+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Ende der Getreideblockade
Die Ukraine und Russland haben – getrennt voneinander – den Getreideexport aus der Ukraine unterzeichnet. Olaf Scholz will Bürger weiter entlasten.
Vereinbarung zur Getreideausfuhr unterzeichnet
Nach wochenlangen Verhandlungen haben die Ukraine und Russland mit den Vereinten Nationen und der Türkei eine Lösung für die Ausfuhr von Millionen Tonnen Getreide aus dem Kriegsland Ukraine vereinbart. Sowohl Russland als auch die Ukraine unterzeichneten am Freitag in Istanbul getrennt voneinander entsprechende Vereinbarungen unter Vermittlung von UN-Generalsekretär António Guterres.
Die Getreidelieferungen werden auf dem Seeweg verlaufen, wie anwesende Reporter berichteten. Außerdem wurde die Ausfuhr von Getreide und Düngemitteln aus Russland geregelt.
Die Regierung in Kiew hatte es wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine abgelehnt, dasselbe Dokument zu unterzeichnen wie der Vertreter Moskaus.
Mindestens 22 Millionen Tonnen Getreide können wegen des russischen Angriffskriegs nicht aus den ukrainischen Häfen über das Schwarze Meer geliefert werden. Unter anderem in Afrika und Asien wird das Getreide aus der Ukraine dringend benötigt. Die Preise für Weizen stiegen wegen der Knappheit dramatisch an.Die Ukraine zählte vor dem russischen Angriffskrieg zu den wichtigsten Getreideexporteuren der Welt. (dpa/afp/ap)
Bundeskanzler Olaf Scholz will Bürger:innen entlasten
Bundeskanzler Olaf Scholz will nach der milliardenschweren Rettung des Gas-Importeurs Uniper auch bedürftige Haushalte entlasten. „Dass wir zusammenhalten, ist entscheidend“, sagte Scholz am Freitag in Berlin mit Blick auf die Folgen des Ukraine-Kriegs und der Gas-Krise. „Wir werden dieses und nächstes Jahr unsere Probleme meistern.“ Daher werde man Unternehmen und Bürgern helfen. „Wir werden es solange tun, wie es erforderlich ist“, betonte er und zitierte den weltberühmten Fan-Song des FC Liverpool: „You will never walk alone.“
Der Bund steigt mit 30 Prozent bei Uniper ein und gewährt ihm weitere Hilfen über Kfw-Kredite und über eine Wandelanleihe. Ab September oder Oktober könne Uniper aber seine Kosten für die Ersatz-Beschaffung der ausgefallenen russische Gas-Lieferungen zu 90 Prozent weitergeben. Dies kommt dann trotz laufender Verträge bei Stadtwerken, Industrie und so auch bei den Bürgern an.
Geplant ist nach seinen Worten, Wohngeldempfängern und –empfängerinnen dauerhaft einen Heizkostenzuschuss zu zahlen. Zudem will er nach dem Vorbild in der Corona-Pandemie Menschen, die in der Krise ihre Rechnungen nicht zahlen können, vor Kündigung schützen.
Beim Wohngeld soll Scholz zufolge der Kreis der Berechtigten ausgeweitet und dauerhaft ein Heizkostenzuschuss gezahlt werden. Solch einen Zuschuss hatte es in diesem Jahr als einmalige Entlastungsmaßnahme für Wohngeldempfänger gegeben. Single-Haushalte bekamen auf diesem Weg 270 Euro, Zwei-Personen-Haushalte 350 Euro sowie 70 Euro für jedes weitere Familienmitglied. Auch für Studierende und Auszubildende, die staatliche Hilfen erhalten, gab es einen Zuschuss in Höhe von 230 Euro. Auch sie sollen künftig dauerhaft einen Heizkostenzuschuss bekommen, kündigte Scholz an.
Zudem legte sich der Kanzler darauf fest, das von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geplante Bürgergeld, das Hartz IV ablösen soll, „definitiv“ zum 1. Januar 2023 einzuführen. „Das ist die Grundlage dafür, dass wir eine substanzielle Entlastung derjenigen, die am wenigsten haben, zustande bringen“, sagte der Regierungschef. Heil präsentierte in dieser Woche ein Konzept, nach dem Arbeitslose künftig unter anderem mehr Vermögen behalten dürfen, wenn sie Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollen. Um zentrale Punkte, darunter die Höhe der Grundsicherung, wird in der Koalition derzeit aber noch gestritten. (rtr/epd)
Human Rights Watch wirft russischer Armee Folter vor
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat der russischen Armee Folter, illegale Verhaftungen und Freiheitsberaubung von Zivilisten im Süden der Ukraine vorgeworfen. „Die russischen Truppen haben die von ihnen besetzten Gebiete im Süden der Ukraine in einen Abgrund der Angst und der wilden Anarchie verwandelt“, erklärte die HRW-Beauftragte für die Ukraine, Julia Gorbunowa.
Gorbunowa erwähnte neben der Folter auch „unmenschliche Behandlungen“, „willkürliche Festnahmen“ und „Freiheitsberaubung“ in den Regionen Cherson und Saporischschja. Die russischen Behörden müssten dafür sorgen, dass diese Misshandlungen sofort endeten.
HRW befragten nach eigenen Angaben mehr als 70 Ukrainer, die mehr als 40 Fälle von Misshandlungen und Folter schilderten. Sie sagten demnach aus, dass sie gefoltert wurden oder zu Zeugen von Folter wurden. Die Opfer wurden verprügelt oder Stromstößen ausgesetzt, sie erlitten Verletzungen an den Rippen oder Zähnen, Verbrennungen oder Gehirnerschütterungen.
In der Region Cherson lebten vor der russischen Invasion mehr als eine Million Menschen. Nach dem Beginn der Invasion am 24. Februar wurde die Region fast vollständig von Russen besetzt. In der Region Saporischschja, östlich von Cherson, lebten vor dem Krieg rund 1,7 Millionen Menschen. Inzwischen wird die Region teilweise von den russischen Truppen kontrolliert, insbesondere das Atomkraftwerk von Saporischschja. (afp)
EU beschließt weitere 500 Millionen Euro für Waffen für die Ukraine
Die Europäische Union stockt ihre Finanzhilfe zur Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte wie angekündigt auf 2,5 Milliarden Euro auf. Die EU-Staaten beschlossen am Freitag offiziell die nächste Tranche über 500 Millionen Euro, wie der Rat der Mitgliedstaaten mitteilte. „Die Ukraine braucht mehr Waffen, wir werden sie liefern“, sagte der Außenbeauftragte Josep Borrell. Ratschef Charles Michel hatte bereits am Montag die Absicht der EU öffentlich gemacht, weitere 500 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
Konkret sollen von dem Geld 490 Millionen Euro für Waffen und Munition sowie 10 Millionen Euro für Schutzausrüstung, Benzin oder Erste-Hilfe-Kits ausgegeben werden. Ein erstes Paket über 500 Millionen Euro war bereits Ende Februar bewilligt worden, drei weitere folgten dann im März, April und Mai.
Die Finanzmittel kommen aus der sogenannten Europäischen Friedensfazilität – ein neues Finanzierungsinstrument der EU, das genutzt werden kann, um Streitkräfte in Partnerländern zu stärken. Deutschland finanziert nach Angaben von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) rund ein Viertel der Ausgaben. (dpa)
Russische Notenbank senkt Leitzins kräftig
Mit einer überraschend kräftigen Zinssenkung hilft Russlands Notenbank der unter westlichen Sanktionen ächzenden Wirtschaft. Sie kappte den Schlüsselzins am Freitag um anderthalb Punkte auf 8,00 Prozent. Es war bereits der vierte Schritt nach unten in diesem Jahr. Von Reuters befragte Experten hatten lediglich eine Senkung auf 9,0 Prozent erwartet. Die Notenbank will im weiteren Jahresverlauf prüfen, ob weitere Lockerungsschritte nötig werden. Das Umfeld für die heimische Wirtschaft bleibe „herausfordernd“ und laste beträchtlich auf der Konjunktur.
Das Bruttoinlandsprodukt Russlands wird der Vorhersage der Zentralbank zufolge dieses Jahr um vier bis sechs Prozent schrumpfen. Auch 2023 soll die Rezession anhalten, wenn auch abgemildert. Der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine Ende Februar und die folgenden Sanktionen des Westens setzen Russlands Wirtschaft zu.
Zugleich erwartet die Notenbank, dass der starke Preisauftrieb allmählich nachlassen wird: Für dieses Jahr sei eine Jahresteuerung von zwölf bis 15,00 Prozent zu erwarten, die 2023 auf fünf bis sieben Prozent zurückgehen werde. Für 2024 wird dann wieder mit dem Erreichen des Inflationsziels der Notenbank von vier Prozent gerechnet. Mitte des Monats lag die Teuerung in Russland bei 15,5 Prozent.
Um einen Absturz des Landeswährung Rubel zu verhindern, hatten die Währungshüter um Zentralbankchefin Elvira Nabiullina den Zinssatz nach der Invasion in der Ukraine zunächst von 9,5 auf 20,0 Prozent angehoben, danach immer weiter gesenkt. (rtr/dpa)
Brandenburg ruft dazu auf Geflüchtete aus der Ukraine einzustellen
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hat Unternehmen aufgerufen, Flüchtlinge aus der Ukraine einzustellen. Seit Anfang Juni werde der Zugang zum Arbeitsmarkt für Ukraine-Flüchtlinge deutlich erleichtert, sagte Steinbach am Freitag in Cottbus: „Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber möchte ich daher ermuntern, das Arbeitskräftepotenzial ukrainischer Geflüchteter noch stärker zu nutzen.“ Dafür stünden ihnen auch die arbeitgeberbezogenen Beratungsangebote der Jobcenter und der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung.
Mit dem Anfang Juni erfolgten Übergang der Leistungsbearbeitung zu Lebensunterhalt, Gesundheitsversorgung und Arbeitsmarktintegration auf die Jobcenter erhielten Geflüchtete nun umfassende Hilfen aus einer Hand, betonte Steinbach. Damit werde für sie auch der Zugang zum Arbeitsmarkt einfacher. Seit dem 1. Juni werden die Hilfen und Sozialleistungen für hilfebedürftige Geflüchtete aus der Ukraine nicht mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern nach dem Sozialgesetzbuch geleistet.
Im Jobcenter Cottbus werde seit der Änderung daran gearbeitet, den „neuen Kunden die Perspektiven am Arbeitsmarkt aufzuzeigen und sie dafür fit zu machen“, betonte Geschäftsführerin Eike Belle. Ramona Schröder, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, erklärte, die „Schaffenskraft und der große Wunsch nach sinnvoller Beschäftigung und Arbeit bei den geflüchteten Menschen aus der Ukraine“ seien beeindruckend. Oft stellten jedoch die Sprachkenntnisse noch eine Barriere dar. (epd)
Ukraine greift Donesk an
Die ukrainischen Streitkräfte haben einem Medienbericht zufolge am Morgen die von Russland kontrollierte Stadt Donezk angegriffen. Das meldet die staatseigene russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf die selbst ernannte Volksrepublik Donezk. Den amtierenden Bürgermeister von Lyssytschansk in der Nachbarregion Luhansk, Andrej Skory, zitiert Tass mit den Worten, dass es in der Stadt Schwierigkeiten bei Lebensmittellieferungen gebe. Grund dafür sei, dass ukrainische Truppen beim Rückzug aus Lyssytschansk Brücken zerstört hätten. (rtr)
Kein Austausch mit Russland über Klimaschutz möglich
Die Sonderbeauftragte im Auswärtigen Amt für internationale Klimapolitik, Jennifer Morgan, sieht derzeit keine Möglichkeit zur Einbindung Russlands in internationale Klimaschutz-Gespräche. „Im Moment ist ein konstruktiver Austausch mit Russland nicht möglich“, sagte Morgan den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Freitag. „Bis wir Frieden in der Ukraine haben, wird das so bleiben.“ Vielleicht erkenne Russland durch die Beschleunigung der Energiewende ja selbst, dass die Zukunft nicht fossil sei, fügte sie hinzu.
Russland ist das Land mit den vierthöchsten Emissionen weltweit. Die Beschlüsse bei den Weltklimakonferenzen der Vereinten Nationen müssen einstimmig gefasst werden.
