+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Mehr als 3.000 getötete Zivilisten

Laut UN sind seit Beginn des Kriegs 3.153 Zivilisten ums Leben gekommen. Selenski wirft Moskau vor, 500.000 Menschen illegal nach Russland gebracht zu haben.

Darina und ihre Tochter besuchen das Grab von Ehemann und Vater, der im Krieg ums Leben kam Foto: reuters

UN: Mehr als 3.000 tote Zivilisten seit Beginn des Kriegs

In der Ukraine sind nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) inzwischen mehr als 3.000 Zivilisten seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar getötet worden. Die Zahl sei seit Freitag um 254 auf nunmehr 3.153 gestiegen, teilt das Büro der Hohen Kommissarin für Menschenrechte mit. Die tatsächliche Zahl liege wahrscheinlich viel höher. Die meisten Opfer seien durch Sprengkörper getötet worden, etwa bei Raketenangriffen oder Luftschlägen. (rtr)

Österreich will Öl-Embargo gegen Russland mittragen

Österreich steht einem Öl-Embargo gegen Russland laut Energieministerin Leonore Gewessler nicht entgegen. „Österreich ist bereit, ein Öl-Embargo auch konsequent mitzutragen, wenn die Kommission und die Mitgliedstaaten sich dafür entscheiden“, sagte Gewessler am Rande eines Sondertreffens der EU-Energieminister in Brüssel. Man sei vorbereitet, fügte sie hinzu. Schon im März habe Österreich kein russisches Öl mehr verarbeitet. In anderen Mitgliedstaaten sei die Situation allerdings anders. „Es ist Grundvoraussetzung, dass wir das gemeinsam tragen können“, sagte Gewessler. (dpa)

🐾 Digitale Kulturgüter in der Ukraine: Das große Backup

Nicht nur analoge, auch digitale Kulturgüter in der Ukraine sind durch den Krieg bedroht. Hunderte Ar­chi­va­r*in­nen versuchen nun, sie zu retten. Den Text unseres Autors Hans Böhringer lesen Sie hier. (taz)

Selenski wirft Moskau Abtransport Hunderttausender nach Russland vor

Russland hat nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski 500.000 Menschen illegal nach Russland oder anderswohin gebracht. Eine halbe Million seiner Landsleute sei gegen ihren Willen fortgebracht worden, sagte Selenski dem griechischen Fernsehsender ERT. Die in der Asowstal-Fabrik in Mariupol verbliebenen Zivilisten fürchteten sich, in Busse zu steigen, aus Angst, ebenfalls nach Russland transportiert zu werden.

Selenski sagte, UN-Generalsekretär António Guterres habe ihm versichert, die Zivilisten in Mariupol kämen in Gebiete, die unter Kontrolle der ukrainischen Regierung stünden. „Wir wollen das glauben“, sagte Selenski. (ap)

Häfen in Mariupol, Berdjansk, Skadowsk und Cherson offiziell geschlossen

Die Ukraine hat nach Angaben der Regierung in Kiew vier von Russland eroberte Häfen am Asowschen und am Schwarzen Meer nun auch offiziell geschlossen. Es handele sich um Mariupol, Berdjansk, Skadowsk und Cherson, teilt das Landwirtschaftsministerium mit. Die Maßnahme gelte, bis die Kontrolle über die Häfen wiederhergestellt werden könne. Sie sei nötig, da derzeit keine angemessenen Sicherheitsvorkehrungen für die Abfertigung von Passagier- oder Frachtschiffen gewährleistet werden könnten. Nach der russischen Invasion Ende Februar hatten sämtliche ukrainische Häfen bereits ihren Betrieb eingestellt. Die Ukraine ist Großexporteur von Agrarprodukten und hat ihre Waren zuvor überwiegend über das Meer ausgeführt. Inzwischen ist das Land auf den Export per Zug über seine Westgrenzen oder über seine kleinen Donau-Häfen umgestiegen. (rtr)

