+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Grünes Licht für Kandidatenstatus
Die EU-Kommission empfiehlt, die Ukraine und Moldau als Kandidaten für den EU-Beitritt zu ernennen. Boris Johnson ist erneut nach Kiew gereist.
Großbritanniens Premier nach Kiew gereist
Der britische Premierminister Boris Johnson hält sich derzeit in Kiew auf, teilt sein Sprecher mit. Er werde sich mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski zu Gesprächen treffen. Selenski erklärt, er freue sich den „großen Freund der Ukraine“ wieder in Kiew zu sehen. (rtr)
Russisches Kriegsschiff dringt in dänische Hoheitsgewässer ein
Ein russisches Kriegsschiff ist am Freitag zweimal in dänische Gewässer eingedrungen und hat damit scharfen Protest der Regierung in Kopenhagen ausgelöst. In der Nähe der Ostsee-Insel Bornholm sei das Schiff zweimal gesichtet worden, teilte das dänische Militär mit. Nach Funkkontakt mit der dänischen Marine habe das Schiff seinen Kurs gewechselt. Auf der Insel fand ein Demokratie-Festival statt, an dem auch Ministerpräsidentin Mette Frederiksen teilnahm.
Das Vorgehen der Russen sei eine zutiefst unverantwortliche, grobe und völlig inakzeptable Provokation, schrieb Außenminister Jeppe Kofod auf Twitter. Der russische Botschafter sei einbestellt worden. „Mobbing-Methoden funktionieren nicht gegen Dänemark.“ Von der russischen Botschaft in Dänemark lag zunächst keine Stellungnahme vor. (rtr)
EU-Kommission empfiehlt Beitrittskandidatenstatus für Ukraine
Die EU-Kommission spricht sich dafür aus, die Ukraine und Moldau offiziell zu Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Union zu ernennen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus Kommissionskreisen.
Die Behörde legt damit die Grundlage für einen möglichen Beschluss der EU-Mitgliedstaaten. Die Staats- und Regierungschefs wollen bereits bei einem Gipfeltreffen Ende kommender Woche über das Thema beraten.
Die mehr als 40 Millionen Bürger zählende Ukraine hatte vor rund dreieinhalb Monaten kurz nach Beginn des russischen Angriffs gegen sie die Aufnahme in die EU beantragt. Kurz darauf reichten auch der kleine Nachbar Moldau sowie das im Südosten Europas gelegene Georgien Beitrittsanträge ein. Moldau hatte zuletzt rund 2,6 Millionen Einwohner, Georgien rund 3,7 Millionen.
Das nun von der EU-Kommission vorgeschlagene Vorgehen sieht vor, der Ukraine und Moldau den Status als EU-Beitrittskandidaten zu geben. Zugleich sollten nach Ansicht der Behörde weitere Fortschritte im Beitrittsprozess an konkrete Bedingungen geknüpft werden. In beiden Ländern gibt es unter anderem Defizite im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und im Kampf gegen Korruption.
Das ebenfalls einen EU-Beitritt anstrebende Georgien soll nach der Empfehlung der EU-Kommission hingegen erst nach der Erfüllung von Auflagen den Kandidatenstatus bekommen. Das Land würde demnach wie derzeit Bosnien-Herzegowina und das Kosovo vorerst nur ein potenzieller Beitrittskandidat sein. (dpa)
Eurovision Song Contest 2023 findet nicht in der Ukraine statt
Der nächste Eurovision Song Contest (ESC) findet wegen des russischen Angriffskriegs nicht beim diesjährigen Sieger Ukraine statt. Das teilte die Europäische Rundfunkunion (EBU) am Freitag in Genf mit. Stattdessen wolle man Gespräche mit der BBC führen, ob der ESC 2023 in Großbritannien ausgerichtet werden könne. Auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) bestätigte die Entscheidung der EBU.
Die ukrainische Band Kalush Orchestra hatte Mitte Mai mit dem Hiphop-Lied „Stefania“ den 66. ESC im italienischen Turin gewonnen, womit ihr Land der ESC-Tradition zufolge als Gastgeber des Wettbewerbs im Folgejahr gesetzt gewesen wäre.
Vor allem bei den Zuschauerwertungen aus ganz Europa hatte die Band klar vorne gelegen. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine war die Veranstaltung so politisch wie lange nicht mehr gewesen, der so klare Sieg wurde auch als Signal der Solidarität vom Publikum in Dutzenden Ländern verstanden. Russland war wegen des Kriegs vom ESC ausgeschlossen gewesen. (dpa)
Bundesregierung: Selenski nimmt virtuell an G7-Gipfel in Elmau teil
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski nimmt virtuell am G7-Gipfel Ende Juni in Schloss Elmau in Bayern teil. Das sagte eine Sprecherin der Bundesregierung am Freitag in Berlin. Der G7-Gipfel der führenden westlichen Industriestaaten findet vom 26. bis 28. Juni statt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe Selenski eingeladen, am 27. Juni virtuell am Gipfel teilzunehmen, so die Sprecherin. Selenski hatte am Mittwoch die Einladungen zu den Gipfeln von G7 und Nato Ende Juni angenommen. (dpa)
Frankreich erhält kein russisches Gas mehr über Pipelines
Frankreich erhält kein russisches Gas mehr über Pipelines. Wie der französische Netzbetreiber GRTgaz am Freitag mitteilte, ist dies bereits seit Mittwoch der Fall und zudem der „Unterbrechung des Gasflusses zwischen Frankreich und Deutschland“ geschuldet. Frankreich bekommt 17 Prozent seiner Gaslieferungen aus Russland, das meiste normalerweise über Pipelines, den Rest als Flüssigerdgas.
Der russische Gazprom-Konzern hatte in den vergangenen Tagen seine Lieferungen in eine Reihe von EU-Staaten gedrosselt. So verringerte Gazprom die Lieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland um 60 Prozent, auch die Mengen nach Italien und Österreich wurden gedrosselt.
Wie GRTgaz mit Blick auf den kommenden Winter weiter mitteilte, sind die Speicher zu 56 Prozent gefüllt. Normal zu dieser Zeit sind rund 50 Prozent. (afp)
Britischer Generalstabschef: Russland hat Ukraine-Krieg „strategisch verloren“
Nach Einschätzung des britischen Generalstabschefs Tony Radakin hat Russland den Krieg gegen die Ukraine bereits jetzt „strategisch verloren“. Der Angriff auf das Nachbarland sei ein „entsetzlicher Fehler Russlands“ gewesen, sagte Radakin in einem am Freitag veröffentlichen Interview mit der Nachrichtenagentur Press Association (PA). Mit seinem Krieg gegen die Ukraine habe Russland die Nato gestärkt und Finnland und Schweden dazu gebracht, einen Aufnahmeantrag bei dem Militärbündnis zu stellen.
Es sei zwar möglich, dass Kreml-Chef Wladimir Putin in den kommenden Wochen „taktische Erfolge“ in der Ukraine erzielen werde, sagte Radakin. Allerdings habe Putin ein Viertel der Stärke seiner Armee für „winzige“ Geländegewinne geopfert. „Die russische Maschinerie wird zerrieben und sie gewinnt dabei täglich ein paar – zwei, drei, fünf – Kilometer.“ 50.000 russische Soldaten seien getötet oder verletzt worden. „Russland ist dabei zu scheitern.“ (afp)
Melynk: Scholz muss EU-Partner von Kandidatenstatus Kiews überzeugen
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, erwartet von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Überzeugungsarbeit in der EU für einen Kandidatenstatus des Landes. Die Ukraine hoffe, dass der Kanzler dafür sorge, dass die notwendige Einstimmigkeit beim EU-Gipfel erreicht werde, sagte Melnyk am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. „Da sind wir noch nicht über den Berg“, fügte der Diplomat hinzu.
Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron hatten sich am Donnerstag bei ihrem Besuch in Kiew erstmals dafür stark gemacht, dass die Ukraine Beitrittskandidat für die Europäische Union wird. Melnyk bezeichnete dies als „starke Message“ an sein Land. Ein EU-Beitritt der Ukraine sei kein Geschenk, sondern auch in deutschem Interesse. Die Ukraine wolle kein Bittsteller sein, sondern etwas leisten, auch im Bereich der Sicherheit, betonte Melnyk. (dpa)
Habeck: Notfalls gesetzliche Maßnahmen zur Energie-Einsparung
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat angesichts der jüngsten Drosselung russischer Gaslieferungen nach Deutschland die Durchsetzung von Energie-Sparmaßnahmen mit gesetzlichen Mitteln ins Spiel gebracht. Sollten die Gasspeichermengen nicht zunehmen, „dann werden wir weitere Maßnahmen zur Einsparung, zur Not auch gesetzlich, vornehmen müssen“, sagte Habeck am Donnerstagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Noch sei dies aber nicht nötig, da die Speicherstände mit 56 Prozent „überdurchschnittlich gut“ gefüllt seien.
Habeck sprach von einer „ernsten Lage“. Für die nächste Zeit sei die Versorgungssicherheit gewährleistet, betonte er. Allerdings sei klar: „Wir können nicht mit 56 Prozent Speicher in den Winter gehen. Dann müssen die voll sein.“ An die Menschen und Unternehmen appellierte er, jetzt Gas einzusparen.
Zu den möglichen gesetzlichen Maßnahmen zur Energieeinsparung äußerte sich Habeck nicht konkret. Zu Forderungen unter anderem aus der Wohnungswirtschaft, bei Gasmangel die vorgeschriebene Mindesttemperatur in Mietwohnungen abzusenken, sagte der Vize-Kanzler, damit habe sich die Regierung noch nicht intensiv befasst. Bei einer Gasknappheit im Winter wäre der erste naheliegende Schritt, Heizkraftwerke mit Kohle statt Gas zu befeuern, sagte er. (afp)
Kuleba fordert Verbindlichkeit von Scholz
Nach dem Besuch von Kanzler Olaf Scholz in Kiew fordert der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba, das Zugesagte umzusetzen. In den kommenden Wochen werde man erleben, „wie stark sich Deutschland tatsächlich engagiert“, sagt er der ARD laut redaktioneller Fassung. Auf die Frage, ob das Vertrauen zwischen Deutschland und der Ukraine wiederhergestellt sei, sagt Kuleba demnach, den „Worten, die uns heute entgegenschlugen, müssen Taten folgen. Wir hoffen, dass das auch passiert.“ (rtr)
Scholz: Werden Ukraine nicht zu Friedensschluss mit Russland drängen
Kanzler Olaf Scholz hat Vermutungen zurückgewiesen, westliche Staaten könnten die ukrainischen Führung zu einem Friedensschluss mit Russland drängen. Die westlichen Sanktionen gegen Russland würden nicht aufgehoben, bevor es nicht zu einer fairen Vereinbarung Russlands mit der Ukraine komme, sagt Scholz in der ARD. Nur die Ukraine selbst könne entscheiden, was aus ihrer Sicht fair sei. „Das wird niemand in Europa ihnen vorschreiben können und wollen“, fügt Scholz hinzu. (rtr)
Scholz weist Forderungen nach Panzerlieferungen zurück
Kanzler Olaf Scholz hat Forderungen des ukrainischen Botschafters in Deutschland nach Panzerlieferungen zurückgewiesen. Nach Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski in Kiew sagte Scholz in der ARD, dass dies gar nicht das sei, was die Führung in Kiew gerade wolle. Der Wunsch des Präsidenten sei vielmehr der nach mehr Artillerie für die Kämpfe im Osten des Landes gewesen und genau diese liefere Deutschland. Botschafter Andrej Melnyk hatte dagegen die Lieferung von 88 Leopard-1-Kampfpanzern und 100 Marder-Schützenpanzern gefordert. (rtr)
USA mahnen Russland zu menschlichem Umgang mit ausländischen Kriegsgefangenen
Die USA haben Russland dazu aufgerufen, ausländische Kämpfer in der ukrainischen Armee, die sich in der Gewalt der russischen Armee befinden, gemäß der Genfer Konvention als Kriegsgefangene zu behandeln. Kriegsgefangene müssten „die Behandlung und den Schutz erfahren, die diesem Status angemessen sind, menschenwürdige Behandlung und Garantieren auf einen fairen Prozess eingeschlossen“, sagte US-Außenamtssprecher Ned Price am Donnerstag. Laut Price gilt ein dritter US-Bürger als in der Ukraine vermisst.
Berichten zufolge waren in der vergangenen Woche zwei als freiwillige Kämpfer in die Ukraine gereiste US-Bürger in russische Gefangenschaft geraten. Nach Angaben ihrer Familien sowie Kongress-Abgeordneten waren die früheren US-Soldaten Alexander Drueke und Andy Tai Huynh zuletzt an Gefechten nördlich der ukrainischen Stadt Charkiw beteiligt gewesen. Price sagte am Donnerstag, es gebe Berichte, wonach ein dritter US-Bürger in der Ukraine vermisst werde. (afp)
Ukrainische Drohgebärden gegen russische Brücke auf die Krim
In ihrem Abwehrkampf gegen Russland sieht die Ukraine auch die wichtige russische Brücke auf die Halbinsel Krim als militärisches Ziel. Als eine Art Drohgebärde veröffentlichte der ukrainische Militärgeheimdienst am Donnerstag eine angebliche offizielle russische Baubeschreibung der Brücke mit Details der Konstruktion. Die Echtheit des knapp 300 Seiten langen Dokuments war nicht sofort zu überprüfen.
Tags zuvor hatte der ukrainische General Dmytro Martschenko gesagt, wenn die Ukraine die dafür notwendigen Waffen erhalte, sei die Zerstörung der Brücke „Ziel Nr. 1“. Schließlich rolle der russische Nachschub über die Brücke auf die Krim und von dort weiter in den Süden der Ukraine. Die mit Milliardenaufwand gebaute, 18 Kilometer lange Brücke über die Meerenge von Kertsch verbindet seit 2018 das russische Festland und die vier Jahre zuvor annektierte Halbinsel.
In Moskau betonte Kremlsprecher Peskow am Donnerstag, dass alle Vorkehrungen für die Sicherheit der Krim getroffen seien. Der Kreml kenne die neuen Drohungen aus Kiew gegen die Brücke. Aus Moskau hatte es schon vorher Drohungen gegeben, im Fall eines Angriffs auf das Bauwerk die ukrainische Hauptstadt Kiew zu bombardieren. (dpa)
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