+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Über 100.000 ukrainische Geflüchtete
In Deutschland wurden 104.000 Schutzsuchende aus der Ukraine registriert. Die Nato verspricht mehr Waffen für die Verteidigung der Ukraine.
Über 100.000 ukrainische Flüchtlinge als Schutzsuchende registriert
Sechs Wochen nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) etwa 104.000 ukrainische Staatsangehörige als Schutzsuchende registriert. Diese Flüchtlinge seien auch alle erkennungsdienstlich behandelt worden, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Donnerstag auf Anfrage mit. Hinzu kämen noch etwa 5.000 registrierte Ukraine-Flüchtlinge anderer Nationalitäten, die zwischen dem 15. März und dem 6. April gezählt worden seien.
Im Verteilungssystem des Bamf sind den Angaben zufolge seit dem Kriegsbeginn am 24. Februar allerdings bereits etwa 370.000 ukrainische Staatsangehörige eingetragen worden. Hier handele es sich um Fälle, in denen sich Ukrainer und Ukrainerinnen an deutsche Behörden gewandt hätten, etwa um Unterkunft oder sonstige Unterstützung zu erhalten. „Da eine biometriebasierte Registrierung in der Regel erst am Zielort erfolgt und Mehrfacheintragungen im Verteilsystem nicht ausgeschlossen werden können, ist diese Zahl höher als die der registrierten Flüchtlinge“, erklärte die Sprecherin.
Die Bundespolizei stellt derzeit täglich die Einreise von rund 3.000 Menschen aus der Ukraine fest. Wie das Bundesinnenministerium auf Twitter mitteilte, wurden seit Kriegsbeginn 316.453 Flüchtlinge aus der Ukraine von der Bundespolizei erfasst. Nachdem die Zahl der Neuankömmlinge im März teilweise bei über 15.000 Menschen pro Tag gelegen hatte, kommen inzwischen deutlich weniger Flüchtlinge an.
Allerdings können Ukrainer visumsfrei einreisen, sodass die Zahl der Kriegsflüchtlinge, die in Deutschland Schutz gesucht haben, tatsächlich höher liegen dürfte. Auch die Weiterreise in andere EU-Staaten wird, da an den Binnengrenzen keine festen Grenzkontrollen vorgesehen sind, in der Regel nicht dokumentiert. (dpa)
Nato-Staaten vereinbaren stärke Unterstützung für Ukraine
Die Nato-Staaten haben sich auf zusätzliche Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine verständigt. „Wir waren uns einig, dass wir unsere Unterstützung für die Ukraine weiter stärken und aufrechterhalten müssen, damit sich die Ukraine durchsetzt (…)“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag nach einem Außenministertreffen. Die Verbündeten seien entschlossen, mittel- und langfristig mehr zu tun, „um den mutigen Ukrainern zu helfen, ihre Heimat und ihr Land zu verteidigen und die Invasoren zurückzudrängen“.
Welche zusätzlichen Waffen nun von Nato-Staaten an die Ukraine geliefert werden sollen, sagte Stoltenberg nicht. Er verstehe voll und ganz, dass es konkrete Fragen zu bestimmten Waffentypen gebe, sagte er. Die Alliierten hielten es aber für besser, sich nicht konkret zur Art der Systeme zu äußern. „Aber seien Sie versichert, dass die Verbündeten eine Vielzahl unterschiedlicher Waffensysteme bereitstellen“, betonte er. Darunter seien sowohl Systeme aus der Sowjetzeit als auch moderne Ausrüstung.
Zu Forderungen der Ukraine, dass die Waffenlieferungen schnell kommen müssten, sagte Stoltenberg, die Nato-Staaten seien sich der Dringlichkeit bewusst. Es sei ein klares Signal des Treffens, dass es die Bereitschaft gebe, bei der Bereitstellung von Ausrüstung mehr zu tun. (dpa)
Insider – Bundesregierung hat Erkenntnis über russische Verantwortung für Butscha
Auch Reuters berichtet nun, der Bundesnachrichtendienst (BND) habe Erkenntnisse, dass die Gräueltaten in der ukrainischen Ortschaft Butscha durch russische Truppen oder Paramilitärs verübt wurden. „Es stimmt, dass der Bundesregierung Hinweise auf eine russische Täterschaft vorliegen“, erfuhr Reuters aus Sicherheitskreisen. Grundlage seien Satellitenaufnahmen.
