13.000 Plätze fehlen in Frauenhäusern: Armutszeugnis für den Frauenschutz
In Deutschland fehlen massenhaft Plätze in Frauenhäusern zum Schutz vor häuslicher Gewalt. Die Ampel wollte das eigentlich ändern, gemacht hat sie wenig.
J ede Stunde werden in Deutschland mehr als 14 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt – Tendenz steigend. Wenn eine Frau vor ihrem gewalttätigen Partner fliehen will, muss sie so schnell wie möglich an einen sicheren Ort. Frauenhäuser bieten diesen geschützten Raum, sie sind essenziell für den Gewaltschutz von Frauen. Doch jeden Tag müssen Frauenhäuser hilfsbedürftige Frauen abweisen, weil sie nicht genügend Plätze haben.
Über 13.000 Frauenhausplätze fehlen in Deutschland. Das ging aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. Damit lässt die Regierung gewaltbetroffene Frauen im Stich. Im schlimmsten Fall schickt sie diese gar in den Tod. Denn auch das ist Teil der frauenfeindlichen Realität: Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Ex-Partner eine Frau zu töten.
Dass Deutschland noch immer nicht genügend Frauenhausplätze zur Verfügung stellt, ist nicht nur ein feministisches Armutszeugnis, sondern auch ein Verstoß gegen die Istanbul-Konvention. Das internationale Abkommen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen sieht für Deutschland mindestens 21.500 kostenlose Frauenhausplätze vor. Derzeit gibt es bundesweit nur 7.786 Plätze. Frauen, die keine Sozialleistungen erhalten, zahlen zwischen 7 Euro (Berlin) und 53 Euro (Bremen) pro Tag.
Finanzieller Flickenteppich
Die Kosten hängen davon ab, wie viel die Länder und Kommunen zur Finanzierung beitragen. Jedes Land handhabt die Finanzierung anders, neben Landesmitteln und Geldern aus den Kommunen sichern Spenden und die Beiträge der Frauen das Hilfesystem. So entsteht ein finanzieller Flickenteppich, der dazu führt, dass Frauen je nach Bundesland unterschiedlich schlecht vor Gewalt geschützt werden. Den Ländern fehlt es zudem oft an Geld, um mehr Frauenhausplätze zu schaffen. Die Finanzierung ist das Kernproblem der miserablen Versorgungslage.
Ein bundesweiter Finanzierungsplan könnte das ändern. Den hat sich die Ampel als „bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern“ auch in den Koalitionsvertrag geschrieben. Auch die Istanbul-Konvention wollte sie „vorbehaltlos und wirksam“ umsetzen. Passiert ist seitdem wenig.
Angesichts der steigenden Zahlen von häuslicher Gewalt muss die Regierung den Koalitionsvertrag so schnell wie möglich umsetzen und mehr Plätze schaffen. Diese sollten für alle kostenlos sein. Denn Frauen, die eine gewaltvolle Beziehung verlassen, einen Neuanfang wagen, sind oft in einer wirtschaftlich prekären Situation. Für sie zählt jeder Cent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies