+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Kiew fordert G20-Gipfel ohne Russland
Die Ukraine will nicht, dass Russland am Gipfel in Bali teilnimmt. Die Bundesregierung fordert, Serbien müsse sich zwischen der EU und Russland entscheiden.
Inhaltsverzeichnis
Ukraine fordert Ausschluss Russlands von G20-Gipfel
Die Ukraine fordert den Ausschluss Russlands vom G20-Gipfel. Das Treffen der Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) findet Mitte November auf der indonesischen Insel Bali statt. Die Einladung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin müsse widerrufen werden, schreibt der Sprecher des Außenministeriums in Kiew, Oleg Nikolenko, auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Putin habe öffentlich zugegeben, dass er Raketenangriffe auf die Zivilbevölkerung und die Energieinfrastruktur der Ukraine angeordnet habe. „Es darf ihm nicht gestattet werden, mit blutverschmierten Händen an einem Tisch mit den führenden Politikern der Welt zu sitzen. Putins Einladung zum Gipfel auf Bali muss zurückgenommen und Russland muss aus der G20 ausgeschlossen werden.“ (rtr)
Russland prüft weitere Schritte nach Vorwurf gegen Briten wegen Nord Stream
Nach seinem Vorwurf, Großbritannien stecke hinter den Explosionen der Nord-Stream-Pipelines, prüft Russland nun mögliche weitere Schritte. Das teilt das Präsidialamt in Moskau mit, nennt aber keine Einzelheiten.
Am Wochenende hat das Verteidigungsministerium erklärt, dass nach vorliegenden Informationen Angehörige einer Einheit der britischen Marine an der Planung, Vorbereitung und Ausübung eines terroristischen Anschlags in der Ostsee am 26. September beteiligt gewesen seien. Belegt wurde dies nicht. Großbritannien hat den Vorwurf als falsch zurückgewiesen. Ob die beschädigten Gaspipelines repariert werden sollen, ist laut russischem Präsidialamt offen. (rtr)
Ausweitung der Evakuierungszone in Cherson
Die russische Besatzungsverwaltung der südukrainischen Region Cherson weitet angesichts der ukrainischen Gegenoffensive die Evakuierungszone aus. Zivilisten sollten nun auch ein 15 Kilometer breites Gebiet entlang des Ostufers des Dnjepr verlassen, teilt die von Russland installierte Verwaltung mit. Zuvor hatte Russland angeordnet, dass die Zivilbevölkerung das Westufer des Flusses verlassen soll. Die Ukraine wirft Russland vor, Menschen zu zwingen, die Evakuierungszonen zu verlassen und spricht von Deportationen und Kriegsverbrechen.
Russland dagegen erklärt, die Bevölkerung in den annektierten Region solle vor unkonventionellen Waffen geschützt werden, die die Ukraine möglicherweise einsetzen werde. So erklärte der von Russland eingesetzte Verwaltungschef von Cherson, Wladimir Saldo, es gebe Informationen, dass die Ukraine einen massiven Raketenangriff auf das Wasserkraftwerk Kachowka plane, was die unmittelbare Gefahr einer Überschwemmung der Region Cherson bedeuten könne. (rtr)
🐾 Mit Putin reden nützt nichts
Der Getreidedeal als Türöffner für diplomatische Lösungen? Das ist eine Illusion – und Putin kein guter Gesprächspartner. Das sagt taz-Redakteur Dominic Johnson in einem Kommentar.
Getreideschiffe fahren weiter
Drei weitere Getreidefrachter haben am Dienstag nach Angaben der Vereinten Nationen ukrainische Häfen verlassen. Dies geschehe im Rahmen des Getreidelieferabkommens, teilt das von den UN geführte Koordinationszentrum in Istanbul mit, das die sichere Passage der Schiffe überwacht. Die russische Delegation sei darüber informiert worden. UN-Koordinator Amir Abdulla setze die Gespräche mit Russland, der Ukraine und der Türkei über die vollständige Teilnahme im Zentrum zu erreichen, heißt es in einer Erklärung des Zentrums.
Das von den UN und der Türkei vermittelte Abkommen soll die Verschiffung ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer ermöglichen. Am Wochenende hat Russland allerdings erklärt, es setze das Abkommen aus. Die Regierung in Moskau hat dies damit begründet, dass sie nach einem Drohnenangriff auf ihre Schwarzmeer-Flotte nicht mehr die Sicherheit ziviler Schiffe garantieren könne. Dennoch hatten am Montag mehrere Frachter ukrainische Häfen verlassen. (rtr)
Bundesregierung fordert von Serbien Entscheidung zwischen EU und Russland
Die Bundesregierung dringt zunehmend auf eine Entscheidung Serbiens, sich für einen Weg in die EU oder eine Partnerschaft mit Russland zu entscheiden. „Die Entscheidungsnotwendigkeit spitzt sich zu angesichts der geopolitischen Entwicklung“, sagte ein Regierungsvertreter am Dienstag in Berlin mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Man sei „überrascht und enttäuscht“, dass Serbien ein Abkommen zur verstärkten Zusammenarbeit mit Russland beschlossen habe, hieß es im Vorfeld der Westbalkan-Konferenz am Donnerstag in Berlin. Dies passe schlecht zu der Erwartungen, dass die EU-Beitrittskandidaten auch die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland übernehmen sollten.
