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125. Geburtstag von Bertolt BrechtBerlin will sein Ensemble zurück

Kurz nach der Wende war Brechts einstiges Theater privatisiert worden. Nun möchte das Land das boomende Haus wieder für sich allein haben.

Happy Birthday, Bert: Klaus Lederer (rechts) und Oliver Reese am Freitag im BE Foto: taz

Berlin taz | Klaus Lederer gibt sich überzeugt: „Ich glaube, das würde Brecht gefallen.“ Gemeint ist, dass das Berliner Ensemble (BE) wieder komplett in die Trägerschaft des Landes übergehen soll. Entsprechende Pläne stellen der linke Kultursenator gemeinsam mit BE-Intendant, Alleingesellschafter und Co-Geschäftsführer Oliver Reese am Freitag vor.

Für Berlin ist diese „Re-Kommunalisierung“, wie sie Lederer nennt, ein doppelter Gewinn: Nicht nur darf sich ein weiteres Haus landeseigen nennen, das BE läuft auch wirtschaftlich gut. 96 Prozent beträgt die Auslastung in dieser Spielzeit bisher, berichtet Reese zufrieden, im Januar seien es sogar 99 Prozent gewesen. Eine halbe Million Euro Plus habe man erwirtschaftet.

Damit macht das Theater seinem weltberühmten Ruf alle Ehre. Der begründet sich darauf, dass Brecht das damalige Theater am Schiffbauerdamm 1954 übernehmen und dort fortan seine eigenen Stücke spielen konnte. Lange dauerte Brechts Karriere leider nicht mehr: Zwei Jahre später starb er im Alter von nur 58 Jahren. Doch in dieser Zeit habe sich „Brechts Weltruhm manifestiert“, sagt Reese. Brecht gilt heute als einer der wichtigsten deutschsprachigen Dramatiker und Lyriker.

An Oliver Reeses vielen Titeln ist schon erkennbar, dass die heutige rechtliche Konstruktion des Theaters kompliziert ist. Die einstige DDR-Staatsbühne ging nach der Wende ins Eigentum des Landes über, das aber Mühe hatte, die zahlreichen Theater Berlins zu finanzieren. Für das BE fand sich eine besondere Lösung: Einst fünf Gesellschafter übernahmen das Haus, indem sie Anteile von je 10.000 Mark zeichneten. Was nicht heißt, dass das Land nicht viel Geld zuschießt: Zuletzt waren das laut Reese im Jahr 18,7 Millionen Euro.

Heute ist Reese alleiniger Gesellschaftler. Er sei bereit, seinen Anteil im Wert von gut 50.000 Euro zu verkaufen; das Land würde sie übernehmen, betont Lederer. Dass die beiden die Pläne ausgerechnet am 125. Geburtstag Brechts am 10. Februar bekannt machen, hat vor allem symbolischen Charakter. Denn noch muss Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) zustimmen und abschließend auch das Abgeordnetenhaus. Beides dürfte reine Formsache sein, selbst wenn die Wahl am Sonntag neue politische Verhältnisse ergeben würde.

Längst keine „Bruchbude“ mehr

Denn das BE stehe gut da. Vor sechs Jahren noch, zu Beginn seiner Intendanz, habe er es tatsächlich mal „Bruchbude“ genannt, berichtet Reese. Inzwischen sei viel saniert worden, mit dem „Neuen Haus“ eine zweite Bühne und gar ein richtiges kleines Kulturquartier entstanden, offen für alle Berliner*innen. Sowohl Lederer wie Reese nannten das BE als eines der wichtigsten Kulturgüter Berlins, nicht nur wegen des Namens. Bei der gänzlichen Übergabe ans Land geht es Reese vor allem um die Zukunft des Brecht-Theaters: „So ist das Haus auf Dauer abgesichert.“

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2 Kommentare

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  • Das Berliner Konzept, Marode verkaufen, saniert zurückholen.



    Naja, hört sich jedenfalls besser an, als eine Theaterenteignungsdebatte.

  • Gaanz leichtes OFFTOPIC!



    Café Brandstätter - Harald Schmidt spricht mit Claus Peymann über Thomas Bernhard ... und Essen



    www.youtube.com/watch?v=k5CCdzBxeHU



    weil



    „Ich bin schroff, ich bin aggressiv, ich habe Theater immer auch politisch verstanden, ich habe vor niemandem Angst gehabt.“



    www.deutschlandfun...r-ist-das-100.html



    Kann man da schon vergleichen?



    „So ist das Haus auf Dauer abgesichert.“+Besucherzahlen.



    ... „Früher bin ich ins Theater gegangen, heute gehe ich zum Dienst“, sagt man sich...



    Replik von Claus Peymann: "Oliver Reese, suchen Sie das Herz des Berliner Ensembles"



    www.tagesspiegel.d...mbles-3949948.html