Morgan bekräftigte die Notwendigkeit, trotz des Ukraine-Kriegs an den deutschen Klimazielen festzuhalten. „Klimaneutralität bis 2045, Kohleausstieg bis 2030. Das gilt“, sagte die Klimabeauftragte. Der Krieg lenke die Aufmerksamkeit weg vom Kampf gegen die Klimakrise. Es handele sich aber nicht um eine Entweder-Oder-Frage, betonte Morgan, die die erste Sonderbeauftragte des Auswärtigen Amtes für internationalen Klimaschutz ist. (afp)
Abkommen über Getreideexporte
Russland und die Ukraine werden nach Angaben der Türkei am Freitag eine Vereinbarung zur Wiederaufnahme der ukrainischen Getreideexporte über das Schwarze Meer unterzeichnen. Das Büro des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan teilte am Donnerstag mit, an der Unterzeichnung in Ankara nehme auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres teil. Die Ukraine ist eine der größten Getreideexporteure der Welt. Die Blockade ukrainischer Häfen durch Russlands Schwarzmeerflotte hat die Getreidepreise weltweit drastisch ansteigen lassen und eine internationale Nahrungsmittelkrise ausgelöst. Dutzende Schiffe sitzen fest, rund 20 Millionen Tonnen Getreide stehen in den Silos des Hafens von Odessa zur Ausfuhr bereit.
Details des Abkommens sind noch nicht bekannt. Diplomaten hatten vor rund einer Woche erklärt, es gehe unter anderem um eine sichere Passage ukrainische Getreideschiffe durch verminte Hafengewässer und eine Waffenruhe während der Schiffsbewegungen. Zudem solle die Türkei mit Unterstützung der Vereinten Nationen die Frachter inspizieren, um russische Bedenken über Waffenschmuggel zu zerstreuen. Das ukrainische Außenministerium erklärte am Donnerstag, es gehe um ein Dokument, das Russland und die Ukraine verpflichte, sichere Exportrouten im Schwarzen Meer zu gewährleisten. Die Ukraine werde aber nur zustimmen, wenn die Sicherheit der südlichen Regionen der Ukraine, „starke Positionen“ der ukrainischen Streitkräfte im Schwarzen Meer und sichere Exporte ukrainischer Agrarprodukte garantiert seien.
Die Vereinten Nationen und die Türkei bemühen sich seit vielen Wochen um ein von Guterres als „Paket“ bezeichnetes Abkommen, das die Wiederaufnahme ukrainischer Getreideexporte aus dem Schwarzmeerraum und die Erleichterung russischer Getreide- und Düngemittellieferungen vorsieht. (rtr)
Ungarn will zusätzlich Gas von Russland kaufen
Die ungarische Regierung bemüht sich ungeachtet der Bestrebungen der EU, sich unabhängiger von russischen Energielieferungen zu machen, um mehr Gas aus Russland. Außenminister Peter Szijjarto unternahm am Donnerstag eine unangekündigte Reise nach Moskau, um dort über den Kauf von 700 Millionen zusätzliche Kubikmeter Gas zu „verhandeln“, wie die Regierungspartei Fidesz mitteilte. Szijjartos russischer Amtskollege Sergej Lawrow zeigte sich grundsätzlich offen für weitere Lieferungen und lobte die bilateralen Beziehungen beider Länder.
Ziel sei es, die Sicherheit der Energieversorgung Ungarns „in den nächsten Monaten“ zu gewährleisten, sagte Szijjarto bei einer Pressekonferenz in Moskau. Es sei „im derzeitigen Kontext“ unmöglich, ohne russisches Gas auszukommen. „Das ist eine Tatsache.“ Er fügte hinzu: „Man kann falsche Hoffnungen wecken, man kann träumen, man kann bluffen, aber die Fakten und die physische Realität sind hartnäckig.“
Lawrow bestätigte das ungarische „Interesse“ an weiterem Erdgas. Die Anfrage aus Budapest werde nun „geprüft“. Die ungarischen Bemühungen stehen im Gegensatz zum Ansatz der EU. Brüssel wirft Russland Erpressung mit seiner Energiepolitik vor und hatte erst am Mittwoch einen strategischen Plan vorgestellt, wonach ausbleibende russische Gasimporte vor allem mit Einsparungen ausgeglichen werden sollen.
In Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine hat die EU drastische Sanktionen gegen Moskau verhängt. Dazu zählt unter anderem ein weitreichendes Embargo gegen russisches Erdöl. Bei Gas gibt es eine solche Maßnahme aber nicht. Seit seinem Einmarsch in die Ukraine hat Russland von sich aus aber seine Gaslieferungen nach Europa deutlich gedrosselt. Dies löste auch in Deutschland Sorge um die Energiesicherheit im anstehenden Winter aus.
Ungarn ist noch abhängiger von russischen Energieimporten. Es bezieht 65 Prozent seines Öls und 80 Prozent seines Gases aus Russland. Wegen der drohenden Engpässe hatte die Regierung in Budapest in der vergangenen Woche den Notstand ausgerufen. Ungarns Regierungschef Viktor Orban pflegt eine zweideutige Haltung zu Russland. Den Angriff auf die Ukraine hat er zwar verurteilt, die Sanktionspolitik der EU kritisiert er jedoch regelmäßig scharf. Das EU-Ölembargo hatte er wochenlang blockiert und dann eine Ausnahme für sein Land herausgehandelt.
Lawrow hob die Bedeutung der bilateralen Beziehungen zwischen Ungarn und Russland hervor. „Ich schätze unsere Beziehungen wirklich sehr“, sagte der russische Außenminister. „Unsere heutigen Gespräche haben ihren dauerhaften und strategischen Charakter bestätigt. Und wir werden sie auf jede erdenkliche Weise ausbauen.“ Russland werde nicht zulassen, dass Brüssel dies beeinträchtige „und wir werden nach Lösungen suchen, um unsere Zusammenarbeit in allen Bereichen gegen solche Launen und Bestrafungsversuche unempfindlich zu machen“, fügte Lawrow hinzu. (afp)
Gasfluss durch Nord Stream 1
Netzdaten zufolge fließt seit Abschluss der Wartungsarbeiten weiter kontinuierlich Gas durch die Pipeline Nord Stream 1. Wie aus Angaben der Betreibergesellschaft Nord Stream AG auf ihrer Webseite hervorgeht (Stand 6.15 Uhr), wurden auch in der Nacht von Donnerstag auf Freitag sowie am frühen Freitagmorgen konstant knapp 29,3 Gigawattstunden pro Stunde geliefert. Das entspricht einer Lieferung von rund 700 Gigawattstunden pro Tag und etwa 40 Prozent der theoretisch möglichen Auslastung. Der Gasfluss liegt damit weiter auf dem Niveau von vor Beginn der zehntägigen Wartungsarbeiten am 11. Juli.
Mit dem Betriebsbeginn der Ostsee-Pipeline am Donnerstag hatten sich Befürchtungen, Moskau könnte den Hahn dauerhaft zugedreht lassen, zunächst nicht bewahrheitet. Regierung, Wirtschaft und Experten bereiten sich dennoch auf ein Fortdauern oder gar eine mögliche Verschärfung der Gaskrise vor. Wirtschaftsminister Robert Habeck kündigte am Donnerstag ein Energiesicherungspaket an. Vielfach hieß es, es gebe noch keinen Grund zur Entwarnung. (dpa)
EU verbietet Gold-Importe aus Russland
Künftig darf kein Gold und kein Goldschmuck mehr aus Russland in die EU eingeführt werden. Dies gilt auch, wenn es vorher in ein Drittland verkauft wurde, wie aus dem siebten Sanktionspaket gegen Russland hervorgeht, das am späten Donnerstagabend im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde. Nach Angaben der EU-Kommission gibt es beim Gold-Embargo Ausnahmen für persönlichen Goldschmuck auf Privatreisen.
Es ist das siebte Paket, auf das sich die 27 EU-Länder geeinigt haben, um auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu reagieren. „Das sendet ein starkes Signal an Moskau: Wir werden den Druck so lange wie nötig aufrechterhalten“, teilte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf Twitter mit. Die Auswirkungen eines Gold-Embargos sind für Deutschland wohl überschaubar: Nach Angaben des Zentralverbands der Deutschen Goldschmiede, Silberschmiede und Juweliere bezieht Deutschland sein Gold nicht direkt aus Russland, sondern von sogenannten Scheideanstalten, die das Gold recyceln.
