+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Angriffe auf Süden der Ukraine
Selenski sagt nach dem Flugzeugabsturz, Russland spiele mit dem Leben gefangener Soldaten. Er fordert internationale Zusammenarbeit.
Deutschland erwägt Marschflugkörper-Ringtausch
Deutschland will sich möglicherweise über einen Ringtausch an der Lieferung von Marschflugkörpern in die Ukraine beteiligen. Nach dpa-Informationen gibt es Überlegungen, Nato-Partnern wie Großbritannien oder Frankreich Taurus-Raketen der Bundeswehr zu liefern. Im Gegenzug würden diese Länder dann ähnliche, nicht ganz so leistungsstarke Waffensysteme in die Ukraine exportieren.
Das „Handelsblatt“ berichtete unter Berufung auf Diplomaten und Regierungsvertreter, Großbritannien habe bereits vor Wochen angeboten, der Ukraine im Gegenzug für Taurus weitere seiner Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow überlassen zu wollen. Dieses Angebot werde noch geprüft. Das Kanzleramt wollte den Bericht am Mittwochabend nicht kommentieren.
Die Ukraine hatte die Bundesregierung bereits im Mai vergangenen Jahres offiziell um Taurus-Marschflugkörper gebeten. Die Waffen können Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung mit großer Präzision treffen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich Anfang Oktober vorerst gegen eine Lieferung entschieden. Dahinter steckt die Befürchtung, dass der Beschuss russischen Territoriums mit den deutschen Raketen zu einer weiteren Eskalation des Konflikts führt und Deutschland mit hineingezogen wird. Moskau liegt etwas weniger als 500 Kilometer Luftlinie von der ukrainischen Grenze entfernt, also in Taurus-Reichweite.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba war den deutschen Bedenken in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview von „Bild“, Welt.tv und Politico erneut entgegen getreten. „Wir brauchen keinen Taurus, um Moskau anzugreifen“, versicherte er. Er betonte, dass die Ukraine das Waffensystem stattdessen benötige, um die russische militärische Infrastruktur auf dem von Moskau besetzten ukrainischen Gebiet zu zerstören.
Großbritannien und Frankreich liefern der Ukraine zu diesem Zweck bereits seit langem Marschflugkörper der praktisch identischen Typen Storm Shadow und Scalp. Diese gelten aber als nicht so präzise und leistungsstark wie Taurus. Der französische Verteidigungsminister Sébastian Lecornu kündigte erst vor wenigen Tagen die Lieferung weiterer 40 Scalp-Raketen an. Frankreich soll knapp 400 davon haben. Der Taurus-Bestand der Bundeswehr liegt nach Experten-Schätzung bei etwa 500.
In den Koalitionsfraktionen im Bundestag trifft die Ringtausch-Idee auf ein geteiltes Echo. Der für Verteidigung zuständige SPD-Haushaltsexperte Andreas Schwarz sagte dem „Handelsblatt“: „Wenn es der Ukraine nutzt, dann ist das sicherlich eine Option im Zuge der internationalen Zusammenarbeit.“
Für die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, ist ein Ringtausch dagegen keine gute Lösung. „Die Ukraine braucht Taurus, und zwar sofort“, sagte sie. Der Sinn eines Ringtauschs erschließe sich ihr nicht. „Dann ist Taurus für die Bundeswehr nicht mehr vorhanden und die Ukraine hat trotzdem keine. Storm Shadow ist kein gleichwertiger Ersatz. Insofern ist der Vorschlag untauglich.“ (dpa)
Elf von 14 russischen Drohnen abgefangen
Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des ukrainischen Militärs in der Nacht zu Donnerstag mit 14 Drohnen und fünf Raketen angegriffen. Elf Drohnen seien von Luftabwehrsystemen abgefangen und zerstört worden, erklärt die Luftwaffe auf dem Kurzmitteilungsdienst Telegram. Ziel der Angriffe sei vor allem der Süden der Ukraine gewesen.
Der Gouverneur der dort gelegenen Oblast Odessa, Oleh Kiper, teilt auf Telegram mit, dass zwei Menschen bei Angriffen auf die Hafenstadt verletzt wurden. Trotz der effektiven Luftabwehr seien eine Industrieanlage und Wohngebäude getroffen und zivile Infrastruktur beschädigt worden. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Aus Russland gibt es zunächst keine Stellungnahme. (rtr)
Brand gelöscht, Ursache unklar
Der Brand in einer großen Ölraffinerie in der südrussischen Küstenstadt Tuapse ist nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA gelöscht worden. Die Ursache des Brands ist weiterhin unklar.
In der Nacht war in einer großen Ölraffinerie in der südrussischen Stadt Tuapse ein Brand ausgebrochen. Der Flugverkehr in der etwa 100 Kilometer entfernten Küstenstadt Sotschi sei vorerst eingestellt worden. Besatzungen und Fluglotsen hätten alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um die Flugsicherheit in der Region zu gewährleisten. Inoffizielle Telegram-Kanäle zeigen Bilder des Brands und machen Drohnen dafür verantwortlich. Dafür gibt es aber bisher keine offizielle Bestätigung. (rtr)
Selenski: Russland spielt mit Leben gefangener Soldaten
Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski spielt Russland mit dem Leben gefangener Soldaten. „Es ist klar, dass die Russen mit dem Leben der ukrainischen Gefangenen, den Gefühlen ihrer Angehörigen und den Emotionen unserer Gesellschaft spielen“, sagte Selenski. Dem russischen Außenministerium zufolge hat die Ukraine eine russische Transportmaschine mit ukrainischen Kriegsgefangenen abgeschossen. Nach Angaben des ukrainischen Militärs landen im Zusammenhang mit russischen Raketenangriffen auf Charkiw und andere Städte vermehrt russische Militärtransportmaschinen in der russischen Grenzstadt Belgorod. (rtr)
„Ziel: Internationale Unterstützung schwächen“
Der Kommandeur der ukrainischen Luftwaffe beschuldigt Russland, die Ukraine wegen des Absturzes eines Flugzeugs in Südrussland in Misskredit bringen zu wollen. „Das Ziel ist offensichtlich: Sie wollen die internationale Unterstützung für unseren Staat schwächen. Das wird nicht funktionieren!“ schrieb Mykola Oleschtschuk auf Telegram. „Die Ukraine hat das Recht, sich zu verteidigen und die Mittel des Luftangriffs der Aggressoren zu zerstören.“ (rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja