25 Jahre Anti-Atom-Firma Salinas: Atomsuppe versalzen

Vor 25 Jahren gründeten Atomkraftgegner die Firma Salinas. Mit Salzförderung wollten sie verhindern, dass in Gorleben ein Endlager gebaut wird.

Ein Stollen im Erkundungsbergwerk Gorleben.

Kommt kein Atommüll mehr rein und auch kein Speisesalz mehr raus: Stollen im Bergwerk Gorleben Foto: Thomas Trutschel/photothek/Imago

Göttingen taz | Der Widerstand gegen die Atom­anlagen im Wendland war immer witzig und fantasievoll. Auch im Jahr 1996 hatten Aktivisten eine gute Idee: Sie gründeten eine Firma, die in Gorleben Salz abbauen und vermarkten sollte. „Besser Salz fördern als Atommüll lagern“, lautete das Motto der Salinas Salzgut GmbH. Nach knapp 25 Jahren ist das primäre Ziel des Unternehmens erreicht. Denn der Salzstock Gorleben wurde schon in der ersten Runde des 2017 neu gestarteten Suchverfahrens wegen geologischer Mängel aus der Liste potenzieller Endlagerstandorte gestrichen.

Damals, bei Gründung der Salinas, firmierte Gorleben offiziell noch als Forschungsbergwerk. Wirtschaftliche Tätigkeiten wie eben die Salzförderung hätten eigentlich Vorrang vor einer wissenschaftlichen Erkundung des Salzstocks gehabt. Zumal das Grundstück mit Andreas Graf von Bernstorff einem entschiedenen Gegner der geplanten Atomanlagen gehörte.

„Wir wollten den Salzstock Gorleben-Rambow für etwas Sinnvolles nutzen und damit gleichzeitig den unsinnigen Plan der Atomindustrie verhindern, dort hoch radioaktive Abfälle zu lagern“, beschrieb Christian Schön, Geschäftsführer der Salinas Salzgut GmbH, dieser Tage im Internet-Magazin „Wendland-Net“ das zentrale Anliegen des Projekts. Doch die Behörden behinderten das Vorhaben des jungen Unternehmens nach Kräften.

Zunächst in Form von Verboten. Dann – als Gerichte den Weg für eine Salzförderung freimachten – durch eine eigens extra für diesen Fall neu geschaffene Rechtsverordnung, die sogenannte „Lex Salinas“: 2004 wurde in das novellierte Atomgesetz ein Passus eingefügt, um Dritte zu hindern, in Gorleben Salz abzubauen. Schließlich wurde die sogenannte Sicherungsvorschrift ins Standortauswahlgesetz eingebaut. Danach müssen Gebiete, die für die Endlagerung in Betracht kommen, vor bergbaulichen Tätigkeiten geschützt werden.

Endlagerprojekt verzögert

Salinas habe der Atomindustrie Stolpersteine in den Weg gelegt und das Endlagerprojekt deutlich verzögert, ist Schön gleichwohl überzeugt. „So hat unser Unternehmen daran mitgewirkt, dass eine gravierende politische Fehlentscheidung letztlich zurückgenommen werden musste.“ Jetzt, nach dem Ausschluss von Gorleben aus dem Suchverfahren, wäre der Weg im Prinzip frei für Geschäftsziel Nummer zwei, die Förderung von Salz.

Doch ein Vierteljahrhundert nach der Firmengründung haben sich durch die aktuellen Ereignisse die Marktbedingungen für das Unternehmen grundlegend verändert: „Denn gerade nach dem Aus für Gorleben ist Salinas eine wichtige Käufergruppe weggebrochen“, schreibt die Firma. „Unsere potenziellen Kunden sind jetzt nämlich vor allem daran interessiert, dass das bestehende Erkundungsbergwerk für ein Endlager in Gorleben so schnell wie möglich wieder zugeschüttet wird. Diese Auffassung teilen wir. Und vor diesem Hintergrund würde die Errichtung eines neuen Bergwerks – sei es auch für unser Vorhaben – ein falsches Zeichen setzen.“

Ein Unternehmen aufrechtzuerhalten, das so gut wie keine Umsätze macht, hielten die Salinas-Gesellschafter für nicht machbar. Ohnehin wurde der Betrieb jahrzehntelang hauptsächlich durch Spenden und Eigeneinlagen aufrechterhalten. Jetzt war eine finanzielle Untergrenze erreicht, sodass die Liquidierung der GmbH beschlossen wurde.

Salz verkauft hat Salinas im Übrigen trotzdem. Es stammt allerdings nicht aus Gorleben, sondern aus der Saline Luisenhall in Göttingen. Gewonnen wird es im schonenden Pfannensiedeverfahren aus einem vor Jahrmillionen verdunsteten Meer. Eingeschlossen durch Erdverwerfungen liegt es viele Hundert Meter tief und hat dort seine ursprüngliche Zusammensetzung mit vielen Mineralien und Spurenelementen bewahrt.

Die Liebhaber dieses Salzes müssen nicht sofort auf den kristallinen Stoff verzichten. Die Restbestände werden über das Unternehmen „Bio im Wendland“ noch eine ganze Weile verkauft.

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