Der Präsident des Verbandes, Michael Seuber, sieht auch Wege ein Importverbot zu umgehen, da eine Herkunftsbestimmung nicht möglich sei. „Also könnte es sein, dass natürlich russisches Gold über andere Handelswege trotzdem nach Europa kommt“, sagte er. Der Europäischen Kommission zufolge sind vor allem das Vereinigte Königreich und die Schweiz die Hauptimporteure von Gold in Europa. (dpa)
Lukaschenko warnt vor Atomkrieg
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat den Westen im Ukrainekrieg zu Verhandlungen aufgefordert – und vor einem Atomkrieg gewarnt. „Wir dürfen nicht weiter gehen, denn dort ist der Abgrund mit einem Atomkrieg“, sagte er laut der staatlichen belarussischen Nachrichtenagentur Belta am Donnerstag. Seine Rolle in dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beschrieb er als „friedensstiftend“. Kiew sieht Minsk nicht als neutral in dem Konflikt an, nachdem zu Kriegsbeginn russische Truppen auch von belarussischem Territorium aus die Ukraine angegriffen haben.
Lukaschenko bestätigte in dem Interview, dass er der französischen Nachrichtenagentur AFP gab, dass er auf der Seite Russlands stehe. Dies tue er nicht nur wegen der Bündnispflicht, sondern weil Russland ohne den Start der Militäroperation selbst von der Nato angegriffen worden wäre. „Ihr von der Nato, ihr Amerikaner wolltet diesen Krieg“, behauptete Lukaschenko. Damit wiederholte er die offizielle Position Moskaus, wonach der russische Angriff nur einer Attacke der vom Westen unterstützten Ukraine zuvorgekommen sei.
Trotzdem sprach sich Lukaschenko für schnelle Verhandlungen aus. „Lasst uns einhalten und dann klären wir, wie wir weiter leben“, sagte er. Der 67-Jährige herrscht seit 1994 in der ehemaligen Sowjetrepublik Belarus. Die EU erkennt Lukaschenko seit 2020 nicht mehr als Präsident an, nachdem er sich in einer als gefälscht geltenden Wahl erneut zum Sieger küren und die Proteste der Opposition niederschlagen ließ. Die belarussische Führung ist wegen der westlichen Sanktionen stark von Russland abhängig. (dpa)
Moskau will jüdische Einwanderungsorganisation verbieten
Das russische Justizministerium will eine Organisation, die sich um die Einwanderung von Juden nach Israel bemüht, auflösen lassen. Eine Klage gegen die Jewish Agency for Israel sei am Moskauer Bezirksgericht Bassmany eingegangen und solle am 28. Juli verhandelt werden, berichtete die russische Agentur Interfax am Donnerstag. Das Verbot der Nichtregierungsorganisation soll Medienberichten zufolge politische Gründe haben und dürfte zu Spannungen zwischen Moskau und Jerusalem führen.
Nach Angaben des Gerichts geht es in der Klage um angebliche Verstöße der Organisation gegen russische Gesetze. Details wurden nicht genannt. Das Justizministerium hatte die Organisation vom 30. Mai bis zum 27. Juni einer umfassenden Prüfung unterzogen. Kurz darauf tauchten die ersten Gerüchte über eine mögliche Schließung auf, wurden zunächst aber dementiert.
Die Föderation der jüdischen Gemeinden in Russland sprach von einer „sehr bitteren Nachricht“. „Selbst wenn es tatsächlich um rechtliche Probleme gehen sollte, hätten die Regierungen Russlands und Israels Maßnahmen zur Korrektur der Fehler erarbeiten sollen und nicht die Jewish Agency in Russland verbieten sollen“, sagte ein Vertreter der Föderation.
Berichten zufolge gab es Versuche der israelischen Regierung, für die staatsnahe Agentur einzutreten. Allerdings könnte es politische Gründe für die Strafmaßnahme geben. So soll Moskau mit der Haltung Jerusalems im Ukrainekrieg unzufrieden sein. Die israelische Regierung hat den Angriff Russlands auf das Nachbarland verurteilt und seine Solidarität mit der Ukraine erklärt. Im Gegensatz zu den westlichen Staaten hat Israel allerdings bisher keine Sanktionen gegen Russland verhängt. Beobachter begründen dies mit den Sicherheitsinteressen Israels. Russland hat unter anderem großen Einfluss auf die Lage in Syrien, einem Nachbarstaat Israels. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein