piwik no script img

+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++40.000 Kriegsverbrechen gezählt

Die ukrainischen Behörden haben bisher 40.000 russische Kriegsverbrechen registriert. Derweil fandet Russland nach einem Oppositionsanwalt.

Zerstörte Wohnhäuser in der Ukraine Foto: via ap

40.000 russische Kriegsverbrechen

Die Ukraine hat nach eigenen Angaben 40.000 russische Kriegsverbrechen registriert. Sie wolle sich in den Ermittlungen aber nicht auf jeden einzelnen Fall konzentrieren, sagt Justizminister Denys Maljuska der Zeitung Welt. „Es wäre zu kompliziert und langwierig, einen Zusammenhang zwischen dem einzelnen Soldaten, der diese Verbrechen begangen hat, und seinen Befehlsgebern zu etablieren, die eigentlich verantwortlich sind.“

Stattdessen wolle man zwei Straftaten verfolgen, unter denen sich die Kriegsverbrechen zusammenfassen ließen: völkerrechtswidrige Aggression und Genozid. „Der Angriff auf ein anderes Land ist dann eine Straftat, wenn er grundlos stattfindet und das angegriffene Land nachweislich Widerstand leistet. Dafür sammeln wir Beweise.“

Der Völkermord zeige sich unter anderem in der Art der Kriegsführung, wie die Angriffe auf die Infrastruktur, die Entführung von Waisenkindern oder die flächendeckende Bombardierung von Städten wie Mariupol, erläutert Maljuska. Für all das sei der russische Präsident Wladimir Putin verantwortlich, „und somit muss ihm der Prozess gemacht werden“.

Da weder die Ukraine noch Russland Teil des Internationalen Strafgerichtshofes sind, strebt Maljuska ein Sondertribunal an. „Unsere wichtigste Aufgabe ist es, ein neues System zu etablieren, in dem Putin zur Verantwortung gezogen werden kann. Dafür bitten wir die internationale Staatengemeinschaft, ein Sondertribunal einzurichten.“ Zurzeit lassen sich die Angaben im Krieg in der Ukraine nicht unabhängig prüfen. (rtr)

Russland fahndet nach Oppositionsanwalt

Das russische Innenministerium hat den bekannten Anwalt Ilja Nowikow zur Fahndung ausgeschrieben. Gegen Nowikow sei ein Strafverfahren eingeleitet worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti am Donnerstag, ohne näher auf die konkreten Vorwürfe einzugehen.

Nowikow erlangte Bekanntheit als Verteidiger in den Prozessen gegen die Menschenrechtsorganisation Memorial oder den von Kremlkritiker Alexej Nawalny gegründeten „Fonds für die Bekämpfung der Korruption“.

Der aus einer russisch-ukrainischen Familie stammende Anwalt hatte zudem in den vergangenen Jahren auch die in Russland inhaftierte ukrainische Soldatin Nadija Sawtschenko und den Filmemacher Oleg Senzow verteidigt. Nowikow lebt bereits seit einem Jahr in der Ukraine und soll nach Beginn des russischen Angriffskriegs in eine Einheit der ukrainischen Territorialverteidigung eingetreten sein. In der vergangenen Woche erklärte ihn das Justizministerium in Moskau zum „Auslandsagenten“. (dpa)

Baldige Verhandlungen über EU-Beitritt

Das Auswärtige Amt hält offenbar baldige Verhandlungen mit der Ukraine über einen EU-Beitritt für möglich. In die Beitrittsperspektive für die Ukraine komme Dynamik, sagte die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann (Grüne), der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstag). „Es ist durchaus möglich, dass die Verhandlungen bald beginnen“, sagte sie. Zugleich verwies die Staatsministerin darauf, dass das Tempo vor allem von der Reformbereitschaft der Ukraine abhänge.

Bei ihrem Besuch in Kiew sei sie von den Fortschritten dort sehr beeindruckt gewesen, sagte Lührmann weiter. Es sei wichtig, dass die Ukraine diese Reformdynamik beibehalte. Die EU hatte sieben Kriterien für die Aufnahme von Verhandlungen formuliert. (epd)

US-Regierung hofft auf weitere Ukraine-Milliarden

Die US-Regierung erhofft sich vom Kongress eine baldige Billigung weiterer Milliarden zur Unterstützung der Ukraine. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte am Mittwoch, die Regierung sei derzeit dabei, Kongressmitgliedern detailliert darzulegen, wofür das Geld eingesetzt werden solle.

„Wie hoch die endgültige Zahl sein wird, das hängt von den Mitgliedern des Kongresses ab“, betonte Kirby. Die US-Regierung sei aber der festen Überzeugung, dass die erbetene Summe der Aufgabe angemessen sei. Die US-Regierung hat beim Kongress weitere Mittel im Umfang von 37,7 Milliarden Dollar (36,5 Milliarden Euro) erbeten, um die Ukraine im Kampf gegen den Angreifer Russland zu unterstützen.

Kirby sagte, mehr als die Hälfte der Summe, etwa 21 Milliarden Dollar, seien für den Sicherheitsbereich vorgesehen, also etwa für Waffenlieferungen oder die Aufstockung von Lagerbeständen des US-Militärs. Große Beträge seien auch für die wirtschaftliche Unterstützung der Ukraine und humanitäre Hilfe vorgesehen.

Bei den Kongresswahlen Anfang November hatten die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobert. Sie werden dort ab Anfang Januar das Sagen haben. Vorab hatte der oberste Republikaner in der Kongresskammer, Kevin McCarthy, damit gedroht, die Ukraine-Hilfen im Parlament auszubremsen oder womöglich ganz zu blockieren.

Daher bemüht sich die Regierung des demokratischen Präsidenten Joe Biden, noch vor dem Wechsel der Mehrheitsverhältnisse in der Kammer eine große Summe durch das Parlament zu bringen. Beobachter werteten McCarthys Drohung allerdings vor allem als Druckmittel, um den Demokraten an anderer Stelle ein politisches Entgegenkommen abzutrotzen. Kirby betonte, die vergangenen Ukraine-Hilfen seien mit großer Unterstützung aus beiden Parteien bewilligt worden.

Die USA haben in den vergangenen Monaten gewaltige Summen zur Unterstützung der Ukraine locker gemacht. Im Mai hatte der US-Kongress dafür Mittel im Umfang von fast 40 Milliarden Dollar gebilligt, die anschließend nach und nach in verschiedenen Paketen an Kiew ausgeschüttet wurden. Die USA lieferten dabei auch Waffen und Munition aus eigenen Militärbeständen, die aufgestockt werden müssen. (dpa)

Selenski begrüßt Bundestagsentscheidung zu Holodomor

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski begrüßt die Anerkennung der vor 90 Jahren gezielt herbeigeführten Hungertode von Millionen Ukrainern als Völkermord durch den Bundestag. „Dies ist eine Entscheidung für die Gerechtigkeit, für die Wahrheit. Und sie ist ein sehr wichtiges Signal an viele andere Länder der Welt, dass es dem russischen Revanchismus nicht gelingen wird, die Geschichte umzuschreiben“, sagt Selenskyj in seiner Abendansprache.

Im November 1932 ließ der sowjetische Diktator Joseph Stalin das gesamte Getreide und Vieh der ukrainischen Bauernhöfe beschlagnahmen, einschließlich des Saatguts. In den folgenden Monaten verhungerten Millionen. Die Ukraine beschuldigte den Kreml am Samstag, die „völkermörderischen“ Taktiken Stalins wieder aufleben zu lassen. Moskau bestreitet, dass der sogenannte Holodomor durch einen vorsätzlichen Genozid verursacht wurde – auch Russen und andere ethnische Gruppen hätten unter der Hungersnot gelitten. (rtr)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare