+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Großauftrag für Rheinmetall
Die Bundeswehr bestellt Artilleriemunition für bis zu 8,5 Milliarden Euro – für sich und die Ukraine. Der Weg für Rutte als Nato-Generalsekretär ist frei.
Bundeswehr bestellt Artilleriemunition bei Rheinmetall
Die Bundeswehr hat beim Rüstungskonzern Rheinmetall Artilleriemunition für bis zu 8,5 Milliarden Euro bestellt. Ein entsprechender Rahmenvertrag für die Lieferung von Munition des Kalibers 155 Millimeter sei am Donnerstag unterzeichnet worden, teilte das Unternehmen in Düsseldorf mit. Die Bestellung dient demnach vor allem der Aufstockung der Lagerbestände bei der Bundeswehr und bei verbündeten Staaten sowie „der Unterstützung der Ukraine bei ihrem Abwehrkampf“ gegen Russland.
Der seit Juli 2023 bestehende Rahmenvertrag hatte einen Maximalwert von rund 1,3 Milliarden Euro, nun wurde dieser Vertrag um 7,2 Milliarden Euro aufgestockt. Die Anzahl der bestellten Geschosse, die 40 Kilometer weit geschossen werden können und ein Kaliber von 155 Millimetern haben, wurde nicht genannt – es dürften mehrere Millionen sein. Produziert wird vor allem im niedersächsischen Unterlüß.
Rheinmetall-Chef Armin Papperger sprach vom „größten Auftrag unserer jüngeren Firmengeschichte“. Die Bundesregierung halte damit Wort und sichere die Auslastung des künftigen Rheinmetall-Werks in Unterlüß in Niedersachsen.
Der Beginn der Lieferungen soll ab Anfang 2025 erfolgen, wie Rheinmetall mitteilte. „Abnehmerin wird in erster Linie die Bundesrepublik Deutschland sein, die einen Teil der Lieferungen der Ukraine zur Verfügung stellen wird.“ Das von Russland angegriffene Land hatte bereits Munitionslieferungen aus Deutschland bekommen, künftig sollen weitere Lieferungen folgen. Der Beginn der Lieferungen aus dem nun gültigen Rahmenvertrag soll Anfang 2025 erfolgen, diese erste Tranche ist den Angaben zufolge 880 Millionen Euro wert.
Wie lange der Rahmenvertrag gilt, ist unklar – die im vergangenen Jahr abgeschlossene Vereinbarung hatte eine Laufzeit von sechs Jahren. Zudem seien die Partnerländer Niederlande, Estland und Dänemark an der Bestellung beteiligt. Der Vertrag wurde durch das Bundeswehr-Ausrüstungsamt BAAINBw geschlossen. Rheinmetall ist Deutschlands größte Waffenschmiede, sie stellt auch Panzer, Militär-Lastwagen und Geschütze her. (afp/dpa)
Rutte nun einziger Kandidat für Nato-Generalsekretär
Der rumänische Staatspräsident Klaus Iohannis hat sich aus dem Rennen um das Amt des nächsten Nato-Generalsekretärs zurückgezogen und damit den Weg für den scheidenden niederländischen Regierungschef Mark Rutte freigemacht. Dieser dürfte das Amt nun ab Oktober übernehmen. Das Büro von Iohannis erklärte am Donnerstag, der rumänische Sicherheitsrat unterstütze Ruttes Kandidatur. Iohannis habe die Nato bereits Ende vergangener Woche über seinen geplanten Rückzug informiert.
Sein Schritt war die letzte echte Hürde, die Rutte überwinden musste. Beim geplanten Gipfel zum 75. Jahrestag der Nato-Gründung vom 9. bis 11. Juli in Washington kann das Militärbündnis damit voraussichtlich wie angestrebt ein Zeichen der Einigkeit und der Solidarität mit der von Russland angegriffenen Ukraine setzen.
Am Dienstag hatte bereits Ungarn seinen Widerstand gegen eine Kandidatur Ruttes aufgegeben. Dieser hatte schriftlich versichert, dass er Budapest im Fall seiner Ernennung nicht zu einer Teilnahme an neuen Nato-Plänen zur Unterstützung der Ukraine zwingen werde. Die Türkei hatte ihren Widerstand bereits im April aufgegeben.
Rutte ist seit Monaten der bevorzugte Kandidat der Mehrheit der Nato-Verbündeten, darunter große Mitglieder wie die USA und Deutschland. Amtsinhaber Jens Stoltenberg scheidet nach einem Jahrzehnt aus. Über seine Nachfolge konnten sich die 32 Verbündeten aber lange nicht einigen. (ap)
Großangriff auf ukrainische Energieeinrichtungen
Russland hat bei einem Großangriff auf ukrainische Energieeinrichtungen und wichtige Infrastruktur im Zentrum und im Osten der Ukraine nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe neun Raketen und 27 Schahed-Drohnen eingesetzt. Alle Drohnen und fünf Marschflugkörper seien abgefangen worden, hieß es am Donnerstag. Das staatliche Energieunternehmen Ukrenerho berichtete, es seien Anlagen in den Regionen Donezk, Dnipropetrowsk, Kiew und Winnyzja getroffen worden. Dabei seien „umfangreiche Schäden“ entstanden. Sieben Arbeiter seien verletzt worden. Das Unternehmen gab längere Stromausfälle bekannt.
Das private Energieunternehmen DTEK teilte in den sozialen Medien mit, drei seiner Angestellten seien bei einem Angriff auf eines seiner Kraftwerke verletzt worden. Wo dieser stattfand, wurde nicht näher angegeben. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die Angriffe hätten auf Energieeinrichtungen gezielt, die für die Herstellung von Waffen und Militärausrüstung benötigt würden.
Um die russische Kriegsmaschinerie zu beeinträchtigen, hat die Ukraine in den vergangenen Monaten verstärkt russisches Territorium angegriffen. Der ukrainische Sicherheitsdienst SBU attackierte in der Nacht zu Donnerstag Einrichtungen in Russland mit Drohnen, in denen Rohöl verarbeitet und gelagert wurde, mit denen das russische Militär beliefert wird. Die Angriffe hätte Feuer ausgelöst, sagte ein Sicherheitsbeamter in Kiew der Nachrichtenagentur AP. Er wollte anonym bleiben. (ap)
Rumänien will Ukraine ein Patriot-System liefern
Das Nato-Mitglied Rumänien will die Ukraine angesichts des russischen Angriffskriegs mit der Lieferung eines Patriot-Systems unterstützen, fordert zum Ausgleich aber seinerseits Unterstützung durch die Nato-Partner. In Anbetracht der „erheblichen Verschlechterung der Sicherheitslage in der Ukraine“ hätten die Mitglieder des Obersten Rats für Nationale Verteidigung beschlossen, Kiew „in enger Abstimmung mit den Verbündeten ein Patriot-System“ zu überlassen, hieß es in einer Erklärung am Donnerstag.
Rumänien verhandelt demnach im Gegenzug mit seinen Nato-Partnern, insbesondere den USA, „um ein ähnliches System zu erhalten, um den Schutz seines Luftraums sicherzustellen“. Der rumänische Präsident Klaus Iohannis hatte Anfang Mai bei einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden gewarnt, es wäre „inakzeptabel, Rumänen ohne Mittel zur Luftverteidigung zu lassen“. (afp)
Habeck dankt Südkorea für Unterstützung im Ukraine-Krieg
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat Südkorea für die gemeinsame Haltung im Ukraine-Krieg gedankt. Er lobte das Land bei einem Besuch in der Hauptstadt Seoul am Donnerstag als Wertepartner, der sich „klar auf die Seite der Freiheit und der liberalen Demokratien gestellt hat, die Sanktionen im Wesentlichen immer übernimmt und das auch in Zukunft tun wird“. Der Bundeswirtschaftsminister ergänzte: „Dafür möchte ich mich ganz, ganz herzlich bedanken.“
Dass Südkorea keine Waffen an die Ukraine liefert, wollte Habeck nicht kritisieren. „Korea liefert Waffen an Länder, die wiederum bereit sind, der Ukraine Waffen zur Verfügung zu stellen“, sagte Habeck. „Über den so genannten Ringtausch“ werde das System dann schlüssig. (dpa)
Diplomaten – EU-Staaten bei 14. Sanktionspaket einig
Die EU-Staaten haben sich Diplomaten zufolge auf ein 14. Sanktionspaket gegen Russland wegen dessen Krieg in der Ukraine geeinigt. Durch das Schließen von Schlupflöchern werde die Wirkung bestehender Strafmaßnahmen maximiert, erklärte die belgische Ratspräsidentschaft am Donnerstag. Das Paket soll den Angaben zufolge am Montag bei einem EU-Außenministertreffen formell abgesegnet werden.
Erstmals wird nach Diplomatenangaben auch russisches Flüssigerdgas ins Visier genommen. Künftig darf dieses in EU-Gewässern nicht mehr für den Weiterexport in andere Länder umgeladen werden. Auf Drängen Deutschlands sei zudem in dem neuen Paket auf eine Maßnahme verzichtet worden, die Tochtergesellschaften von EU-Unternehmen in Drittländern gezwungen hätte, den Reexport ihrer Waren nach Russland vertraglich zu verbieten.
Die EU ist bestrebt, den Fluss von Dual-Use-Technologien wie Chips in Waschmaschinen zu stoppen, die von Russland für militärische Zwecke verwendet werden könnten. Ein EU-Diplomat sagte, die Maßnahme könne später aufgenommen werden. (rtr)
Zwei Belugawale aus Ukraine nach Spanien gebracht
In einer aufwändigen Evakuierungsaktion sind zwei Belugawale aus der umkämpften ukrainischen Region Charkiw nach Spanien gebracht worden. Die beiden Meeressäuger im Alter von 14 und 15 Jahren seien am Dienstagabend nach einer „zermürbenden Reise“ in Valencia eingetroffen, teilte das Oceanogràfic-Aquarium in der spanischen Hafenstadt am Mittwoch mit.
Die Wale wurden demnach zunächst auf dem Landweg aus Charkiw im Nordosten der Ukraine zum Hafen von Odessa im Süden des Landes transportiert. Anschließend wurden sie über die Grenze in die moldauische Hauptstadt Chisinau gebracht. Von dort aus wurden sie an Bord eines gecharterten Flugzeugs nach Valencia geflogen.
Die Rettungsaktion, an der auch Experten aus den USA beteiligt waren, sei „sehr risikoreich und komplex“ gewesen und habe eine multinationale Zusammenarbeit erfordert, hieß es in der Mitteilung des Oceanogràfic-Aquariums. Zwei ukrainische Pfleger werden mehrere Wochen lang bei den Walen in Valencia bleiben, um ihnen bei der Eingewöhnung zu helfen.
„Diese mutige Rettung ist ein historischer Meilenstein für den Tierschutz weltweit“, sagte der Chef der Regionalregierung von Valencia, Carlos Mazón.
Die russische Armee hatte ihre Artillerieangriffe auf Charkiw in den vergangenen Wochen intensiviert. Dabei schlugen auch Geschosse in der Nähe des Aquariums ein, in dem die beiden Walen untergebracht waren. Seit dem Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 hat das Nemo-Delfinarium in Charkiw bereits mehrere Robben, Seelöwen und Delfine evakuiert. Der Transport der beiden Belugawale erforderte aufgrund ihrer Größe monatelange Vorbereitungen. (afp)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland