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+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++Drohnenkrieg und Umbau im Energiesektor

Nach der Korruptionsaffäre in der Ukraine kündigt Präsident Selenskyj Reformen bei Energiekonzernen an. Derweil setzen beide Seiten ihre Angriffe fort.

Wolodymyr Selenskyj steht unter Druck, hier am 24. Oktober in London Foto: Kirsty Wigglesworth/Pool AP/dpa

Russische Drohnen richten Schäden in der Ukraine an

Nächtliche russische Luftangriffe haben in der Ukraine erneut Schäden angerichtet. Russland habe eine Iskander-Rakete und 176 Drohnen eingesetzt, teilte die ukrainische Luftwaffe am Morgen mit. Es sei gelungen, 139 Drohnen abzuschießen oder mit Funkstörungen auszuschalten, dennoch habe es auch 37 Einschläge an 14 verschiedenen Orten gegeben.

Besonders betroffen war die Region Sumy im Nordosten des Landes. Eine 86-Jährige wurde verletzt. Es gebe Schäden an Wohnhäusern, aber auch bei der zivilen Infrastruktur, teilte der regionale Katastrophenschutz mit. Innerhalb der letzten 24 Stunden herrschte in der Region gut 18 Stunden lang Luftalarm.

Auch die südukrainische Region Odessa wurde schwer getroffen. Die russischen Streitkräfte hätten dabei erneut Objekte der Energieinfrastruktur ins Visier genommen, teilte Gouverneur Oleh Kiper mit. So sei auch eine Solaranlage beschädigt worden, schrieb er auf Telegram. Die von ihm dazugestellten Bilder zeigen eine große Anzahl herabgestürzter, zersplitterter und durchlöcherter Solarpanels. (dpa)

Systematischer Beschuss

Russland greift seit Kriegsbeginn systematisch die zivile Infrastruktur des Nachbarlands an. Das Militär in Moskau begründet diese Taktik damit, dass der in Energieanlagen erzeugte Strom auch von der ukrainischen Rüstungswirtschaft genutzt werde. Die Ukrainer leiden schwer unter den häufigen Stromausfällen, teils fallen auch Wasserversorgung und Heizungen aus.

Auch Kiew attackiert inzwischen gezielt die russische Energiewirtschaft – vor allem, um die Treibstoffversorgung des Militärs zu stören. Die Schäden stehen aber in keinem Verhältnis mit dem von Russland verursachten Ausmaß an Zerstörung. (dpa)

Selenskyj kündigt Umbau im Energiesektor an

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor dem Hintergrund eines Korruptionsskandals einen Umbau an der Führungsspitze der wichtigsten Energiekonzerne im Land angekündigt. „Parallel zur vollständigen Überprüfung der finanziellen Tätigkeit muss eine Erneuerung der Verwaltung dieser Unternehmen losgehen“, schrieb er bei Telegram. Er habe sich mit Regierungschefin Julia Swyrydenko über die nächsten Schritte dazu verständigt.

So sollen innerhalb einer Woche die Voraussetzungen für einen neuen Aufsichtsrat bei Energoatom geschaffen werden, auch der Vorstand werde völlig erneuert. Neben Energoatom gibt es aber auch Veränderungen in der Führungsetage des staatlichen Wasserkraftbetreibers Ukrhidroenergo, beim Betreiber des Gaspipelinesystems in der Ukraine und beim staatlichen Energieriesen Naftogaz. Entsprechende Ausschreibungen seien angesetzt. (dpa)

Korruptionsskandal bringt Selenskyj in Bedrängnis

Die Ankündigung gilt als Flucht nach vorn von Selenskyj. Energoatom ist der Konzern, um den sich der Korruptionsskandal dreht. Beim Bau von Schutzanlagen für die Energieinfrastruktur sollen bis zu 100 Millionen an Schmiergeldern geflossen sein – zwei Minister sind wegen der Affäre zurückgetreten. Zwei Verdächtige, darunter ein enger Vertrauter Selenskyjs, haben sich ins Ausland abgesetzt.

Es ist der größte Korruptionsskandal in der Ukraine seit Kriegsbeginn. Für den Präsidenten geht es nun darum, sich von den korrupten Funktionären aus seinem Umfeld abzugrenzen – auch um weitere Hilfen aus dem Ausland für sein kriegsgeplagtes Land nicht zu gefährden. (dpa)

Weiterer Gefangenaustausch geplant

Die Ukraine arbeitet eigenen Angaben zufolge an einer Wiederaufnahme des Austauschs von Kriegsgefangenen mit Russland. „Wir zählen auf die Wiederaufnahme des Austauschs“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag in einer Videobotschaft auf Telegram. Der Chef des ukrainischen Sicherheitsrates, Rustem Umerow, hatte am Samstag mitgeteilt, er habe in der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten mit Unterstützung der Partner der Ukraine über die Wiederaufnahme des Austauschs beraten.

„Als Ergebnis dieser Verhandlungen haben die Parteien vereinbart, zu den Istanbuler Vereinbarungen zurückzukehren“, erklärte Umerow auf Telegram. „Dies betrifft die Freilassung von 1200 Ukrainern.“ Eine Stellungnahme aus Moskau lag zunächst nicht vor. Bei den Istanbuler Vereinbarungen handelt es sich um Absprachen zum Austausch von Gefangenen, die 2022 unter türkischer Vermittlung ausgehandelt wurden. (rtr)

Ukrainische Armee: Russische Ölraffinerie nahe Moskau angegriffen

Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben eine russische Ölraffinerie nahe Moskau angegriffen. Wie die Armee am Samstag in Onlinediensten mitteilte, wurde eine Raffinerie in der Region Rjasan südöstlich der russischen Hauptstadt getroffen. Ziel sei es gewesen, „die Fähigkeit des Feindes für Raketen- und Bombenangriffe zu verringern“. Unterdessen starben bei russischen Angriffen in der Ukraine laut den dortigen Behörden mindestens vier Menschen.

Der Gouverneur von Rjasan, Pawel Malkow, erklärte, die russische Luftabwehr habe in der Nacht 25 ukrainische Drohnen über der Region abgeschossen. „Herabfallende Trümmer verursachten einen Brand auf dem Gelände eines Unternehmens“, schrieb Malkow im Onlinedienst Telegram.

Der Angriff erfolgte einen Tag, nachdem Russland Wohnblocks in der ukrainischen Hauptstadt Kiew angegriffen hatte, wobei laut jüngsten Angaben der Behörden sieben Menschen getötet wurden.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 feuert Russland fast täglich Drohnen und Raketen auf die Ukraine ab. Kiew reagiert mit Angriffen auf russisches Territorium, insbesondere auf Einrichtungen der Energieinfrastruktur.

Unterdessen teilten Behörden im Süden der Ukraine mit, dass bei russischen Angriffen am Samstag mindestens vier Menschen getötet worden seien. Die Staatsanwaltschaft der Region Cherson erklärte, dass drei Zivilisten im Dorf Myklitskyi und in der Stadt Cherson getötet worden seien. Der Gouverneur der Region Saporischschja, Iwan Fedorow, sagte, bei einem russischen Angriff sei ein Mensch gestorben. (afp)

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