A26-Ost in Hamburg: Verbände klagen gegen Hafenautobahn
BUND und Nabu wollen gegen den Bau der A26-Ost klagen. Die Zerstörung der Natur werde nicht rechtlich zulässig kompensiert.
Die Moorburger*innen sind direkt betroffen. Die Hafenpassage soll an ihrem ohnehin von der Hafenerweiterung bedrohten Stadtteil vorbeiführen. Ende Januar trafen sich rund 150 von ihnen, um den Protest gegen die neue Autobahn zu organisieren. Gemeinsam mit den Umweltverbänden Nabu und BUND diskutierten sie, welche Möglichkeiten es noch gibt, gerichtlich gegen den Bau vorzugehen.
Am Dienstag teilten die Hamburger Landesverbände von Nabu und BUND nun mit, dass sie gemeinsam vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen wollen. Dazu nutzen sie das Verbandsklagerecht, das Umweltverbänden erlaubt, in Naturschutzangelegenheiten zu klagen. Auch die Bundesverbände unterstützen die Klage. Die Entscheidung sei nach eingehender fachlicher und juristischer Untersuchung des Planfeststellungsbeschlusses getroffen worden. Ob sie auch einen Eilantrag stellen, werde noch geprüft. Ein Eilantrag könnte den Bau und vorbereitende Maßnahmen blockieren.
Kein Bedarf mehr für eine neue Autobahn
Ende Dezember vergangenen Jahres war der Planfeststellungsbeschluss für den ersten von insgesamt drei Bauabschnitten erlassen worden. Er betrifft den rund zwei Kilometer langen Abschnitt, der in Moorburg vom Autobahnkreuz Hamburg-Hafen an der A7 bis zur Anschlussstelle Hamburg-Moorburg führt. Eingeleitet worden war das Verfahren im März 2017.
Die Verbände fordern, ganz auf die A26-Ost zu verzichten. Es gebe aufgrund veränderter Rahmenbedingungen gar keinen Bedarf mehr für das insgesamt zehn Kilometer lange Autobahnstück. Ursprünglich war die Idee der Hafenpassage an einen erwarteten exponentiell wachsenden Containerumschlag im Hamburger Hafen geknüpft. Tatsächlich stagniert der Umschlag seit 2011, im vergangenen Jahr ist er sogar zurückgegangen.
Grundsätzlich kritisieren Nabu und BUND, dass die neue Autobahn wertvolle Natur zerstöre, dass sie mit den Klimazielen nicht vereinbar sei und dass sie zu teuer sei. 2,28 Milliarden Euro soll das Straßenbauprojekt kosten, ursprünglich hatte die verantwortliche Projektmanagementgesellschaft Deges 1,85 Milliarden Euro veranschlagt.
Damit die Verbände klagen können, braucht es rechtliche Anhaltspunkte. „Wir sind zu der Auffassung gekommen, dass die Planung zur A26 Ost im Konflikt mit dem Gesetz steht“, schreiben die Umweltverbände nun. Konkret geht es um die Zerstörung der Natur und deren Kompensation. Das vorgelegte Ausgleichskonzept für die zu erwartenden Schäden erfüllt nach Auffassung von BUND und Nabu nicht die rechtlichen Vorgaben, denn die Kompensation erfolgt rund 15 Kilometer weiter im Hamburger Osten. Wirksam und damit rechtlich zulässig sein könne ein ökologischer Ausgleich aber nur, wenn er in räumlicher Nähe stattfindet, sagt Malte Siegert vom Nabu zur taz. Einem Frosch in Moorburg nütze eine Ausgleichsfläche in Bergedorf wenig.
Mehr Verkehr für weniger Hafen
Vor allem im nun planfestgestellten Teilabschnitt seien die Auswirkungen durch den Bau erheblich, so Siegert. Zerstört würden wertvolle Biotopflächen, darunter auch Moor- und Torfböden, die angesichts des Klimawandels eine wichtige Rolle spielen, weil sie Treibhausgase binden. Allein im Abschnitt Moorburg geht es laut Nabu um 46 Hektar Biotopflächen, in denen seltene und gefährdete Tiere und Pflanzen leben, darunter der streng geschützte Moorfrosch und etliche Arten der „Roten Liste“. Das sei bei der Planfeststellung nicht hinreichend berücksichtigt worden.
Malte Siegert, Nabu
Das Projekt konterkariere zudem die Hamburger und bundesdeutschen Klimaziele, so BUND und Nabu. Die Behauptung, das Autobahnprojekt sei ein Beitrag zum Klimaschutz, sei „allein kommunikativ eine Farce“. Im September 2021 hatte die Deges ihre Planunterlagen um ein Kapitel zum Klimaschutz ergänzt und berechnet, wie viel CO2 Bau und Betrieb produzieren würden. Dabei hatte sie einberechnet, dass der Autoverkehr zwar steigen werde, aber wegen der Elektrifizierung des Autoverkehrs weniger CO2 produzieren würde.
Die Elektrifizierung des Pkw-Verkehrs komme jedoch kaum in Gang, kritisieren die Verbände: „Für eine echte Verkehrswende müssen die Pendler-Ströme auf die Schiene verlagert werden, anstatt weitere Fernstraßen zu bauen.“ Im Ergebnis bedeute der aktuelle Trend eine zu langsame Mobilitätswende. Unklar bleibe auch, wie die CO2-Emissionen etwa für den Beton der geplanten aufgeständerten Brücke über die Elbe kompensiert werden sollen.
Als Alternative setzen sich die Umweltverbände weiterhin für einen ursprünglich geplanten Ausbau der Ost-West-Verbindung auf dem Veddeler Damm ein. Diese bereits bestehende Haupthafenroute liegt rund zwei Kilometer weiter nördlich und sei im aktuellen Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt worden. Infrastrukturell, finanziell und ökologisch sei der Erhalt der bestehenden Verbindung angemessen, zumal eine Köhlbrandquerung ohnehin gebaut werden müsse, so BUND und Nabu. Die alte Köhlbrandbrücke soll dabei durch einen Tunnel ersetzt werden.
Senat setzt auf Hafenpassage und Köhlbrandquerung
Der Senat ist überzeugt, dass sowohl die Hafenpassage als auch der Ausbau der Köhlbrandquerung notwendig sind. Im vergangenen Jahr hatten die Hamburger Grünen das im rot-grünen Koalitionsvertrag vereinbarte Projekt jedoch infrage gestellt und gefordert, es angesichts der Klima- und Energiekrise grundsätzlich zu überdenken.
Der Industrieverband Hamburg drängt angesichts der Klage der Umweltverbände auf den Bau der A26-Ost. Es sei fraglich, warum die Umweltverbände bei der viel längeren A 26-West auf eine Klage verzichtet haben, „aber nun bei dem letzten Teilstück, bei dem der Natureingriff viel geringer ist und im Wesentlichen Industrie- und Gewerbeflächen für den gesamten Bau betroffen sind, doch klagen wollen“, teilte er am Dienstag mit. Das geplante Teilstück bündele den Hafenverkehr und verbessere die Erreichbarkeit des Standortes Hamburg. Zugleich entlaste sie innerstädtischen Quartiere.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!