250.000 Strafe für illegale Impfaktion: Impfstoff-Erfinder verurteilt
Wegen einer Impfaktion mit einem nicht zugelassenen Corona-Impfstoff muss der Lübecker Unternehmer Winfried Stöcker 250 000 Euro Strafe zahlen.
Der Arzt und Unternehmer Winfried Stöcker, dem der Flughafen gehört, hatte über E-Mail zu einer Impfaktion aufgerufen. Das Serum namens „Lubeca Vax“ hatte er vorher selbst entwickelt und an sich und seiner Familie getestet. Offiziell getestet und zugelassen war es allerdings nicht. Zwar gab es zu dieser Zeit für Corona-Impfstoffe schon ein verkürztes Zulassungsverfahren. Aber Stöcker wollte damit kein Geld verdienen, sondern den Impfstoff frei zur Verfügung stellen – so stellte es zumindest der FDP-Politiker und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki dar. Die Zulassung hätte laut Kubicki aber „mehrere 100.000 Euro„gekostet.
Kubicki vertrat Stöcker am Montag als Anwalt in einem Prozess vor dem Amtsgericht Lübeck. Der Unternehmer wehrte sich damit gegen eine Geldstrafe, die er wegen „in Verkehr bringen eines nicht zugelassenen Arzneimittels“ zahlen sollte. Etwa 50 Menschen sollen bei der Aktion im Flughafen schon geimpft worden sein, als die Polizei eingriff. Der Beamte, der die illegale Impfaktion damals auflöste, sagte als Zeuge aus: Als er in der Halle stand, habe es „Pöbeleien und Gelächter“ gegeben, die Beamten seien als „Huren des Staates“ bezeichnet worden. Viele der Menschen dort seien „Corona-Leugner“ gewesen.
„Man wurde gepiekst und weitergeschoben“
Eine Zeugin, die damals Stöckers Aufruf gefolgt war, berichtete, dass er eine Gruppe über die Impfung aufgeklärt habe: Sie sei nicht zugelassen, aber ungefährlich. „Dann musste ich unterschreiben, dass die Verantwortung bei mir liegt und er keine Haftung übernimmt.“ Das Ganze sei sehr schnell gegangen, „man wurde gepiekst und weitergeschoben“.
Die beiden Anwälte von Stöcker argumentierten, dass dieser nicht selbst geimpft habe. Einen Impfstoff zu entwickeln und anzubieten, auch wenn er nicht getestet sei, sei keine Straftat. Der wegen stramm rechter und sexistischer Äußerungen umstrittene Multimillionär präsentierte sich vor Gericht als Retter in der Not: „Es gab die Gefahr, dass 100.000 Menschen sterben“, sagte er. Er sei durch seine Expertise in der Lage gewesen, einen Weg aus der Pandemie zu finden.
Tatsächlich sagte ein Arzt aus Kaufbeuren vor Gericht aus, er habe den Impfstoff bestellt und an 80 seiner Patienten verimpft, weil er „eine sehr gute Immunisierung erzeugte“. Ein medizinischer Gutachter des Gerichts bestritt diese Möglichkeit nicht. Trotzdem sei ein Zulassungsverfahren wichtig, um Nebenwirkungen und giftige Bestandteile auszuschließen.
Ein Zeuge, ein 72-jähriger Arzt, ist überzeugt, dass sein bester Freund wegen einer Impfung mit „Lubeca Vax“ so gut wie tot sei. Der Mann, ebenfalls Arzt, habe sich „im Internet in einen Verschwörungsstrudel“ begeben und das Vakzin bei Stöcker online gekauft. Wenige Tage nach der Impfung sei er mit einer Hirnthrombose ins Krankenhaus gekommen. „Am Anfang war er noch ansprechbar. Er sagte, es war keine gute Idee, sich das zu spritzen.“ Danach fiel er in einen Locked-In-Zustand, aus dem er bis heute nicht aufgewacht ist.
Urteil weit über Forderung der Staatsanwaltschaft
In dem Gerichtsprozess ging es nur am Rand um die Frage, wie gefährlich oder sicher „Lubeca Vax“ ist. Diese Frage ließe sich ohne Zulassungsprozess nicht klären, sagte der Gutachter. Wichtiger dafür, ob Stöcker eine Straftat begangen hat, war eine andere Frage: Ist „Lubeca Vax“ ein Wirkstoff oder ein Arzneimittel? Arzneien brauchen eine Zulassung, bevor sie verkauft werden dürfen, ihre Bestandteile dagegen nicht. Das Lübecker Vakzin besteht aus einer NaCI-Lösung, einem Aluminiumträger und dem eigentlichen Impfstoff, einem Eiweiß-Antigen. Stöcker bestand darauf, dass er sie bei der Flughafen-Aktion nicht selbst gemischt und auch nicht verimpft habe.
Die Staatsanwältin konterte in ihrem Plädoyer: Nach dem Arzneimittelgesetz könnten auch Bestandteile von Präparaten als Arznei gelten. Sie forderte eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 200 Euro. Der Richter ging in seiner Entscheidung weit darüber hinaus und verurteilte Stöcker zu 50 Tagessätzen zu je 5.000 Euro Strafe.
Grundlage für die hohe Summe ist das Vermögen des Angeklagten: Stöcker hat sein Unternehmen „Euroimmun“ 2017 für 1,2 Milliarden Euro verkauft. Wie viel davon in sein Privatvermögen einflossen, wollte er vor Gericht jedoch nicht sagen. Noch im Gerichtssaal verkündete er, dass er gegen das Urteil Berufung einlegen wolle.
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