5,5 Millionen Menschen haben Ukraine laut UN verlassen

Mehr als 5,5 Millionen Menschen sind laut den Vereinten Nationen (UN) seit Beginn des Kriegs am 24. Februar aus der Ukraine geflohen. Die Zahl gehe auf eine Vielzahl von Informationen zurück, teilt das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR mit. Vor allem handele es sich um Zählungen der Behörden an offiziellen Grenzübergängen. (rtr)

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Israel kritisiert Lawrow scharf

Israel übt scharfe Kritik am russischen Außenminister Sergej Lawrow, weil er in einem italienischen Fernseh-Interview suggeriert haben soll, dass Adolf Hitler jüdische Wurzeln gehabt habe. Das israelische Außenministerium fordert eine Entschuldigung von der Regierung in Moskau und teilt mit, den russischen Botschafter zu einem „harten Gespräch“ einbestellt zu haben. Außenminister Jair Lapid wirft Lawrow „eine unverzeihliche, skandalöse Aussage“ vor. (rtr)

Habeck: Werden weiter mit höheren Energiepreisen rechnen müssen

Die Verbraucher in Deutschland müssen sich auf dauerhaft hohe Energiepreise einstellen. „Wir werden weiter mit höheren Preisen rechnen müssen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag in Berlin nach einem Treffen mit Verbänden der mittelständischen Wirtschaft. Der Staat könne nicht alle Energiepreissteigerungen auffangen, weder für Firmen noch für Verbraucher. „Das ist die bittere und die harte Wahrheit.“

Die Bundesregierung habe verschiedene Hilfsprogramme aufgelegt, die Liquidität sichern und Unternehmen im Markt halten sollen. „Sie können aber, und diese harte Botschaft kann ich niemandem ersparen, sie können nicht verhindern, dass die Preise weitergegeben werden.“ Dies müsse die Volkswirtschaft tragen. „Anders kommen wir durch diese Zeit nicht durch“, sagte Habeck.

Die meisten Unternehmen hätten langfristige Verträge. Eine Reihe von Unternehmen spüre die hohen Preise in einer großen Wucht erst ab 2023, die Preise für Produkte würden dann erst nach oben gehen. Man müsse damit rechnen, dass die Phase von günstigen fossilen Energien vorbei sei. Habeck machte zugleich deutlich, dass Preissignale auch dabei helfen, die Energieeffizienz zu erhöhen. (dpa)

Russland und Ukraine vermelden strategische Erfolge

Das russische Verteidigungsministerium meldet den Abschuss eines ukrainischen Kampfjets. Das Flugzeug des Typs MiG-29 sei in der Nähe der ostukrainischen Stadt Slowjansk getroffen worden, teilt das Ministerium mit. Zudem seien 38 militärische Ziele getroffen worden, darunter Munitionslager und Kontrollzentren. Auch zehn ukrainische Drohnen seien zerstört worden.

Die Ukraine meldet die Zerstörung von zwei russischen Patrouillenbooten. Eine ukrainische Drohne des Typs Bayraktar habe die Schiffe aus der Raptor-Serie am frühen Morgen nahe der Schlangeninsel im Schwarzen Meer zerstört, teilt der ukrainische Generalstabschef Walerij Saluschnyj über den Messengerdienst Telegram mit. Aus Moskau gibt es dazu zunächst keine Reaktion. Mitte April war das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte, der Raketenkreuzer „Moskwa“, gesunken. Russland hatte damals die Darstellung der Regierung in Kiew zurückgewiesen, die „Moskwa“ sei von ukrainischen Raketen getroffen worden. Vielmehr habe ein Feuer an Bord eine Munitionsexplosion ausgelöst, das Schiff sei dann in schwerem Seegang beim Abschleppen gesunken. (rtr)

London: Viele russische Truppen nicht mehr kampffähig

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste hat Russland seit seinem Einmarsch in die Ukraine massiv an Kampfstärke eingebüßt. Zu Beginn habe Moskau mehr als 120 sogenannte taktische Bataillonsgruppen eingesetzt, was etwa zwei Dritteln seiner gesamten Bodentruppen entspräche, hieß es in einem am Montag in London veröffentlichten Bericht des Verteidigungsministeriums. Wahrscheinlich seien mittlerweile mehr als ein Viertel dieser Einheiten nicht mehr kampffähig. Insbesondere bei Elitetruppen wie den Fallschirmjägern gebe es hohen Verschleiß. Es könne Jahre dauern, bis Russland seine alte Kampfstärke wieder hergestellt habe.

