2020: Müllers Zukunft entscheidet sich: Vor dem Führungswechsel
Im Mai ist Landesparteitag der SPD, der Vorstand wird neu gewählt. Es scheint schon logisch, dass Michael Müller danach nicht mehr Landeschef ist.
Facts first: Michael Müller hat keineswegs selbst angekündigt, dass er nach dem nächsten Landesparteitag am 16. Mai nicht mehr Landesvorsitzender der Berliner SPD sein will. Bisher jedenfalls nicht.
Aber zum einen ist ein Führungswechsel gerade eines der Lieblingsthemen der Berliner Sozialdemokraten. Und zum anderen ist es eine Frage der Logik, dass die Partei nicht mit ihm weitermacht, wenn sie jemals wieder Wahlen gewinnen will.
Diese Logik hat nicht zwingend mit Fehlern von Müller zu tun. Es ist wie bei Trainerwechseln im Fußball: Der gefeuerte Coach ist längst nicht immer daran schuld, dass seine Mannschaft so schlecht spielt – aber er hat es eben nicht mehr geschafft, seine Leute zu motivieren oder mit seinem Spielsystem durchzudringen. Der Spruch „Neue Besen kehren gut“ ist zwar so alt wie falsch – aber er steht immerhin für die Hoffnung, dass sich etwas zum Besseren wenden könnte.
Müller ist wie dieser Coach: Er hat Qualitäten, er hat erst jüngst im Parlament als Redner geglänzt, er dringt, gemessen daran, dass sein Landesverband eher klein ist, durchaus auch bundesweit mit seinen Themen durch. Aber die Umfragewerte für ihn persönlich und für die SPD insgesamt sind immer weiter nach unten gegangen. In den Köpfen einer großen Mehrheit der Berliner hat sich festgesetzt, dass Müller blass ist und nicht gut regiert. Die Unzufriedenheit mit der zu viel streitenden gesamten Landesregierung spiegelt das, und sie geht zwangsläufig am meisten zulasten des Koalitionspartners, der den Regierungschef stellt, Müllers SPD.
Will die SPD wirklich aus dem Keller und bei der Abgeordnetenhauswahl im nächsten Jahr eine Chance haben, dann muss sie genau auf jenem Parteitag wechseln und ein neues Gesicht an die Spitze wählen, denn mit diesem Vorstand geht sie dann 2021 in die Abgeordnetenhauswahl. Dafür kommen nach jetzigem Stand nur zwei infrage: Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Innensenator Andreas Geisel. Beide sind alles andere als Ikonen des linken Parteiflügels, der den Landesverband dominiert – mancher sagt, es gebe gar keinen konservativen Flügel, sondern höchstens noch eine Mitte um Müller herum.
Nur einmal hat der im vergangenen Jahr selbst etwas zu seiner politischen Zukunft gesagt: Natürlich gebe es auch andere schöne politische Aufgaben, antwortete Müller, als ihn der Tagesspiegel im Oktober fragte, ob er sich vorstellen könne, aus der Landespolitik in den Bundestag zu wechseln.
Aber wie soll das gehen? Der Nochregierungschef auf einem hinteren Platz auf der SPD-Kandidatenliste, weil vorne eine Frau stehen soll? Da ist höchstens denkbar, dass Müller als Direktkandidat im frei werdenden Spandauer Wahlkreis antritt.
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