49 Jusos im Bundestag: Links, divers, vernünftig
Noch nie war eine SPD-Fraktion so jung und vielfältig. Ein Viertel von ihnen sind Jusos. Kevin Kühnerts Kampftruppe sind sie aber nicht.
M ittwoch nach der Bundestagswahl. Die neue SPD-Fraktion tagt erstmals, im Plenarsaal des Bundestags. Jusochefin Jessica Rosenthal trägt sich zielstrebig in die Teilnehmerliste der Abgeordneten ein und sagt: „Ich bin überwältigt, Teil des neuen Bundestags sein zu dürfen.“ Sie hat zwar knapp, mit 216 Stimmen, das Direktmandat in Bonn verfehlt. Aber sie ist im Bundestag, mit 28. Und sie ist etwas Besonderes – Jusovorsitzende in einer historischen Situation.
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Noch nie war die SPD-Fraktion so jung und divers. Die Verjüngungskur ist ein Ergebnis harter politischer Kämpfe. Seit Kevin Kühnert die No-Groko-Bewegung anführte und die Jusos Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken zu SPD-Vorsitzenden machte, ist die Jugendorganisation ein Machtfaktor. Auch die Bundestagswahl gingen die Jungsozialisten strategisch an. „Die Jusos haben sich gemeinsam mit über 80 Juso-Kandidierenden reingehängt und es ist toll, zu sehen, dass wir so erfolgreich waren“, sagt Rosenthal selbstbewusst. Fast ein Viertel der Fraktion ist jünger als 35 Jahre.
Die jungen SPD-ParlamentarierInnen haben sich nach dem 26. September als Erstes auf einer Treppe vor dem Reichstag fotografieren lassen. Die Botschaft: Mit uns müsst ihr rechnen. „Wir Jusos gehen diesen Weg seit Monaten gemeinsam. Wir sind in gewisser Weise eine Schicksalsgemeinschaft“, sagt Rosenthal. Sie will in den Haushaltsausschuss, einen der wichtigsten Ausschüsse im Bundestag. Nur nicht zu bescheiden.
Aber wer sind die 49 Jusos? Was verbindet, was trennt sie? Haben die linke Jusofrau aus Leipzig und die Start-up-Unternehmerin aus Trier, der Karrierepolitiker mit Migrationsgeschichte aus Hannover und der Zollbeamte aus Sachsen viel gemeinsam? Sind sie eine homogene Gruppe – oder Einzelkämpfer, die die Jusos für eigene Karrierepläne nutzen?
Durch konservative Zeitungen geistert das Gespenst von Kevin Kühnerts Kampftruppe. In diesem Bild sind die 49 eine stramm organisierte Kadergruppe. Rosenthal winkt ab. Das sei nur „die Verlängerung der Anti-Rot-Grün-Rot-Kampagne“.
Juso gleich links – das stimmt so nicht. Zu den 49 gehören auch erfahrene Parteirechte wie Dennis Rohde und Mahmut Özdemir. Beide schon seit acht Jahren im Bundestag und Mitglieder bei den Seeheimern. Auch Verena Hubertz, 33 Jahre alt, passt nicht in dieses plane Schema. Sie ist neu im Bundestag und Unternehmerin. Sie hatte eine erfolgreiche App für Kochrezepte entwickelt, „Kitchen Stories“. 2017 verkaufte sie zwei Drittel des auf 20 Millionen Euro geschätzten Start-ups an Bosch.
Hubertz hat sieben Jahre in Berlin gelebt. Ende 2020 ist sie in ihre Heimat nach Trier zurückgezogen, hat die lokale SPD-Konkurrenz verdrängt und am 26. September mit 33 Prozent das Direktmandat geholt. Anfang Oktober sitzt sie in ihrer Wohnung in Konz bei Trier und sagt im Zoom-Gespräch: „Die Unternehmer sind nicht die Bösen.“
Mit den Jusos als linkem Korrektiv der Partei hatte Hubertz nie viel am Hut. 2017 gründete sie mit anderen Jüngeren das Projekt „SPD Plus Plus“. Der Anspruch: Die SPD müsse jünger, weiblicher, offener werden. Weniger Ortsvereinssitzungen, mehr Digitales. In der Parteizentrale, dem Willy-Brandt-Haus, blockte man solche Initiativen früher lieber ab. Nach dem Wahldesaster 2017 rannte Hubertz damit offene Türen ein. Generalsekretär Lars Klingbeil kaufte sie gleich für eine „Organisationspolitische Kommission“ ein.
Die Reichelt-Affäre, Springer und der „Boy-Club“: Warum man das ganze System feuern müsste – in der taz am wochenende vom 23./24. Oktober. Außerdem: Das immer salziger werdende Wasser im Südwesten Bangladeschs gefährdet die Gesundheit der Frauen, die im Flusswasser arbeiten müssen. Und: Gefühle steuern unser Handeln, sind jedoch keine Programme, die immer gleich ablaufen. Eine emotionale Sachkunde. Ab Samstag am Kiosk, im eKiosk, im praktischen Wochenendabo und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.
Die energische Unternehmerin versteht die Jusogruppe in der Fraktion weniger als politisches denn als generationelles Projekt. Sie will mehr „Drive“ in die Fraktion bringen. Bei Asyl und Cannabislegalisierung, Gleichstellungspolitik und LGBTQ versteht sie sich als links, bei sozialen Fragen ist das zwiespältig. Von der Vermögenssteuer hält sie nichts. Sie engagiert sich zwar für Betriebsräte und Mitbestimmung in Start-ups, ist aber auch eine Anhängerin einer kapitalgedeckten Rente. Das ist ein klassisches Projekt der FDP, die Aktienmärkte für kompatibel mit dem Gemeinwohl hält.
Frau Hubertz, warum sind Sie nicht in der FDP? „Mein Vater war Schlosser, meine Mutter Gemeindereferentin. Zu Hause hat man sich immer auch für andere engagiert und nicht nur an sich gedacht“, sagt sie. Außerdem hat sie früher mal bei einer Fast-Food-Kette gejobbt, fand, dass 6,13 Euro Stundenlohn entschieden zu wenig sind und ein brauchbarer Mindestlohn her muss. Deshalb ist sie in die SPD eingetreten.
Der Focus bezeichnete sie mal knallig als „Die Anti-Kühnert“. Aber das ist Überschriftenlogik. Sie ist eine soziale Aufsteigerin – von der Burgerbraterin zur Millionärin. Aber als Aufsteigerin kann sie sich für eine höhere Erbschaftsteuer erwärmen – für weniger leistungsloses und nur qua Herkunft geschenktes Vermögen.
Für die SPD, traditionell auf Industriearbeit und Angestellte fixiert und mit alternder Mitgliedschaft, ist die Start-up-Welt fern. Da ist es schon ein Erfolg, überhaupt einen Draht in die Szene zu haben. Auch die Jusos sind kulturell und sozial eng aufgestellt. Fast nur AkademikerInnen, oft aus den Politikwissenschaften oder Jura. Danach folgt ein Job im Abgeordnetenbüro, später der Aufstieg zum Büroleiter, dann der Sprung ins Parlament. Hubertz Leben verlief fern von diesem Jusokosmos. Sie wirkt fast wie ein Paradiesvogel. Nur 16 Prozent der Start-up-GründerInnen sind Frauen. Von denen engagieren sich nur wenige politisch. Und nur eine in der SPD-Fraktion.
Die Fraktion wird nicht nur jünger, sondern auch ethnisch vielfältiger. 10 der 49 haben eine Migrationsgeschichte. So wie Adis Ahmetovic, 28. Er kommt Anfang Oktober gerade aus dem Bundestag. Das Jackett sitzt, das Lächeln auch.
Als Ahmetovic vor ein paar Tagen zum ersten Mal als Abgeordneter im Bundestag stand, hat er „Demut und Verantwortung“ gespürt. Und noch etwas anderes: Er hat nach hinten geschaut und gesehen, wer er war und was er geworden ist. „Ich bin vor 28 Jahren in Hannover-Sahlkamp geboren worden, der Stadtteil mit der größten Kinderarmut. Und ich hatte die Möglichkeit, mich hochzuarbeiten.“ Die Geschichte von Adis Ahmetovic ist eine jener typischen Jusokarrieren – Jusochef in Hannover, Mitarbeiter einer Bundestagsabgeordneten, Büroleiter, jetzt Bundestag. Und es ist eine postmigrantische Aufsteigergeschichte.
Seine Eltern flohen 1992 vor dem Bosnienkrieg. Der Vater war in Bosnien Jurist, in Deutschland Bauarbeiter. Ahmetovic, in Hannover geboren, hat Abitur gemacht und sein Lehramtsstudium beendet.
Direkte rassistische Diskriminierung kennt er nicht. „Dafür waren wir im Sahlkamp einfach zu viele“, sagt er. Aber Ausgrenzung, schiefe Blicke, unschöne Bemerkungen? „Ich heiße Adis Ahmetovic und nicht Thomas Müller“, sagt er. Es gab Briefe, in denen er als Cevapcici bezeichnet wurde. Besorgt hat ihn das nicht. Ebenso wenig, als eine ältere Dame ihn mal auf der Straße fragte, wo er herkommt. Aus Hannover, sagte er. Ja, aber woher wirklich, wollte sie wissen. Er erzählt das heiter. Wie jemand, der weiß, dass menschliche Dummheit ein endloses Buch ist.
Allerdings hatte er immer das Gefühl, besser sein zu müssen, auch besser sein zu wollen als die anderen. „Das war in der Schule, im Fußballverein, bei den Jusos und bei der SPD so“, sagt er. Wahrscheinlich hat er deswegen diese Energie. Er steht von Montag bis Freitag um sechs Uhr morgens auf. Egal, was abends war.
Als Stephan Weil, heute SPD-Ministerpräsident in Niedersachsen, 2012 für den Landtag kandidierte, suchte er sich einen Wahlkreis in Hannover. Ahmetovic schrieb mit der Hand eine fünf Seiten lange Bewerbung. Er wollte bei Weils jungem Team mitmachen – als Leiter. Er passte Weil bei einer Veranstaltung ab, sagte „Hallo Stephan, du kennst mich nicht, ich bin Adis, nimm das mal mit“ und drückte Weil seine Bewerbung in die Hand. So wurde er Leiter des Jungen Teams von Weil. Der Außenseiter, der mit Energie die Mächtigen von sich überzeugt. Diese Geschichte aus Hannover klingt ein bisschen nach Hollywood.
Ahmetovic ist zweisprachig aufgewachsen. Zu Hause hat er Serbokroatisch gelernt, später in der Schule Deutsch. Er spricht dieses akzentfreie Hochdeutsch aus Hannover. Das Pendant zu Oxford English. „Ich bin dankbar, in Deutschland geboren und groß geworden zu sein. Viele sagen mir: Das ist Quatsch, Du bist Deutscher, Du musst nicht dankbar sein. Doch, bin ich. Was ich hier tue, hätte ich in Bosnien nie tun können“, sagt er. Wenn er im Urlaub in Bosnien ist, träumt er manchmal serbokroatisch. In Hannover nicht. „Ich träume deutsch.“
Am 6. Oktober stehen vor dem Reichstag zwei Polizisten und bewachen ein abgesperrtes Rasenfeld. Dort findet ein paar Tage später der Große Zapfenstreich für die Afghanistan-Heimkehrer statt. Betreten verboten, so die polizeiliche Ansage. Ahmetovic zeigt seinen Bundestagsausweis vor, den er seit ein paar Tagen hat. So, als hätte er ihn schon ewig. Es ist nicht so, dass Ahmetovic, trotz der Demutsgefühle, mit den Insignien der neuen Rolle fremdelt.
Im Bundestag wird er als einer von 735 Abgeordneten über Kriegseinsätze entscheiden. Auf dem Platz vor dem Reichstag sagt Ahmetovic: „Ich sehe mich selbst als Pazifist, aber nicht bedingungslos.“ Die Überreste seines Großvaters wurden 2015 in einem Massengrab in Bosnien gefunden. „Erst da konnte mein Vater seinen Vater begraben, 20 Jahre nach dessen Tod“, sagt er. Und dass der Krieg in Bosnien ohne Intervention der USA noch länger gedauert hätte.
Eine Woche später ragt ein Kran auf dem Vorplatz des Reichstags in den grauen Himmel. Der Große Zapfenstreich, mit Militärmärschen, Fackeln und dem rituellen „Helm ab zum Gebet“, ist drei Tage her. Die wuchtige Tribüne wird gerade abgebaut. Nadja Sthamer, 31, wirft einen Blick auf die Demontage und sagt, man müsse bei Auslandseinsätzen wissen, wie man sie beendet. Das habe das Afghanistan-Desaster gezeigt. Sthamer, rotes Halstuch mit Hippietouch, will sich Auslandseinsätze ganz genau anschauen. Aber sie ist nicht grundsätzlich gegen Militäreinsätze. „In einer globalen Welt mit internationalen Verpflichtungen können wir nicht sagen: Wir machen generell nicht mit.“
In der Politik braucht man Disziplin, Durchsetzungsvermögen, eine gewisse Härte ist dienlich. Diese Fähigkeiten hat sich Sthamer eher nicht in der Jusohochschulgruppe angeeignet, sondern früher. Sie war Rennrodlerin, mit 15 Jahren hat sie den Traum vom Profisport aufgegeben. Schon mit 11, 12 Jahren war sie an Wochenenden unterwegs, und früh selbstständig. Rennrodeln, sagt sie, gilt als Einzelsport. Aber das stimme so nicht. Man brauche Ehrgeiz, aber auch die Gruppe. Sie hat abends Kufen geschliffen, und auch mal für andere einen Schlitten fertig gemacht. Nur: „Den Ellenbogenehrgeiz, den man für Olympia braucht, den hatte ich nicht.“
Sthamer war im Vorstand der Jusos Sachsen, hat Politikwissenschaft und Religionswissenschaft studiert und war Mitarbeiterin einer SPD-Europa-Abgeordneten. Sie wohnt in Leipzig, eine linke Insel in Sachsen. Kurzum: Sie hat eine typische Jusobiografie.
„Ich bin da den klassischen Weg gegangen“, sagt sie. Im Studium hatte sie Nebenjobs, in einer Großwäscherei und Buchbinderei. „Eine wichtige Erfahrung“, sagt sie. Dort hat sie Frauen getroffen, die für 6,50 Euro einer extrem anstrengenden körperlichen Arbeit nachgegangen sind. Manche mussten noch Hartz IV beantragen, um über die Runden zu kommen.
Spielt Antikapitalismus eine Rolle für Sie?
Die Verengung auf das Akademische bei den Jusos, die Karrieren ohne Kontakt zur sozialen Realität hält sie durchaus für ein Problem. Sie will versuchen, „intensiv mit Auszubildenden zusammenzuarbeiten und den Draht zu den Gewerkschaften“ zu halten.
Sthamer entspricht am ehesten dem Bild der entschlossenen Jusopolitikerin. „Ich sehe mich als Linke in der Partei“, sagt sie. Spielt Antikapitalismus eine große Rolle für Sie? Antikapitalismus? Sie wiederholt das Wort, etwas ungläubig, fast verwundert. Das sei vor allem ein „großer Kampfbegriff“. Offenbar zu groß und mit zu viel Kampf für ihren Geschmack. Sie lenkt die Debatte in die Richtung, dass der Markt ja nicht alles regeln könne und die Jusos mehr für Staat, Regulierungen und Daseinsvorsorge stehen.
Die Kampftruppe Juso ist ein Fantasiegebilde, Ausdruck der verzweifelten Suche der Union nach einem Gegner, der ihr nach dem Machtverlust lädiertes Selbstbild stabilisiert. „Wir sind kein U-Boot, das jetzt die Fraktion kapert“, sagt auch Verena Hubertz.
Die Jusos sind eher eine Vitaminspritze für die Fraktion. Moderat links und ziemlich vernünftig, nicht verdruckst, nicht hochtrabend. Was gender, class, race angeht, sind sie eine überfällige Erweiterung. Die SPD weiß schon seit Längerem, dass sie durchlässiger für Jüngere und MigrantInnen werden muss, offener für Leute ohne klassische Parteikarrieren, attraktiv für Biografien in einer ausgeprägt individualistischen Gesellschaft. Nur passiert ist eben lange eher wenig. Die SPD-Fraktion war in der Hand von Männern, die sich solide in der Partei hochgearbeitet hatten. Jetzt hat die Fraktion einen großen Schritt nach vorne gemacht.
Nadja Sthamer, neu im Bundestag, über internationale Verpflichtungen bei Militäreinsätzen
Fraglich ist allerdings, ob der Zusammenhalt der Jüngeren im Alltag im Bundestag hält. Oder ob für viele bald andere Loyalitäten zählen – in Ausschüssen oder Landesgruppen. Vielleicht ist das Foto der Jusos auf den Stufen des Reichstags Dokument eines kollektiven Selbstbewusstseins. Vielleicht ist es aber irgendwann auch nur noch eine Erinnerung an einen flüchtigen Moment.
Carlos Kasper geht schnell am Reichstag vorbei, seinem künftigen Arbeitsplatz. Es wirkt nicht hektisch. Alle Bewegungen haben etwas Rundes, fast Gemächliches. Er ist groß, hat breite Schultern. Man sieht dem 27-Jährigen den Leistungssportler, den Rennrodler, noch an. Sporteliteschule, Internat, ein dritter Platz bei der Deutschen Meisterschaft der Junioren im Rodeln. Als klar war, dass er nie ganz oben landen wird, hat er mit Politik angefangen. Ehrgeiz und Teamfähigkeit, sagt er, hat er beim Rodeln gelernt.
Kasper ist über die sächsische Landesliste in den Bundestag gekommen. Seine Eltern arbeiten als Elektriker und Krankenschwester. Er ist gelernter Rechtspfleger und derzeit beim Zoll tätig, zuständig für die Überwachung des Mindestlohns und Geldwäsche. Zur SPD ist er wegen deren Kommunalpolitik gekommen, und wegen des Anspruchs, nicht nur bestimmte Milieus zu vertreten.
In den Medien wird Kasper als queerer Politiker bezeichnet. Das hat ihn überrascht. „Ich definiere mich über mein Fachwissen als Zollbeamter“, sagt er. Deswegen will er in den Finanzausschuss. Er will als Politiker mit Know-how gesehen werden, und nicht nur auf seine sexuelle Identität fixiert werden. Sein Ziel ist es, den Zoll zu einer Bundesfinanzpolizei umzubauen. Was Umverteilung und Steuergerechtigkeit angeht, ist Kasper ein SPD-Linker.
Jusochefin Jessica Rosenthal ist im Stress. Am Donnerstag verhandelt sie – Bereich Bildung und Familie – als Teil einer größeren SPD-Gruppe mit FDP und Grünen über die Koalition. In den letzten Tagen hat sie etliche Interviews gegeben. Sie hat die mangelnde Finanzierung im Sondierungspapier kritisiert, eine Ausbildungsplatzgarantie im Koalitionsvertrag gefordert und bemängelt, dass das Mietenmoratorium fehlt. Niemand in der ersten Reihe der SPD hat die Schwächen des Sondierungspapiers so scharf und genau kritisiert wie sie. Von Kevin Kühnert hört man nichts.
In der SPD-Fraktion ist derweil die erste wesentliche Entscheidung gefallen: Bärbel Bas, SPD-Linke aus NRW, soll Bundestagspräsidentin werden. Rosenthal freut sich darüber und sagt: „Bas ist eine starke Frau, durchsetzungsstark und dennoch integrierend.“
Genau das werden Rosenthal und die Jusos in Fraktion und Ampelkoalition auch sein müssen: durchsetzungsstark und integrierend. Sonst werden sie schnell als Nörgler vom Dienst abgestempelt werden. Oder zur machtpolitisch unwichtigen Jugendfolklore.
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