+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Moskau reklamiert Sieg in Soledar
Die ostukrainische Kleinstadt soll unter russischer Kontrolle sein. Frankreich will der Ukraine innerhalb von zwei Monaten Spähpanzer liefern.
Sachverständige: Nord Stream 2 war unnötig
Die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 ist nach Ansicht von Wissenschaftlern auch nach dem Wissensstand vor Baubeginn für die Gasversorgungssicherheit in Deutschland und Europa nicht zwingend notwendig gewesen. Neben dem Wirtschaftswissenschaftler Christian von Hirschhausen, der bereits 2018 vor dem Projekt warnte, sagte am Freitag auch der Direktor der Prognos AG, Jens Hobohm, im Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtags, dass aus seiner Sicht der Bau nicht nötig war. 2017 hatte Prognos eine Studie im Auftrag der Nord Stream 2 AG angefertigt, die zum Ergebnis kam, dass der Gasimportbedarf in Europa steigen werde und aus LNG und aus Russland befriedigt werden könne. Nord Stream 2 ging wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht in Betrieb. Im September 2022 wurde die Pipeline durch eine Sprengstoffexplosion schwer beschädigt. (dpa)
Bundesregierung: Lieferung ohne Zustimmung illegal
Der Bundesregierung liegen eine Woche vor den neuen Ramstein-Gesprächen über Militärhilfe für die Ukraine keine Anträge auf eine Überlassung von Leopard-Kampfpanzern vor. „Es gibt keine Frage, auf die wir Nein sagen müssten, sondern wir sagen im Moment, dass wir uns in einem ständigen Austausch darüber befinden, was zu diesem Zeitpunkt das Richtige ist und wie wir die Ukraine unterstützen“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin. Einen sehr engen Austausch gebe es vor allem mit den USA, mit Frankreich, mit Großbritannien, aber auch mit Polen und mit Spanien.
Auf die Frage, was eine Weitergabe der Panzer aus deutscher Produktion ohne Zustimmung Deutschlands bedeuten würde, sagte sie: „Das wäre ja rechtswidrig. Es braucht ja die Zustimmung der Bundesregierung dazu. Das sind die Regeln.“ Die Bundesregierung erwarte das auch nicht. „Das ist nichts, was uns umtreibt oder was wir befürchten. Ich halte das nicht für eine realistische Annahme“, sagte sie. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, nötig seien sogenannte Reexportgenehmigungen. Die Vorgaben dafür seien im Kriegswaffenkontrollgesetz und im Außenwirtschaftsgesetz geregelt. (dpa)
Moskau: Kontrolle über Soledar übernommen
Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben die vollständige Kontrolle über die heftig umkämpfte Stadt Soledar im Osten der Ukraine übernommen. „Am Abend des 12. Januar wurde die Befreiung der Stadt Soledar abgeschlossen“, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Freitag. Dieser Sieg sei „wichtig für weitere Offensivoperationen“ in der Region Donezk.
Die vollständige Kontrolle über die Stadt ermögliche es, „die Nachschublinien der ukrainischen Streitkräfte, die sich in der Stadt (Bachmut) im Südwesten befinden, zu unterbrechen und dann die dort befindlichen ukrainischen Einheiten einzukesseln“ sagte Konaschenkow nun. Die Eroberung von Soledar sei durch „ständige Angriffe auf den Feind“ durch die russische Luftwaffe und Artillerie ermöglicht worden.
Er sagte auch, dass russische Fallschirmjäger „ein verstecktes Manöver“ durchgeführt hätten, indem sie aus einer „anderen Richtung“ die ukrainischen Truppen in Soledar angegriffen hätten. Dadurch seien „Höhen besetzt und die Stadt von Norden und Süden her blockiert“ worden. Die Nachrichtenagentur AFP konnte diese Aussagen bislang nicht aus unabhängiger Quelle bestätigen.
Zuvor hatte die russische Söldnertruppe Wagner, die in zunehmender Konkurrenz zur russischen Armee steht, die Eroberung von Soledar für sich in Anspruch genommen. Ihr Gründer Jewgeni Prigoschin gab dies am Mittwoch bekannt. Der Kreml hatte dies zunächst nicht bestätigt. (afp)
Totalenergies nimmt LNG-Terminal in Lubmin in Betrieb
Das Importterminal für Flüssiggas (LNG) in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern ist nach Angaben des französischen Energiekonzern Totalenergies in Betrieb genommen worden. Totalenergies werde die Anlage auch beliefern und so „einer der wichtigsten LNG-Lieferanten für Deutschland“ werden, erklärte der Konzern am Freitag. Das schwimmende Terminal an der Ostseeküste soll am Samstag feierlich eingeweiht werden, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nehmen daran teil.
