9-für-90-Euro Ticket für den ÖPNV: Millionenkosten für Berlin

Verkehrssenatorin Jarasch (Grüne) rechnet mit mindestens 50 Millionen Euro Kosten für Berlin. Sie sei „überrascht“ von dem Vorstoß des Bundes.

U-Bahnsteig der BVG in Berlin

Können die Ber­li­ne­r*in­nen bald beinahe umsonst zur Arbeit pendeln? Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl

BERLIN dpa/taz | Die Umsetzung der von der Bundesregierung geplanten günstigeren ÖPNV-Tickets könnten Berlin rund 50 Millionen Euro kosten. Es sei noch keine Zeit gewesen, das valide auszurechnen, sagte Verkehrs- und Klimaschutzsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) dem RBB-Inforadio am Freitagmorgen. „Ganz grobe Schätzungen sind erstmal 50 Millionen.“ Nach dem Willen der Bundesregierung soll im Rahmen des am Donnerstag vorgestellten Entlastungspakts angesichts der gestiegenen Energiepreise für 90 Tage eine Fahrkarte für 9 Euro pro Monat eingeführt werden.

Wann das in Kraft treten werde, könne sie nicht sagen, erklärte Jarasch. „Auch wir wurden gestern überrascht von diesen Vorschlägen.“ Die Verkehrsminister der Länder beraten sich am Freitag, voraussichtlich auch über diese Fragen. „Für uns ist wichtig, wer zahlt das in welcher Form“, sagte Jarasch. „Es sollen, soweit ich das weiß, Regionalisierungsmittel herangezogen werden für dieses 9-für-90-Paket.“ Das seien Gelder, die für den Ausbau des ÖPNV – mehr Wagen, dichtere Takte, neue Strecken – gedacht seien. „Insofern werden die Verkehrsminister viele Fragen haben.“

Klar sei, dieses Paket müsse schnell kommen. „Wir in Berlin werden auf jeden Fall sehr schnell klären, wie wir diese Angebote auf eine sinnvolle, gute Weise an die Kundinnen und Kunden weitergeben können“, sagte Jarasch. Sie kündigte dafür Gespräche mit der BVG, der S-Bahn und auch mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) an.

„Wir müssen vor allem auch auf die Abo-Kunden achten“, sagte Jarasch. „Es fangen schon Leute an und überlegen, ob sie ihr Abo jetzt kündigen müssen, damit sie stattdessen dieses 9-Euro-Ticket kaufen für die nächsten drei Monate.“ Dafür solle eine Lösung gesucht werden. „Dann werden wir überlegen, wie wir aus diesem Vorschlag, den wir umsetzen werden, etwas machen, das Kunden langfristig an den ÖPNV bindet“, kündigte die Senatorin an. „Der Umstieg auf die Öffis ist natürlich etwas, das uns hilft, Energie zu sparen.“

Bettina Jarasch, Verkehrssenatorin

„Für uns ist wichtig, wer zahlt das in welcher Form.“

VBB warnt vor Abo-Kündigung

Auch der Verkerhsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) warnte seine Kun­d*in­nen davor, ein Abo vorschnell zu kündigen: „Um das Angebot einheitlich umzusetzen, sind noch umfangreiche Konkretisierungen durch die Bundesregierung erforderlich“, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens. Die „konkrete Umsetzung“ müsse nun „mit allen Beteiligten“, auch den Fahrgastverbänden der anderen Bundesländer, abgestimmt werden. „Daher möchten wir alle Kun­d*in­nen bitten, ihre Abos nicht zu kündigen, sondern unsere aktive Kommunikation abzuwarten.“

Der Berliner Bundestagsabgeordnete und Sprecher für Verkehrspolitik, Stefan Gelbhaar (Grüne), sagte am Donnerstag: „Der Ticketrabatt ‚9 für 90‘ muss jetzt klug ausbuchstabiert werden, um nachhaltig Kunden zurück oder neu zu gewinnen. Mit Blick auf eine langfristig nachhaltige Mobilitätswende erklärte Gelbhaar aber auch, parallel müsse „konsequent an einer weiteren Verbesserung des ÖPNVs, insbesondere in Form einer Angebotsoffensive, gearbeitet werden“. Ziel müsse sein, „die Menschen dauerhaft an den ÖPNV zu binden.“

Von der an der Rot-Grün-Roten Landesregierung in Berlin beteiligten Linkspartei hieß es am Freitag: „Wir begrüßen diese Maßnahme ausdrücklich. Sie ist eine der wenigen Maßnahmen der Ampel-Koalition, die die stärkere Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel fördert“, sagte Kristian Ronneburg, Sprecher für Mobilität seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus. Nun gelte es zum Beispiel zu klären, „ob das Ticket für den kompletten ABC-Tarifbereich gelten soll, wie Studierende davon profitieren können, die das verpflichtende Semesterticket zahlen oder wie mit Be­zie­he­r:in­nen des Sozialtickets umgegangen wird“.

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