Man habe den Eindruck, dass sich der serbische Präsident Aleksandar Vučić als erfahrener Politiker sehr wohl seiner Pendelposition zwischen der EU und Russland bewusst sei. „Es wird aber zunehmend unbequem, auf dem Zaun zu sitzen“, hieß es in Regierungskreisen in Berlin weiter. Wenn Vučić sich entscheide, sein Land in Richtung EU zu führen, habe er dafür die Unterstützung der Bundesregierung. „Sollte er sich für den anderen Weg entscheiden, wird das umgekehrt Konsequenzen haben“, hieß es.
Serbien pflegt traditionell enge Beziehungen zu Russland. Andere Westbalkan-Staaten und die EU fürchten, dass Russland über die Regierung in Belgrad Einfluss auf die Region ausüben will. (rtr)
Bomben-Vorwurf: IAEA beginnt Inspektionen in der Ukraine
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat nach russischen Vorwürfen, Kiew wolle eine „schmutzige Bombe“ einsetzen, mit ihren geplanten Inspektionen in der Ukraine begonnen. Die Inspekteure sollten ihre Arbeit schon bald beenden, teilte IAEA-Chef Rafael Grossi mit. Die Inspektionen finden demnach auf Einladung ukrainischer Behörden statt. Überprüft werden zwei Standorte, an denen nach russischen Vorwürfen an einer „schmutzigen Bombe“ gearbeitet werde, um mögliche nicht deklarierte nukleare Aktivitäten und Materialien aufzuspüren. Grossi will noch in dieser Woche über die Ergebnisse der Kontrollbesuche berichten. (dpa)
Selenski lobt Erfolge der ukrainischen Flugabwehr
Nach einem Tag mit schweren russischen Raketenangriffen hat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski die Erfolge der Flugabwehr unterstrichen. Von etwa 50 russischen Marschflugkörpern und Raketen seien 45 abgeschossen worden, sagte Selenski in seiner Videobotschaft. Sein Land brauche weitere Waffen zur Abwehr der Angriffe aus der Luft, forderte er. Aber schon jetzt müsse Russland für einen Treffer mehr Raketen einsetzen als früher. Die russische Armee verfolgt mit den Raketenangriffen seit Oktober eine neue Taktik und beschießt vor allem Anlagen der Energieversorgung. (dpa)
Russland droht mit Blockade von ukrainischen Getreideexporten
Russland hat die Aussetzung des Abkommens zum Export von Getreide aus der Ukraine verteidigt und mit einer Blockade von Schiffen gedroht. Die Ukraine nutze die Ausfuhren über den Korridor im Schwarzen Meer „für militärische und Sabotagezwecke“ gegen die russische Flotte, erklärte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja am Montag (Ortszeit) in einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats. Daher habe Moskau die Vereinbarung aufgekündigt, die den Export von Getreide aus ukrainischen Häfen ermöglicht. Eine ungehinderte Durchfahrt von Schiffen „ohne Inspektion“ durch Russland könne sein Land nicht zulassen, betonte Nebensja.
Er kündigte „eigene Maßnahmen“ zur Kontrolle anhaltender Schiffsdurchfahrten an, ging aber nicht ins Details.
Nebensja warf der Ukraine vor, mithilfe des Westens – insbesondere des Vereinigten Königreichs – in den Morgenstunden des 29. Oktober massive Angriffe aus der Luft und zu Wasser auf die russische Schwarzmeerflotte und auf Infrastruktur in Sewastopol auf der Krim ausgeführt zu haben. Diese Attacken seien unter dem Vorwand des humanitären Getreidekorridors erfolgt, der im Rahmen des von der UN und der Türkei im Juli vermittelten Deals geschaffen wurde. Daher könne die „russische Seite nicht die Sicherheit der zivilen Schiffe gewährleisten, die an der Schwarzmeer-Initiative teilnehmen“, sagte Nebensja.
UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths wies Nebensjas Behauptung zurück, wonach der Angriff vom 29. Oktober einen Verstoß gegen die Initiative dargestellt habe. Der Korridor, in dem zivile Schiffe zum Schutz von Getreideschiffen unterwegs seien, „ist um 4.00 Uhr nicht offen“ und sei lediglich im Betrieb, „wenn Schiffe den Korridor herunterfahren“, sagte Griffiths. (AP)
Russischer Raketenangriff auf Mykolajiw
Die russischen Streitkräfte haben in der Nacht zu Dienstag die südukrainische Hafenstadt Mykolajiw angegriffen. Vier Raketen seien eingeschlagen, berichten Reuters-Reporter. Ein Wohngebäude wurde beschädigt. Aus den Trümmern zogen Rettungskräfte am Morgen die Leiche einer älteren Frau.
Die Deutsche Bahn beklagt, dass sie ihre Kapazitäten für den Export ukrainischen Getreides wegen der EU-Grenzbürokratie nicht voll ausschöpfen kann. „Wir könnten noch mehr fahren, wenn die Grenzabfertigung an der EU-Außengrenze schneller ginge“, sagte ein Unternehmenssprecher dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND/Dienstag) laut Vorabbericht.
Speziell müssten an den EU-Außengrenzen die Infrastruktur und die Grenzprozesse ausgebaut und beschleunigt werden, sagte der Bahnsprecher. „Unserer Ansicht nach würde eine zentrale Koordination – strategisch und operativ – größere Frachtmengen auf der Schiene erlauben.“ Die Nachfrage nach Transportkapazitäten sei sehr hoch, so der Sprecher weiter. „Wir fahren so viel wir können.“ (rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“