+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: US-Verteidigungsminister in Kyjiw
Die Ukraine hat am Wochenende Drohnenangriffe aus Russland abgewehrt. Am Montag kommt unangekündigter Besuch vom US-Verteidigungsministerium.
Berichte von Gefechten an der Front
Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben an der etwa 1.000 Kilometer langen Front im Osten und Süden erneut Dutzende russischer Angriffe abgewehrt. Der Lagebericht des Generalstabs in Kyjiw von Montagmorgen verzeichnete für Sonntag 46 russische Sturmangriffe. Sie seien alle zurückgeschlagen worden, hieß es. Schwerpunkte seien die Städte Marjinka (16 russische Angriffe) und Awdijiwka (12 Angriffe) nahe der russisch kontrollierten Donbass-Hauptstadt Donezk gewesen.
Diese Militärangaben sind nicht sofort unabhängig überprüfbar. Allerdings lassen die genannten Zahlen der Einzelgefechte jeweils auf die Intensität der Kämpfe schließen. Internationale Beobachter wie das Institut für Kriegssstudien in den USA (ISW) bestätigten die heftigen Kämpfe um Awdijiwka. Russische Truppen versuchen seit Wochen, die ukrainischen Verteidiger in der Stadt einzukesseln. Derzeit mache das nasse Herbstwetter beiden Seiten das Kämpfen schwer, hieß es aus dem britischen Verteidigungsministerium.
Nach zwei Nächten mit schweren russischen Luftangriffen war es den ukrainischen Angaben zufolge in der Nacht auf Montag ruhig. Die Ukraine wehrt seit fast 21 Monaten eine großangelegte russische Invasion ab. (dpa)
US-Verteidigungsminister Austin besucht Kyjiw
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin ist zu einem unangekündigten Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw eingetroffen. Geplant seien Gespräche mit der ukrainischen Führung, schrieb Austin am Montag im sozialen Netzwerk X (früher Twitter). Er bringe eine wichtige Botschaft: „Die USA werden der Ukraine weiter beistehen in ihrem Kampf für Freiheit von der russischen Aggression, sowohl jetzt wie in Zukunft.“
Schon am Vortag hatte Austin nach Pentagon-Angaben mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umjerow telefoniert. Sie bereiteten die kommenden Beratungen der Länder vor, die die Ukraine militärisch unterstützen. Das sogenannte Ramstein-Format tagt am kommenden Mittwoch, 22. November, als Video-Konferenz. Mit Austin kam der Oberbefehlshaber der US-Truppen in Europa, General Christopher Cavoli, nach Kyjiw, wie Botschafterin Bridget Brink mitteilte.
Kein anderes Land hat der Ukraine mit so großen Waffenlieferungen geholfen wie die USA. Allerdings ist die Fortsetzung der Hilfen im US-Kongress umstritten; die Regierung von Präsident Joe Biden muss um die Freigabe der Mittel kämpfen. (dpa)
Ukrainisches Militär hält Positionen auf linkem Dnipro-Ufer
Das ukrainische Militär setzt sich eigenen Angaben zufolge in der umkämpften Region Cherson südöstlich des Flusses Dnipro fest. „Die Verteidigungskräfte halten weiterhin Stellungen am linken Ufer des Dnipro in der Region Cherson“, teilte der Generalstab am Sonntagabend auf Facebook mit. Zuvor hatte die Sprecherin der Kommandostelle Süd, Natalja Humenjuk, gesagt, die ukrainischen Armee habe die Russen am bis vor kurzem noch vollständig besetzten linken Ufer nun schon drei bis acht Kilometer vom Fluss weggedrängt. Auch internationale Beobachter hatten zuletzt von Vorstößen der Ukrainer in dem Gebiet berichtet.
Cherson in der Südukraine war kurz nach dem russischen Einmarsch am 24. Februar 2022 größtenteils besetzt worden. Im November vergangenen Jahres dann gelang es der ukrainischen Armee, die auf der rechten Flussseite gelegenen Teile des Gebiets zu befreien – darunter auch die gleichnamige Gebietshauptstadt Cherson. Die Orte auf der linken Flussseite aber hielten die Russen weiterhin besetzt. (dpa)
Leiterin von medizinischer Abteilung der Armee entlassen
Rund 21 Monate nach dem russischen Einmarsch hat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in seiner Armee die bisherige Leiterin der medizinischen Abteilung entlassen. Die Position von Generalmajorin Tetjana Ostaschtschenko werde künftig Anatolij Kasmirtschuk übernehmen, sagte Selenski in seiner abendlichen Videoansprache am Sonntag. Kasmirtschuk leitete bislang das nationale Militärkrankenhaus in Kyjiw. „Es bedarf eines fundamental neuen Levels von medizinischer Unterstützung für unser Militär“, fügte der Staatschef hinzu. Genauer erläuterte er die Entscheidung zunächst nicht.
Ostaschtschenko war im Jahr 2021 – also noch vor Kriegsbeginn – zur Befehlshaberin des Kommandos Medizinische Kräfte der ukrainischen Armee ernannt worden. Sie war die erste Frau in dieser Position. Zuletzt aber häuften sich offenbar Beschwerden von Militärärzten und Sanitätern an ihrer Arbeit. Vor rund einer Woche dann berichtete das Internetportal Ukrajinska Prawda, Verteidigungsminister Rustem Umjerow erwäge, die Entlassung der Generalmajorin zu beantragen. (dpa)
Ukraine wehrt Drohnenangriffe ab
Die ukrainische Flugabwehr hat nach eigenen Angaben erneut den Großteil russischer Drohnenangriffe in verschiedenen Teilen des Landes abgewehrt. In der Nacht zum Sonntag seien 15 von insgesamt 20 Kamikaze-Drohnen vom iranischen Typ Shahed-136/131 vernichtet worden, teilten die Luftstreitkräfte mit. Ziel war demnach einmal mehr auch die Hauptstadt Kyjiw und deren Umgebung. Im Kyjiwer Gebiet sei ein Infrastruktur-Objekt beschädigt worden, teilten die Behörden dort mit. Es gebe aber keine Opfer oder Verletzte, hieß es.
„Die zweite Nacht hintereinander haben die russischen Terroristen unser Gebiet mit Drohnen angegriffen. Der Luftalarm dauerte beinahe fünf Stunden lang“, teilte der Chef der Militärverwaltung des Gebiets, Ruslan Krawtschenko, in seinem Kanal bei der Plattform Telegram mit. Demnach musste an dem beschädigten Objekt, zu dem keine Details genannt wurden, ein Brand gelöscht werden. Bereits in der Nacht zum Samstag hatte Russland das Gebiet und andere Teile der Ukraine mit Drohnen beschossen, 29 von 38 waren laut Flugabwehr vernichtet worden. (dpa)
Selenski dankt Deutschland und will Flugabwehr stärken
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat eine Stärkung insbesondere der eigenen Flugabwehr angekündigt. Schritte zur Sicherung des Landes würden in den nächsten Wochen folgen, sagte Selenski am Samstag in seiner täglichen Videobotschaft. Dabei dankte er auch Deutschland für die Zusage von weiteren Militärhilfen an die Ukraine.
Anfang der Woche hatte die Bundesregierung angekündigt, die Militärhilfe für die Ukraine im kommenden Jahr von vier auf acht Milliarden Euro aufstocken zu wollen. Neben Deutschland bedankte sich Selenski auch bei Finnland und Litauen für neue Rüstungspakete. (dpa)
Zwei Tote bei russischen Angriffen
Bei russischen Angriffen auf die Region Saporischschja im Südosten der Ukraine sind nach Behördenangaben zwei Sanitäter getötet worden. Bei einem Raketeneinschlag in dem Dorf Komyschuwacha nahe der Front seien zunächst vier Einwohner verletzt worden, erklärte die ukrainische Polizei am Samstag. Nach dem Eintreffen von Rettungskräften vor Ort habe es einen weiteren Angriff gegeben, bei dem zwei Sanitäter getötet und drei weitere verletzt wurden.
Wie ukrainische Rettungsdienste mitteilten, wurde in der südlichen Region Odessa eine Energieanlage getroffen. Ein dadurch verursachtes Feuer konnte demnach rasch gelöscht werden.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hatte am Donnerstag gewarnt, dass Russland derzeit die Zahl seiner Raketen erhöhe, um im Winter erneut wichtige Infrastruktur in der Ukraine anzugreifen. Bereits im vergangenen Winter hatte Moskau gezielt für die Energie- und Wärmeversorgung wichtige Einrichtungen ins Visier genommen. (afp)
Stromausfall in Hunderten ukrainischer Orte
Nach einer russischen Angriffswelle auf die Ukraine ist laut dem Energieministerium in mehr als 400 Orten des Landes der Strom ausgefallen. Vor allem im Süden um die Hafenstadt Odessa und im Südosten im Gebiet Saporischschja seien Stromnetze beschädigt worden, teilte das Ministerium am Samstag mit.
Der Luftwaffe zufolge dauerten die Angriffe von Freitagabend bis Samstag in die frühen Morgenstunden. Russland habe 38 Schahed-Drohnen aus iranischer Fertigung auf die Ukraine abgefeuert. Davon habe die ukrainische Luftverteidigung 29 abschießen können. Auch Drohnen mit Ziel Kyjiw seien abgeschossen worden. Es handelte sich um den zweiten Angriff auf die Hauptstadt in diesem Monat.
In 416 Siedlungen im Süden und Südosten der Ukraine fiel der Strom aus, wie das Energieministerium mitteilte. Dasselbe sei in der nördlichen Region Tschernihiw in sechs Orten passiert. Im vergangenen Winter hatte Russland mit Hunderten Raketen und Drohnen die Infrastruktur ins Visier genommen. Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer mussten daraufhin in der Kälte ohne Strom, Heizung und Wasser auskommen. (rtr)
Unicef: Dramatische Lage der Kinder in der Ukraine
Das UN-Kinderhilfswerk Unicef warnt davor, die dramatische Lage von Kindern und Jugendlichen in der Ukraine aus dem Blick zu verlieren. „Es gibt in der ganzen Ukraine inzwischen kein Kind mehr, das von diesem Krieg verschont geblieben ist“, sagte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider, dem Kölner Stadt-Anzeiger (Samstag) nach der Rückkehr von einer Informationsreise in die Region. Es sei entscheidend, „die Not leidende Bevölkerung in der Ukraine gerade jetzt nicht zu vergessen, da sich alle Blicke auf die Krisenregion in Nahost richten“.
Notwendig sei unter anderem eine psychologische Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die von den seelischen Belastungen des Kriegs schwer betroffen seien. „Mit aller Vorsicht schätzen wir die Zahl behandlungsbedürftiger Minderjähriger auf 1,5 Millionen.“
Auch die Schäden an der Bildungsinfrastruktur seien enorm, erklärte Schneider. So seien in Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, mehr als ein Drittel aller Schulen ganz oder teilweise zerstört. Aus Angst vor russischen Luftangriffen gebe es in der ganzen Stadt keine einzige Schule mit Präsenzunterricht mehr. (epd)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil