welt ist. Politische Inhalte spielen beim Wahlkampf keine Rolle mehr, weil Medien mit fehlendem kritischen Journalismus dafür sorgen, dass Bürger den im Wahlkampf angebotenen Müll auch so wahrnehmen und nach gemüt honorieren.

        Dies ist nicht nur in den USA so. Hier haben wir den gleichen Mist zu ertragen. Wer Grün wählt, muss fürchten, schwarze Politik zu bekommen. In so einer Situation, wo man sich als Wähler von den Einheitsparteien veralbert fühlen muss, ist hier auch das gleich möglich. Ein Sarkozy hat das erkannt, und versucht jetzt vorzugaukeln, dass er nicht Establishment sei.

         

        Trump hat gezeigt, was die Medien aus den Bürgern machen. Unkritische Gefühlsmenschen, die dann gegen den eigenen Rassismus keinen Schutz in Form kritischer Gedanken besitzen.

  • Die Legende vom bösen weißen Mann nimmt langsam immer abstrusere Formen an. Immerhin haben ca. 40% der Frauen Trump gewählt, und das trotz seiner Sprüche, wenn man das berücksichtigt sind da die Frauen wohl kaum in irgendeiner Form anders zu bewerten. Das dies in der TAZ doch immer wieder geschieht ist einfach nur realitätsfern und arrogant, oder was ist es sonst wenn man sich selber überhöht und andere herabwürdigt.

    • @Sapperlot:

      Es waren 42% der Frauen (also der Frauen, die zur Wahl gingen)...so viel Zeit muß sein.

  • Super!

    Deshalb - und nicht wegen dem sonstigen Betroffenheitsheulsusengefasel - lese ich die Taz! Haben da hoffentlich alle Redakteure mitgewirkt? Verfasser?