Schon seit Wochen veröffentlicht die britische Regierung in ungewöhnlich offener Art und Weise regelmäßig Geheimdienstinformationen zum Verlauf des Angriffskriegs. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor. (dpa)

🐾 Ukrainische Stadt nach russischem Abzug

Einen Monat lang war Trostjanez im Osten der Ukraine von russischen Kämpfern besetzt. Sie hinterlassen Tote, eine zerstörte Stadt und viele Fragen, berichtet Juri Larin für die taz.

Weitere Evakuierung aus dem Stahlwerk in Mariupol

Nach einer ersten Evakuierungsaktion sollen am Montagmorgen weitere Zivilisten aus dem heftig umkämpften Asow-Stahlwerk im südukrainischen Mariupol in Sicherheit gebracht werden. Die Evakuierung beginne um 7 Uhr (6 Uhr MESZ), kündigte der Leiter der Militärverwaltung von Donezk, Pawlo Kyrylenko, in der Nacht zum Montag an. Nach zahlreichen gescheiterten Evakuierungsversuchen hatten am Wochenende nach ukrainischen Angaben mehr als hundert Menschen das Stahlwerk verlassen.

Es sei „endlich gelungen“, mit der Evakuierung der Menschen aus dem umkämpften Industriekomplex zu beginnen, sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am Sonntag in einer Videoansprache. „Mehr als hundert Zivilisten sind bereits evakuiert worden – vor allem Frauen und Kinder“, fügte er hinzu. Sie sollen am Montagmorgen in der von der ukrainischen Armee kontrollierten Stadt Saporischschja eintreffen.

Nach Angaben eines UN-Sprechers hatte ein humanitärer Konvoi am Samstagmorgen Mariupol erreicht. Koordiniert wurde die Evakuierungsaktion demnach vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), das sich dazu mit beiden Kriegsparteien abstimmte.

Begleitet von Bewaffneten klettert ein Kind über Trümmer

Einige Zivilist*innen, vor allem Frauen und Kinder, können das Asowstal-Werk in Mariupol verlassen Foto: reuters

Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, am Sonntag seien 80 Zivilisten, die „von ukrainischen Nationalisten festgehalten“ worden seien, aus dem Asow-Stahlwerk evakuiert und in das unter russischer Kontrolle stehende Dorf Besimenne in der Region Donezk gebracht worden. Zivilisten, „die in die vom Kiewer Regime kontrollierten Gebiete wollten, wurden an Vertreter der UNO und des IKRK übergeben“, erklärte das Ministerium weiter.

Bereits am Samstag hatte das russische Verteidigungsministerium die Evakuierung von 46 Zivilisten aus dem Industriegelände bekanntgegeben. Das ukrainische Asow-Regiment meldete am selben Tag dagegen nur rund 20 Evakuierte. (afp)

Ungarn hält an Widerstand gegen Öl- und Gasembargo fest

Trotz zunehmender Rufe in der Europäischen Union nach einem Stopp russischer Öl- und Gasimporte hält Ungarn an seinem Widerstand dagegen fest. „Die ungarische Haltung hinsichtlich eines Öl- und Gasembargos hat sich nicht geändert: Wir unterstützen dies nicht“, antwortet ein Sprecher der Regierung in Budapest in einer E-Mail auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. In Brüssel sollen die EU-Energieminister heute debattieren, ob ein Ölembargo Teil des sechsten Sanktionspakets gegen Russland sein soll. Bundesaußenministerin Baerbock hatte sich am Sonntagabend dafür ausgesprochen. (rtr)

Eine Flüchtlingsunterkunft in Dnipro, 20. April Foto: ap

Russland setzt Angriffe im Osten der Ukraine fort

Russland setzt nach Angaben der Ukraine seine Angriffe im Osten des Landes fort. Die russischen Truppen versuchten, die Stadt Rubischne einzunehmen und bereiteten einen Angriff auf Sjewjerodonezk vor, erklärt der ukrainische Generalstab. Im weiter östlich gelegenen Dnipro traf eine russische Rakete ein Getreidesilo, wie der zuständige Gouverneur Walentyn Resnitschenko mitteilt. Niemand sei verletzt worden.

In der Region Luhansk wurden nach Angaben von Gouverneur Serhij Gaidai in den vergangenen 24 Stunden drei Menschen bei Angriffen getötet. Auf russischem Gebiet kam es am frühen Montagmorgen zu zwei Explosionen in der an die Ukraine grenzenden Region Belgorod. Die Ursache sei unklar, es habe keine Opfer oder Schäden gegeben, teilt Gouverneur Wjatscheslaw Gladkowin in den sozialen Medien mit. (rtr)

Baerbock: Deutschland für Öl-Embargo gegen Russland

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat bekräftigt, dass Deutschland ein Öl-Embargo gegen Russland befürwortet. Man sei jetzt darauf „vorbereitet“, auch mehrere Jahre ohne russisches Öl auszukommen, sagte die Grünen-Politikerin in der ARD. Hintergrund seien neue Lieferverträge. Vor einigen Wochen noch hätte man einen sofortigen Lieferstopp nicht durchstehen können, sagte Baerbock weiter.

Der Anteil russischen Öls am deutschen Ölverbrauch ist seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine binnen weniger Wochen von 35 auf 12 Prozent gesunken. Das geht aus dem neuen Fortschrittsbericht Energiesicherheit der Bundesregierung hervor. Mit einem deutschen Ja zu einem Öl-Embargo wächst der Druck auf die verbliebenen EU-Mitgliedsländer, die in der Diskussion zuletzt noch als Bremser galten.

Die Energieminister der EU-Staaten beraten an diesem Montag bei einem Sondertreffen unter anderem über Russlands Stopp von Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien.

Die westlichen Sanktionen haben laut Baerbock auch den Sinn, Russlands Wirtschaft so zu schwächen, dass es keinen weiteren Krieg beginnen kann. „Natürlich will ich, dass Russland nie wieder einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt“, sagte die Grünen-Politikerin am Sonntagabend in der ARD. „Durch die Sanktionen sorgen wir dafür, dass ein weiteres militärisches Vorgehen in anderen Regionen aus russischer Kraft allein in den nächsten Jahren nicht möglich ist“, fügte sie hinzu. Denn Russland werde durch seinen Angriffskrieg und die westlichen Sanktionen so geschädigt, dass das Land „auf Jahre“ nicht wieder auf die Beine kommen werde. Präsident Wladimir Putin schwäche also sein eigenes Land entscheidend. (dpa/rtr)

Özdemir will Ukraine bei Weizenexport helfen

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will der Ukraine helfen, in ukrainischen Häfen festsitzendes Getreide zu exportieren. Beim G7-Gipfel der Agrarminister Mitte Mai werde er mit seinen Kolleginnen und Kollegen darüber sprechen, wie der Zugang zu den Weltmärkten für die Ukraine gewährleistet werden könne, sagte Özdemir dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Es müssten alternative Verkehrswege ermöglicht werden, führte er aus. „Der Weg über die Schiene kann eine Lösung sein, um Getreide zu exportieren – wenn auch mit viel Aufwand und mit beschränkten Kapazitäten. Wir werden als Bundesregierung alles tun, was geht.“

Probleme beim Transport über die Schiene bereiteten unter anderem unterschiedliche Spurweiten, erklärte Özdemir. Zudem bombardiere Russland nun auch Eisenbahnanlagen.

„Immer wieder erreichen uns Berichte über gezielte Attacken Russlands auf Getreidesilos, Düngerlager, landwirtschaftliche Fläche und Infrastruktur“, fügte der Minister hinzu. Dahinter stecke offenbar der Versuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin, „die Ukraine auch als Konkurrenz langfristig auszuschalten“.

Derzeit sitzen laut UN-Welternährungsprogramm knapp 4,5 Millionen Tonnen Getreide in ukrainischen Häfen und auf Schiffen fest. Die Ukraine war bis Kriegsbeginn einer der weltweit wichtigsten Erzeuger von Weizen sowie ein großer Mais-Produzent. (epd)

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