+++ Nachrichten im Nahostkrieg +++: Hoffnung auf baldige Waffenruhe
Die Gespräche um die mögliche Waffenruhe halten an. Netanjahu hofft auf die Freilassung von zehn Geiseln. UN-Ermittlerin Albanese wehrt sich gegen Trump.
Sanktionierte UN-Ermittlerin verteidigt sich
Eine von der Trump-Regierung mit Sanktionen belegte UN-Sonderberichterstatterin hat ihre Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen verteidigt. Es habe sie schockiert, von den Strafmaßnahmen gegen sie zu erfahren, sagte Francesca Albanese, die im Auftrag der UN zu mutmaßlichen Menschenrechtsverstößen in den Palästinensischen Gebieten ermittelt. Die Mächtigen versuchten, sie zum Schweigen zu bringen, weil sie diejenigen verteidige, die selbst keine Macht hätten, sagte die Italienerin am Donnerstag in einem Interview der Nachrichtenagentur AP.
„Das ist kein Zeichen der Macht, es ist ein Zeichen der Schuld“, sagte die Menschenrechtsanwältin Albanese, die UN-Sonderberichterstatterin für das Westjordanland und den Gazastreifen ist. Sie hat Israel einen Völkermord an den Palästinensern im Gazastreifen vorgeworfen. Israel und die USA bestreiten den Vorwurf.
Die USA hatten die Sanktionen am Mittwoch bekanntgegeben. Zuvor hatten sie den UN-Menschenrechtsrat vergeblich dazu gedrängt, Albanese ihres Postens zu entheben. „Albaneses Kampagne der politischen und wirtschaftlichen Kriegsführung gegen die Vereinigten Staaten und Israel wird nicht mehr toleriert“, ließ US-Außenminister Marco Rubio in den sozialen Medien wissen. „Wir werden immer zu unseren Partnern halten, wenn es um ihr Recht auf Selbstverteidigung geht.“
Albanese sagte am Donnerstag: „Sie können nicht alle von uns zum Schweigen bringen. Sie können nicht alle von uns töten. Sie können nicht alle von uns entlassen.“ Es sei nur möglich, zu gewinnen, indem man die Angst beseitige und sich für die Palästinenserinnen und Palästinenser und deren Recht auf einen unabhängigen Staat einsetze. „Keiner ist frei, bis Palästina frei ist“, sagte Albanese. (ap)
Netanjahu zu Hamas: Werden diese „Monster“ besiegen
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat während der laufenden Bemühungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen den Sieg über die islamistische Hamas beschworen. „Wir werden diese Monster besiegen und unsere Geiseln zurückholen“, sagte Netanjahu dem ultrakonservativen US-Sender Newsmax. Er hoffe, dass „in wenigen Tagen“ im Rahmen einer 60-tägigen Waffenruhe, über die in Katar mit Hilfe von Vermittlern verhandelt wird, zehn der noch lebenden Geiseln freikämen. Die Hamas hat der Freilassung von zehn Geiseln nach eigenen Angaben bereits zugestimmt, sieht bei den Verhandlungen über die Waffenruhe aber noch ungelöste Streitpunkte.
Unterdessen wurden bei israelischen Angriffen palästinensischen Angaben zufolge erneut Dutzende Menschen getötet. In medizinischen Kreisen in Gaza war von mindestens 55 Toten die Rede. Unabhängig ließ sich dies nicht überprüfen. Laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa wurden allein in der zentral gelegenen Stadt Deir al-Balah 16 Menschen getötet, darunter nach Krankenhausangaben zehn Minderjährige. Laut Klinik wurden bei dem Angriff Menschen getroffen, die auf Lebensmittelhilfe warteten. Unicef-Exekutivdirektorin Catherine Russell äußerte sich entsetzt über die Berichte. (dpa)
Erste UN-Treibstofflieferung für Gaza seit 130 Tagen
Unterdessen haben die Vereinten Nationen eigenen Angaben zufolge erstmals nach 130 Tagen wieder Treibstoff in den Gazastreifen geliefert. 75.000 Liter seien in den abgeriegelten Küstenstreifen, wo Hunderttausende Menschen bittere Not leiden, gebracht worden, teilte UN-Sprecher Stéphane Dujarric mit.
Er betonte jedoch, dass es täglich Hunderttausende Liter Treibstoff für lebensrettende und lebenserhaltende Maßnahmen brauche. „Das bedeutet, dass die gestern gelieferte Menge nicht einmal ausreicht, um den Energiebedarf eines Tages zu decken.“ Israel hat den Gazastreifen abgeriegelt und kontrolliert die Zugänge zu dem Gebiet. Treibstoff wird zum Beispiel für den Betrieb von Generatoren für Krankenhäuser oder Bäckereien benötigt.
Die US-Regierung hatte zuletzt ihre Hoffnung auf eine 60-tägige Waffenruhe bis Ende dieser Woche geäußert – Präsident Donald Trump hält inzwischen aber nach eigenen Worten auch die nächste Woche für möglich. Nach Beginn der Waffenruhe sollen Gespräche aufgenommen werden, um den Krieg dauerhaft zu beenden, sagte Israels Regierungschef Netanjahu nach Angaben seines Büros in einer Stellungnahme zum Abschluss seines viertägigen USA-Besuchs. (dpa)
Netanjahu bekräftigt Bedingungen für Kriegsende
Für einen dauerhaften Waffenstillstand müssten Israels „Mindestbedingungen“ erfüllt werden, bekräftigte Netanjahu: Die Hamas legt die Waffen nieder, verfügt über keine staatlichen oder militärischen Fähigkeiten mehr, zudem wird Gaza entmilitarisiert. Sollten diese Bedingungen nicht durch Verhandlungen innerhalb der angestrebten 60-tägigen Waffenruhe erfüllt werden, werde Israel dies mit Waffengewalt erreichen, betonte er. Seit dem Beginn des Krieges waren bereits zwei Waffenruhen zustande gekommen, doch beide Male setzte Israels Armee die Kämpfe gegen die Hamas danach fort.
Die Hamas verlangt Garantien der USA, dass Israel nach Ablauf einer dritten Waffenruhe nicht einseitig den Krieg wieder aufnehmen kann. Die US-Nachrichtenseite „Axios“ hatte während des Besuchs von Netanjahu in den USA berichtet, der US-Gesandte Steve Witkoff habe über einen palästinensisch-amerikanischen Geschäftsmann eine Botschaft an die Hamas übermittelt, dass US-Präsident Donald Trump zur Verlängerung der Waffenruhe entschlossen sei, sollten die Verhandlungen über die Beendigung des Krieges länger als 60 Tage dauern.
Sollte die Entmilitarisierung und die Zerschlagung der Fähigkeiten der Hamas durch Verhandlungen erreicht werden, „umso besser“, sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros. In jedem Fall aber werde Israel seine Ziele erreichen. Noch befänden sich 50 Geiseln in Gaza, sagte er dem Sender Newsmax. „20 sind definitiv am Leben, und etwa 30 sind nicht am Leben, und ich möchte sie alle herausholen“. Er hoffe, „wir können das in ein paar Tagen abschließen“. (dpa)
Aktivist fordert Millionen-Entschädigung von Trump
Der pro-palästinensische Aktivist Mahmoud Khalil hat von der US-Regierung 20 Millionen Dollar Schadensersatz gefordert und ihr Freiheitsberaubung sowie böswillige Strafverfolgung vorgeworfen. „Ich hoffe, dies dient der Regierung als Abschreckung“, sagte der Student am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. „Trump hat deutlich gemacht, dass er nur die Sprache des Geldes versteht.“
Khalils Anwälte reichten eine entsprechende Forderung bei den Ministerien für Innere Sicherheit und Äußeres ein. Ein Sprecher des Ministeriums für Innere Sicherheit nannte die Forderung „absurd“ und erklärte, die Regierung habe im Rahmen ihrer rechtlichen Befugnisse gehandelt.
Der 30-jährige Palästinenser mit einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung war im März verhaftet und mehr als 100 Tage festgehalten worden, weil er sich für die Palästinenser eingesetzt hatte. Ein Bundesrichter hatte im Juni seine Freilassung angeordnet und geurteilt, die Regierung verletze sein Recht auf freie Meinungsäußerung. Präsident Trump hatte angekündigt, ausländische Studenten auszuweisen, die an pro-palästinensischen Protesten teilnehmen. (rtr)
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