Im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine treibt die Bundesregierung den Aufbau von Importinfrastruktur von LNG, das per Schiff geliefert wird, voran und hat dafür die Genehmigungsverfahren massiv gelockert. Fünf schwimmende LNG-Terminals hat die Regierung selbst gechartert. Eines davon hat in Wilhelmshaven im Dezember den Betrieb aufgenommen. (afp)
Ukraine: Sind de facto Nato-Mitglied
Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksyj Resnikow betrachtet sein Land als De-facto-Mitglied der Nato. Das sagte Resnikow einem BBC-Bericht vom Freitag zufolge. „Wir haben Waffen und das Wissen, wie man sie benutzt“, sagte der Minister demnach zur Begründung. Für kontrovers hält er diese Sichtweise nicht. „Es ist eine Tatsache“, so Resnikow laut BBC. Er hoffe zudem, dass ein Land auch bald förmlich der westlichen Verteidigungsallianz beitreten werde. (dpa)
Kasachstan liefert 300.000 Tonnen Öl durch Russland
Die rohstoffreiche Republik Kasachstan in Zentralasien will im ersten Quartal 300.000 Tonnen Öl durch Russland nach Deutschland liefern. Damit soll das von der EU im Zuge von Moskaus Krieg gegen die Ukraine mit Sanktionen belegte russische Öl ersetzt werden. Allerdings verdient die Rohstoffgroßmacht Russland nun kräftig an den Transitgebühren, weil das „schwarze Gold“ durch Tausende Kilometer Ölpipelines des Moskauer Staatskonzerns Transneft geleitet wird. Der kasachische Ölkonzern Kaztransoil teilte am Freitag in der Hauptstadt Astana mit, dass das Öl von einer polnischen Abnahmestelle weiter nach Deutschland geleitet werde.
Seit Anfang Januar importiert Deutschland wegen des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Krieges gegen die Ukraine kein Öl mehr aus Russland. Vor allem die PCK-Raffinerie Schwedt in Brandenburg ist deshalb auf Ersatz angewiesen und erwartet eine höhere Auslastung durch zeitnahe Lieferungen. Nach früheren kasachischen Angaben ist das durch Russland geleitete Öl für Schwedt bestimmt. Durch die Transitgebühren kann Russland auch weiter seine Kriegswirtschaft finanzieren, ohne eigenes Öl zu verkaufen. (dpa)
Nato verlegt Awacs-Aufklärungsflugzeuge
Die Nato will angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine mehrere ihrer normalerweise in Deutschland stationierten Awacs-Aufklärungsflugzeuge nach Rumänien verlegen. Die Maschinen sollen die verstärkte Präsenz des Bündnisses in der Region unterstützen und russische Militäraktivitäten überwachen, wie die Nato-Kommandobehörde zur Führung von Luftstreitkräften am Freitag mitteilte.
Die Awacs werden den Planungen zufolge am kommenden Dienstag auf dem Luftwaffenstützpunkt Otopeni nahe der rumänischen Hauptstadt Bukarest ankommen und dann mehrere Wochen dort bleiben. Der Flughafen liegt nur etwa 200 Kilometer entfernt von der östlichen Grenze des EU- und Nato-Landes zur Ukraine. Zudem grenzt auch der Norden Rumäniens an das von Russland angegriffene Land. (dpa)
Frankreich will bald Panzer liefern
Frankreich will der Ukraine innerhalb von zwei Monaten die versprochenen Spähpanzer liefern. Das teilte das französische Verteidigungsministerium in Paris am Freitag mit.
Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und sein ukrainischer Kollege Olexij Resnikow vereinbarten demnach zudem schnelle Schulungen für ukrainische Soldaten zur Bedienung der Panzer des Typs AMX-10 RC. Keine Auskunft gab das Ministerium dazu, wie viele Panzer an die Ukraine gehen sollen.
Paris hatte Kyjiw Lieferungen des Radpanzers in der vergangenen Woche zugesagt. Der stark bewaffnete Spähpanzer wird vor allem für die Aufklärung eingesetzt. Kurz nach der Ankündigung aus Frankreich gaben auch Deutschland und die USA bekannt, der Ukraine Schützenpanzer der Typen Marder und Bradley schicken zu wollen. (dpa)
Kämpfe um Soledar halten an
Die Kämpfe um die ostukrainische Kleinstadt Soledar halten nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Kyjiw an. Die ukrainischen Soldaten versuchten sich gegen die intensiven russischen Angriffe zu stemmen, schreibt die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. „Die Nacht war heiß, die Kämpfe gingen weiter.“ Die russische Offensive sei weiterhin stark. Die ukrainischen Soldaten versuchten die Verteidigung aufrechtzuerhalten. „Dies ist eine schwierige Phase des Krieges, aber wir werden gewinnen. Daran besteht kein Zweifel“, betonte sie. (rtr)
Duma-Präsident will Vermögen für Kritik an Krieg einziehen
Duma-Präsident Wjatscheslaw Wolodin schlägt vor, Eigentum und Vermögen von Russinnen und Russen zu beschlagnahmen, die die Streitkräfte des Landes diskreditieren und den Krieg in der Ukraine ablehnen. Die bisherigen Maßnahmen wie Geldstrafen in solchen Fällen seien nicht streng genug, sagt der Präsident des Unterhauses des Parlamentes. Wolodin ist ein enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der den so bezeichneten militärischen Sondereinsatz angeordnet hat. (rtr)
Beteiligung von Belarus an Krieg gegen Ukraine möglich
Russland schließt eine Beteiligung von Belarus am Krieg in der Ukraine nicht aus. Voraussetzung sei ein Angriff der ukrainischen Armee auf das Nachbarland, erklärte der Vertreter des Außenministeriums in Moskau, Alexej Polischtschuk, am Freitag.
Damit werden Sorgen der Regierung in Kyjiw befeuert, Russland plane mit Unterstützung des belarussischen Militärs die Eröffnung einer neuen Front im Norden der Ukraine. Russland hat Belarus bereits früher als Sprungbrett für seine am 24. Februar 2022 begonnene Invasion genutzt. Zudem haben Russland und Belarus vereinbart, die militärische Zusammenarbeit auszubauen und eine gemeinsame Kampfeinheit aufgebaut.
Am Mittwoch hatte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski gefordert, sein Land müsse sich an der Grenze zu Belarus auf alles gefasst machen. Er verwies dabei auf beunruhigende Stellungnahmen in dem Nachbarland. (rtr)
Ex-Nato-Oberbefehlshaber: Westen sollte Kampfjets liefern
Westliche Staaten sollten der Ukraine für ihren Abwehrkampf gegen Russland nach Ansicht des früheren Nato-Oberbefehlshabers James Stavridis neben Panzern auch Kampfflugzeuge liefern. „Ich denke schon, dass die Ukraine Kampfflugzeuge braucht“, sagte der ehemalige US-Admiral am Donnerstag in der ZDF-Sendung „maybrit illner“.
Zum einen denke er an MiG-29-Kampfjets aus Polen, die die Ukrainer zu bedienen wüssten und die direkt geliefert werden könnten. „Die könnten dann unterstützt werden durch F-16 von den Vereinigten Staaten.“ Stavridis fügte hinzu, dass die Ausstattung mit F-16-Kampfjets mehr Zeit bräuchte, weil ukrainische Piloten dafür erst ausgebildet werden müssten. Die ukrainische Luftwaffe habe aber bereits tolle Arbeit geleistet, als es darum ging, die Bedienung anderer Systeme zu lernen.
Derzeit konzentriere man sich stark auf den Kampf am Boden. Auch die Lieferung von Panzern an die Ukraine sei zu diesem Zeitpunkt von „kritischer Wichtigkeit“, unter anderem, weil damit zu rechnen sei, dass Russland zum bevorstehenden Frühling zusätzliche Truppen mobilisieren werde. „Die sind nicht besonders gut ausgebildet oder sehr kompetent, aber die Quantität wird sich dann selbst in eine Qualität übersetzen“, meinte Stavridis. (dpa)
Finnland signalisiert Bereitschaft zu Lieferung von Panzern
In der Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine signalisiert Finnland vorsichtige Bereitschaft, dem von Russland angegriffenen Land Leopard-2-Panzer zu überlassen. Sollte es in dieser Hinsicht ein gemeinsames europäisches Vorgehen zur Unterstützung der Ukraine geben, werde auch ein Beitrag Finnlands benötigt, sagte der finnische Präsident Sauli Niinistö am Donnerstag der Nachrichtenagentur STT.
Finnland sei jedoch in einer besonderen Position, da es noch nicht Nato-Mitglied sei und direkt an Russland grenze. Wenn Panzer an die Ukraine übergeben werden, könne der finnische Beitrag dazu deshalb nicht sonderlich groß sein.
Finnland verfügt nach STT-Angaben über mehr als 200 in Deutschland hergestellte Leopard-2-Panzer. Die Bundesrepublik muss in der Regel die Weitergabe von Rüstungsgütern aus deutscher Produktion an Dritte jedoch genehmigen. (dpa)
Selenski setzt „diplomatischen Marathon“ fort
Abseits der Diskussion über schwere Panzer setzte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski seinen „diplomatischen Marathon“ fort. Mit einem Gespräch mit Kenias Staatschef William Ruto habe er diesen auch geografisch erweitert, sagte Selenski am Donnerstagabend in seiner täglichen Videoansprache. „Unsere Außenpolitik muss mit afrikanischen Partnern eine neue Ebene erreichen.“ Afrika habe bereits erkannt, dass die Sicherheit verschiedener Nationen direkt von ukrainischen Lebensmittelexporten abhänge. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?