Es gebe zudem abgefangene Funksprüche russischer Militärs. Diese ließen sich aber nicht eindeutig auf Butscha zuordnen, heißt es zu einem „Spiegel“-Bericht. Es gebe Hinweise, dass russische Paramilitärs an Erschießungen beteiligt gewesen seien. Es sei aber nicht klar, ob es sich um Söldner der Gruppe Wagner gehandelt habe. Aus den abgehörten Funksprüchen werde auch nicht klar, ob es einen Befehl des russischen Generalstabs für die Massaker gegeben habe.
Die Bundesregierung und der Bundesnachrichtendienst wollten auf Anfrage nicht Stellung nehmen. Die russische Regierung hat bisher dementiert, dass ihre Truppen in der Ukraine für die Gräueltaten verantwortlich sind. Kanzler Olaf Scholz hatte Russland aber bereits Kriegsverbrechen in Butscha vorgeworfen. (rtr)
Russland weist ukrainischen Entwurf für Friedensvertrag zurück
Russlands Außenminister Sergej Lawrow erklärt, die Ukraine habe einen Entwurf für einen Friedensvertrag übermittelt, der unannehmbare Elemente beinhalte. Er bezieht sich dabei auf Vorschläge zum Donbass und zur Krim. Lawrow wirft der Ukraine vor, die Friedensgespräche auszuhöhlen. Russland werde aber trotzdem weiterverhandeln und gleichzeitig seine eigenen Ansprüche „absichern“. (rtr)
Niederlande gegen Import-Stopp für sämtliche russische Energielieferungen
Die Niederlande wollen nicht auf sämtliche Energie-Importe aus Russland verzichten. „Ein vollständiges Embargo ist sicherlich nicht der richtige Schritt“, sagt Energieminister Rob Jetten dem „Handelsblatt“. Man sollte Kohle, Gas und Öl differenziert betrachten. „Ich bin überzeugt, dass ein schnelles Embargo auf alle drei Energieträger große Risiken birgt.“ Es sei für die Niederlande relativ einfach, vollständig aus dem russischen Gas auszusteigen. Sein Land decke 15 Prozent seines Erdgasbedarfs mit russischen Lieferungen. „Aber wir sehen natürlich, dass die Situation für Deutschland und einige andere Länder völlig anders ist.“ (rtr)
Auch Belarus nennt Krieg „Spezialoperation“
Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko räumt ein, dass sein Land einen Einsatz in der Ukraine ausgeführt hat. Es habe sich um eine „Spezialoperation“ gehandelt, zu der Belarus gezwungen gewesen sei, um Lkw-Fahrer aus der Ukraine zu holen, zitiert die Nachrichtenagentur Belta Lukaschenko. „Es wurde der Punkt erreicht, an dem diese Schufte anfingen, unsere Leute dort zu fangen, hauptsächlich Fahrer … die zufällig zu der Zeit dort waren.“ Er habe die Ukrainer gewarnt, dass Belarus gezwungen sein werde, eine Operation zur Befreiung durchzuführen. „Wir haben eine solche Spezialoperation durchgeführt und alle unsere Leute befreit.“ (rtr)
Insider – EU-Boykott russischer Kohle erst ab Mitte August
Der geplante EU-Boykott russischer Kohle wird zwei Insidern zufolge wahrscheinlich erst ab Mitte August greifen, einen Monat später als zunächst angedacht. Vertreter der EU-Staaten dürften einem solchen Embargo vermutlich noch am Donnerstag zustimmen. Nach früheren Angaben der EU-Kommission könnte Russland dadurch Einnahmen von vier Milliarden Euro im Jahr verlieren.
Die Brüsseler Behörde hatte zunächst eine dreimonatige Abwicklungsphase für laufende Verträge vorgesehen, wie aus einem Reuters vorliegenden Dokument hervorgeht. Damit hätte Russland nach der Verkündung der Strafmaßnahmen noch bis Mitte Juli Kohle in die EU exportieren können. Diese Abwicklungsphase sei nun auf vier Monate ausgedehnt worden, so die Insider. Deutschland ist Hauptimporteur russischer Kohle und braucht mehr Zeit für die Umstellung.
Das fünfte Sanktionspaket gegen Russland im Zuge des militärischen Angriffs auf die Ukraine dürfte noch diese Woche, spätestens Anfang nächster Woche verabschiedet werden. Ab der offiziellen Verkündung würde dann die viermonatige Übergangsphase laufen. Ein EU-Diplomat sagte Reuters, die meisten Kohleverträge seien eher kurzfristiger Natur, nur einige Kontrakte liefen länger als ein Jahr. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte diese Woche gesagt, Deutschland sei nach jüngsten Änderungen der Verträge nur noch zu 25 Prozent von russischen Lieferungen abhängig – nach zuvor 50 Prozent.
Mit dem Kohle-Boykott würde erstmals Energie auf die Sanktionsliste kommen – eine der Haupteinnahmequellen der Regierung in Moskau. Öl und Gas sind von den Plänen noch unberührt. Hier ist Europa noch deutlich stärker von Russland abhängig. (rtr)
Estland will schnellstmöglich Gasimporte stoppen
Estland will schnellstmöglich den Import von russischem Gas stoppen und setzt dabei auf eine Flüssiggas-Kooperation mit Finnland. „Wir müssen so schnell wie möglich aufhören, Gas vom Putin-Regime zu kaufen, das das Geld für den Krieg gegen die Ukraine verwendet“, sagt Ministerpräsidentin Kaja Kallas laut Nachrichtenagentur BNS. Ein Datum nannte sie nicht. Die Regierung will BNS zufolge bis zum Herbst gemeinsam mit Finnland ein Terminal für den Import von Flüssiggas pachten. Die finnische Regierung kündigte die Anschaffung eines LNG-Terminals an, das gemeinsam mit Estland genutzt werden solle. Sie wolle bis zu 850 Millionen Euro investieren, um die Abhängigkeit von russischer Energie zu beenden. (rtr)
G7 wollen Butscha-Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen
Die Außenminister der sieben führenden Wirtschaftsnationen (G7) kündigen in einer von Großbritannien herausgegebenen gemeinsamen Erklärung an, dass die für die Gräueltaten in der Ukraine Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden. Zugleich verurteilten sie die Gräueltaten in Butscha und mehreren anderen ukrainischen Orten, die die russischen Streitkäfte verübt hätten, auf das Schärfte. Die Regierung in Moskau bestreitet die Tötung von Zivilisten. (rtr)
WHO bereitet sich auf Giftgas-Angriff Russlands vor
Die Weltgesundheitsorganisation WHO bereitet sich auf mögliche Angriffe mit chemischen Kampfstoffen in der Ukraine vor. „Wegen der gegebenen Ungewissheiten der gegenwärtigen Lage gibt es keine Sicherheiten, dass der Krieg nicht noch schlimmer werden kann“, erklärt der WHO-Chef für Europa, Hans Kluge. Die WHO ziehe alle Szenarien in Erwägung. Das reiche von der Behandlung massenhafter Verletzter bis hin zu chemischen Angriffen. (rtr)
BND: Funksprüche belegen russische Kriegsverbrechen
Nach Informationen des Spiegel hat der Bundesnachrichtendienst Funksprüche russischer Militärs abgefangen, in denen Morde an Zivilisten in Butscha besprochen worden sein sollen. Einzelne Inhalte der Funksprüche sollen sich auch in Butscha fotografierten Leichen zuordnen lassen.
Nach dem Abzug der russischen Armee aus Kiew und den Vororten hatten ukrainische Behörden in Butscha rund 300 Leichen gefunden. Einige wurden in Massengräbern gefunden, viele Menschen lagen auf offener Straße.
Die russische Regierung hatte vehement dementiert, dass russische Streitkräfte für diese Kriegsverbrechen verantwortlich seien. Sie behauptete, es handele sich um eine Inszenierung der Ukraine. Doch zahlreiche Journalist:innen, darunter auch eine Reporterin für die taz, waren anschließend vor Ort, haben mit zahllosen Zeugen gesprochen und die Kriegsverbrechen dokumentiert.
Nun scheinen auch die Abhöraufnahmen zu bestätigen, dass russische Einheiten verantwortlich sind für die Gräueltaten. Aus dem Material soll auch hervorgehen, dass Bedienstete russischer Söldnertruppen wie der „Wagner Gruppe“ maßgeblich an den Taten beteiligt waren. Diese war bereits bei ihrem Einsatz in Syrien durch besondere Grausamkeit aufgefallen. Nach Informationen des Spiegel unterrichtete der BND am Mittwoch im parlamentarischen Raum über seine Erkenntnisse. (jot/taz)
Medienaufsicht in Russland will gegen Google vorgehen
Die russische Medienaufsicht kündigt Strafmaßnahmen gegen Google an. Wegen mutmaßlicher Verstöße gegen russische Gesetze wird unter anderem ein Werbeverbot verhängt. Die zuständige Behörde wirft der Google-Tochter YouTube vor, die Video-Plattform sei zu einer Hauptquelle von Falschinformationen über die militärische Spezialoperation in der Ukraine geworden. So würden die Streitkräfte der Russischen Föderation diskreditiert. YouTube hat weltweit von Russland finanzierte Medien ausgeschlossen, die Plattform zu nutzen. (rtr)
Vier ukrainische Treibstoff-Lager mit Raketen zerstört
Das russische Militär hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau in der Nacht zum Donnerstag vier ukrainische Treibstoff-Lager mit Raketenangriffen zerstört. Aus den Tanks in Mykolajiw, Charkiw, Saporischschja und Tschuhuiw seien ukrainische Truppen bei Mykolajiw und Charkiw sowie im Donbass im Osten des Landes versorgt worden, heißt es weiter. (rtr)
Zehn Fluchtkorridore am Donnerstag
Die Ukraine will am Donnerstag zehn Fluchtkorridore für Zivilisten in umkämpften Städten einrichten. Das kündigt Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk an. Sie weist darauf hin, dass Menschen, die aus der eingekesselten Hafenstadt Mariupol fliehen wollen, ihre eigenen Fahrzeuge benutzen müssten. In der Vergangenheit sind wiederholt Evakuierungen gescheitert, weil geplante Feuerpausen nicht eingehalten oder Konvois an der Weiterfahrt gehindert wurden. (rtr)
🐾 Russland verdient auch ohne Gas
In der öffentlichen Debatte über ein mögliches Ende des Gasbezugs aus Russland wurde ein Aspekt bisher wenig thematisiert: Die langfristigen Lieferverträge für Erdgas beinhalten in der Regel Klauseln, aufgrund derer die Käufer des Erdgases verpflichtet sind, eine Mindestmenge auch dann zu bezahlen, wenn sie diese nicht abnehmen. Bernward Janzing hat sich das Thema für die taz näher angeschaut.
Österreich weist Diplomaten aus
Österreich weist vier russische Diplomaten aus. Dazu werde der diplomatische Status von drei Angehörigen der russischen Botschaft in Wien und eines Angehörigen des russischen Generalkonsulats in Salzburg aufgehoben, teilt eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg mit. „Die Personen haben Handlungen gesetzt, die mit ihrem diplomatischen Status unvereinbar sind und werden daher gemäß Artikel 9 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen zu unerwünschten Personen erklärt“, so die Sprecherin. Die betroffenen Diplomaten sind aufgefordert, spätestens mit Ablauf des 12. April das Land zu verlassen. (rtr)
UN-Institution: Millionen mehr Hungernde
Wegen des Ukrainekriegs rechnet das Welternährungsprogramm mit Dutzenden Millionen Menschen mehr in Hunger und Armut. „Je nach Dauer des Krieges könnten zwischen 33 und 47 Millionen Menschen zusätzlich in Hunger und Armut abrutschen“, sagte der Direktor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) in Deutschland, Martin Frick, der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahl der akut Hungernden habe schon vor Beginn des Krieges mit 276 Millionen Menschen auf einem traurigen Rekordniveau gelegen.
Die Lebensmittelkrise als Folge des Ukrainekriegs wird nach Einschätzung der Welthungerhilfe zu neuen Flüchtlingsbewegungen aus ärmeren Ländern führen. „Wir sehen ganz real in den Ländern, in denen wir arbeiten, wie dramatisch die Lage ist. Die Menschen werden keine andere Möglichkeit für sich sehen, als sich auf den Weg zu machen“, sagte der Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe, Mathias Mogge, der Rheinischen Post. Hintergrund seien unter anderem die Preissprünge von bis zu 70 Prozent für Getreide, das bisher zu einem großen Teil aus der Ukraine und aus Russland importiert wird. (dpa)
🐾 „Sehe alles sehr pessimistisch“
Russland will die Heinrich-Böll-Stiftung für „unerwünscht“ erklären. Das hätte weitreichende Folgen, sagt Stefanie Harter, die das Moskauer Büro leitet. Barbara Oertel hat mit ihr gesprochen.
Ukraine fordert bei Nato-Treffen mehr Waffen
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat zum Auftakt von Beratungen mit Kollegen der Nato-Staaten die Forderungen nach Waffen zur Verteidigung gegen Russland bekräftigt und dabei zu lange Entscheidungsprozesse in Deutschland beklagt. Seine Agenda für das Treffen habe drei Punkte, sagte Kuleba am Donnerstag in Brüssel: „Es sind Waffen, Waffen, Waffen.“ Der beste Weg, der Ukraine nun zu helfen, sei, dem Land alles Notwendige zu stellen, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Schranken zu weisen und die russische Armee in der Ukraine zu besiegen, damit der Krieg nicht weiter ausufere.
Deutschland könne mit Blick auf Waffenlieferungen „angesichts seiner Reserven und Kapazitäten“ mehr machen, sagte Kuleba. Man arbeite mit der deutschen Regierung zusammen. Das Problem, das ihn am meisten beunruhige, sei die Dauer der Verfahren und Entscheidungsfindung in Berlin. „Während Berlin Zeit hat, hat Kiew keine.“
Die Ukraine und die ukrainische Armee hätten in den vergangenen Wochen gezeigt, dass sie wüssten, wie man kämpfe. „Aber ohne eine nachhaltige und ausreichende Versorgung mit allen von der Ukraine geforderten Waffen werden diese Erfolge mit enormen Opfern einhergehen“, sagte er. Je mehr und je schneller die Ukraine Waffen erhalte, desto mehr Leben würden gerettet und desto weniger Städte würden zerstört. „Und es wird keine Butschas mehr geben.“
Kuleba rief die Nato-Alliierten dazu auf, ihre Zurückhaltung und ihre Zögerlichkeit zu überwinden. „Waffen dienen heute dem Frieden.“ Er betonte zudem, dass es mit Blick auf die Ukraine keinen Unterschied zwischen Offensiv- und Defensiv-Waffen gebe. Länder, die diesen Unterschied machten, nannte er scheinheilig. (dpa)
Ukraine warnt vor neuen Offensiven russischer Truppen im Osten
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat den Westen zu härteren Sanktionen gegen Russland aufgerufen. Er forderte ein Embargo auf russisches Erdöl und einen vollständigen Ausschluss des russischen Bankensystems vom internationalen Finanzwesen. Sollte es kein „wirklich schmerzhaftes Sanktionspaket“ und keine Lieferungen der von Kiew geforderten Waffen an die Ukraine geben, werde Russland dies als „Erlaubnis zum Vormarsch“ sehen, sagte Selenski in einer in der Nacht zum Donnerstag veröffentlichten Videoansprache.
Zugleich warnte Selenski vor einer großen Offensive des russischen Militärs im Osten der Ukraine. Moskau baue weiter Kampfkraft auf, um seine Ambitionen im Donbass-Gebiet zu verwirklichen. Die Regierung in Kiew rief Menschen in den Gebieten Luhansk, Donezk und Charkiw bereits zur Flucht auf. Sie rechnet damit, dass von der Hauptstadt Kiew abgezogene russische Truppen im Osten eingesetzt werden. Selenski betonte: „Wir werden kämpfen und uns nicht zurückziehen“. Das ukrainische Militär meldete weitere Kämpfe und Angriffe aus dem Osten des Landes.
Der ukrainische Präsident rief zudem die Menschen in Russland dazu auf, ein Ende des Kriegs zu fordern. Die Ermordung von Zivilisten in von russischen Truppen besetzen Städten wie Butscha müsse ein entscheidendes Argument sein. „Niemand in Russland, der jetzt nicht ein Ende des Krieges und den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine fordert, hat eine Zukunft“, sagte Selenski. Die Bürger sollten sich lieber jetzt der russischen Repressionsmaschine stellen, als ihr Leben lang „mit Nazis verglichen zu werden“. (dpa)
Ukraine: Elf Leichen in Kiewer Vorort gefunden
In einer Garage im Kiewer Vorort Hostomel wurden nach dem Abzug russischer Truppen ukrainischen Angaben zufolge elf Leichen gefunden. Die Polizei habe diese am Mittwoch entdeckt, berichtete die „Ukrajinska Prawda“ und berief sich auf einen Telegram-Eintrag des ehemaligen Innenministers Arsen Awakow. Demnach soll es sich bei den Getöteten um Zivilisten handeln, die von russischen Soldaten getötet worden seien. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen. Das nordwestlich der Hauptstadt gelegene Hostomel mit dem nahen Flugplatz war seit Beginn des Kriegs schwer umkämpft. Der Großteil der ursprünglich 16.000 Einwohner floh. Der lokalen Militärverwaltung zufolge wurden rund 400 Bewohner von Hostomel vermisst. (dpa)
Bürgermeister von Charkiw: Keine Massenevakuierung nötig
Nach Aufrufen zur Flucht aus dem Osten der Ukraine angesichts einer möglichen russischen Großoffensive versucht der Bürgermeister von Charkiw zu beruhigen. Weder er noch das Militär hielten es momentan für notwendig, eine zentralisierte Evakuierung aus der zweitgrößten Stadt des Landes durchzuführen, sagte Ihor Terechow in einer Videobotschaft. Die Stadt Charkiw sei gut mit Waffen ausgestattet und zur Verteidigung bereit. Der Aufruf zu einer Evakuierung treffe aber im Gebiet Charkiw auf südliche Bezirke zu. Charkiw hatte vor dem Krieg rund 1,5 Millionen Einwohner. Der Gebietsverwaltung zufolge verließ ein großer Teil der Bewohner in den ersten Kriegswochen die Stadt. Charkiw wird seit Beginn der russischen Invasion Ende Februar fast ununterbrochen aus der Luft und mit Artillerie angegriffen. (dpa)
USA liefern Ukraine weitere Panzerabwehrwaffen und Drohnen
Die USA wollen die Ukraine besonders mit weiteren Panzerabwehrwaffen vom Typ Javelin unterstützen. Dazu sollen 100 Millionen Dollar (91,3 Mio Euro) genutzt werden, die die US-Regierung für weitere Waffenlieferungen genehmigt hatte, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Man sei außerdem mit den Ukrainern im Gespräch über die Lieferung weiterer Drohnen vom Typ Switchblade. Davon seien bereits 100 geschickt worden. Die Switchblades sind Mini-Drohnen, die lange über dem Boden kreisen können, um dort auf ein Ziel zu lauern und gezielt anzugreifen. Dabei zerstören sie sich dann selbst. (dpa)
47 Holocaust-Überlebende aus der Ukraine in Deutschland
Deutschland hat 47 pflegebedürftige jüdische Holocaust-Überlebende aus der Ukraine aufgenommen. Dies sei „in unserer besonderen Verantwortung als Deutsche“ geschehen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser der Funke-Mediengruppe. „Wir geben ihnen eine vorübergehende Heimat.“ Die Berichte über Gräueltaten an Hunderten Bewohnern ukrainischer Städte kommentierte die Bundesinnenministerin scharf. „Ich bin Juristin. Natürlich soll man niemanden vorverurteilen. Aber es deutet alles darauf hin, dass Wladimir Putin und seine Armee in der Ukraine furchtbare Kriegsverbrechen begehen.“ (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland