8. März in Berlin: Die Wut auf die Straße tragen
So vielfältig wie die Formen der Unterdrückung ist auch der Widerstand dagegen: Feminist:innen kämpfen auf vielen Demos für Gleichberechtigung.
K äme ein außerirdisches Wesen auf die Erde und würde zum ersten Mal mit der Menschheit Kontakt aufnehmen, gäbe es sicherlich viele Dinge, die es verwundern würden. Ganz vorne mit dabei wäre sicherlich die Eigenart, die Mitglieder der Menschheitsgesellschaft willkürlich in zwei Geschlechter und damit in zwei Gruppen aufzuteilen.
Als wäre das nicht kurios genug, wird die eine Gruppe ohne ersichtlichen Grund in fast allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens benachteiligt: Sie bekommt für die gleiche Arbeit weniger Lohn, muss dazu oft noch unbezahlt wichtige Sorge- und Erziehungsarbeit leisten, wird häufiger das Ziel von gewalttätigen Übergriffen und hat trotzdem deutlich seltener politische Entscheidungsmacht, bis zu dem Punkt, nicht einmal selbst über den eigenen Körper bestimmen zu dürfen.
Mensch muss kein Außerirdischer sein, um zu erkennen, dass der patriarchale Normalzustand, indem wir uns auch im Jahr 2023 in Deutschland immer noch befinden, total absurd ist. Eigentlich ist es auch ein wenig traurig, dass auch heute noch ein feministischer Kampftag wie der 8. März nötig ist, um darauf aufmerksam zu machen, dass diese Normalität nicht gottgegeben ist, sondern Teil eines kapitalistischen Systems, das willkürliche Unterdrückung und Spaltung benötigt, um zu funktionieren.
Es bleibt also noch einiges zu tun bis zur befreiten Gesellschaft, und dementsprechend gibt es auch am 8. März in Berlin zahlreiche Veranstaltungen, bei denen für die Gleichberechtigung gekämpft wird. Aktiv geht es los mit einer FLINTA-Fahrrad-Demo unter dem Motto „Ab aufs Rad, gegen das Patriarchat“. Die Abkürzung FLINTA steht dabei für Frauen, Lesbians, inter*, nichtbinäre, trans* und agender Personen. Ziel der Demo ist es, sich gemeinsam den öffentlichen Raum zu nehmen, der oft genug Ort für transfeindliche, homophobe, rassistische, sexistische und sexualisierte Angriffe ist. (Mittwoch, 8. März, 12 Uhr, Mariannenplatz).
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Mit dem Fahrrad gegen das Patriarchat
Die Fahrraddemo führt zur revolutionären internationalistischen Frauentagsdemo „Our Revolution is coming“. Die Demo legt den Fokus darauf, dass Frauen* weltweit in vielen Freiheitskämpfen in der ersten Reihe stehen. Auch diese Demo ist ausschließlich für FLINTA (Mittwoch, 8. März, 14 Uhr, Frankfurter Tor).
Ein gutes Beispiel dafür, dass der Kampf für Frauenrechte auch ein Kampf für die Befreiung der gesamten Gesellschaft ist, zeigt die Revolution im Iran. Mit ihrem Kampf um Selbstbestimmung rütteln Frauen* an den Grundfesten eines diktatorischen Regimes. In Solidarität mit den Frauen* im Iran und in Afghanistan veranstalten die Aktivist:innen von Feminista Berlin ebenfalls eine Demo (Mittwoch, 8. März, 11 Uhr, Rosa-Luxemburg-Platz).
Weiter geht es mit einer Demo der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Bildungsgewerkschaft GEW. Im Aufruf kritisieren die Organisator:innen, dass Frauen* die Hauptlast der Krisen in den letzten Jahren tragen mussten. „Während der Corona-Pandemie haben wir einen großen Teil der mehrfachen Belastung getragen: familiäre Aufgaben, Arbeiten im Home Office oder vor Ort in systemrelevanten Berufen.“
Auch seien Frauen* als erste von den neoliberalen Sparmaßnahmen betroffen, in deren Folge öffentliche Infrastruktur unterfinanziert und zusammengekürzt wurde. Wo es an Kitaplätzen und Pflegekapazitäten fehlt, müssen häufig Frauen* einspringen. (Mittwoch, 8. März, 13 Uhr, Invalidenpark).
Damit der Kampftag auch seinem Namen gerecht wird, rufen autonome Feminist:innen zu einer Abenddemo „Fight by night“ auf. „Wir denken aber, dass es auch eine Möglichkeit geben sollte, an diesem Tag kollektiv dem patriarchalen Systemen all den Schmerz und die Wut zu zeigen, die wir in uns tragen“, heißt es in dem Aufruf. Die Demo wird nicht FLINTA-exklusiv sein, dafür wird es einen FLINTA-Frontblock geben (Mittwoch, 8. März, 18 Uhr, Spreewaldplatz).
Die Entschlossenheit, die an diesem Tag zusammenkommt, weckt die Hoffnung, dass vielleicht schon in wenigen Jahren das Alien nach seinem Besuch auf der Erde etwas weniger verwundert zurückkehrt.
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