piwik no script img

+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Jubel für Trump, Buh-Rufe für Netanjahu

In Tel Aviv feiern Hunderttausende die bevorstehende Geiselfreilassung. Trump kündigt Friedensgipfel in Scharm el-Scheich an. Auch Kanzler Merz dabei.

Die Erwartungen auf dem Platz der Geiseln sind hoch, dasss endlich alle Entführten zurückkommen Foto: Francisco Seco/AP/dpa

Nahost-Friedensgipfel mit Trump

Die Freilassung der noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln soll nach Angaben der Hamas am Montagmorgen beginnen – am selben Tag planen die USA und Ägypten ein Gipfeltreffen zur Umsetzung des US-Friedensplans im ägyptischen Scharm el-Scheich. Zu dem von US-Präsident Donald Trump und seinem ägyptischen Kollegen Abdel Fattah al-Sisi geleiteten Gipfel werden auch zahlreiche europäische Staats- und Regierungschefs erwartet, darunter auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).

In Tel Aviv versammelten sich am Samstagabend hunderttausende Menschen auf dem sogenannten Geiselplatz und bejubelten Trump. „Gemäß der unterzeichneten Vereinbarung soll der Gefangenenaustausch am Montagmorgen beginnen – und es gibt keine neuen Entwicklungen in dieser Angelegenheit“, sagte der hochrangige Hamas-Vertreter Osama Hamdan am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Die genaue Logistik der Übergabe sei aber noch nicht klar. Nach der Freilassung der Geiseln soll Israel gemäß den ausgehandelten Bedingungen knapp 2000 palästinensische Häftlinge aus seinen Gefängnissen freilassen. Über die genaue Liste der Häftlinge werde derzeit noch verhandelt, sagte Hamdan.

Die Freilassung der Geiseln ist damit genau für den Tag geplant, an dem Trump in Ägypten an einem Gipfeltreffen zu Nahost teilnehmen will. Die ägyptische Präsidentschaft bestätigte am Samstagabend offiziell, dass das Treffen am Montagnachmittag in Scharm el-Scheich stattfinden solle. Es würden Staats- und Regierungschefs aus „mehr als 20 Ländern“ teilnehmen. In Berlin verlautete aus Regierungskreisen, Merz habe eine Einladung von al-Sisi „dankend entgegengenommen“, seine Teilnahme sei geplant.

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez und der britische Premierminister Keir Starmer werden zu dem Treffen reisen. UN-Generalsekretär António Guterres wird ebenfalls teilnehmen. Ziel des Gipfels sei es, „den Krieg im Gazastreifen zu beenden, die Bemühungen um Frieden und Stabilität im Nahen Osten zu verstärken und eine neue Ära regionaler Sicherheit und Stabilität einzuläuten“, hieß es in der Erklärung der ägyptischen Präsidentschaft.

Zuvor hatte Trump erklärt, er werde am Montag eine „Menge“ Staats- und Regierungschefs in Ägypten treffen, um über die Zukunft des Gazastreifens zu sprechen. Die Hamas verkündete, sie werde an der „offiziellen Unterzeichnung“ des Friedensplans nicht teilnehmen. Die Hamas handele „hauptsächlich durch katarische und ägyptische Vermittler“, sagte ein Vertreter des Politbüros der radikalislamischen Palästinenserorganisation, Hossam Badran.

Badran unterstrich außerdem erneut die Weigerung der Hamas, den Gazastreifen zu verlassen. „Gerede darüber, Palästinenser aus ihrem Land zu vertreiben, egal ob sie Hamas-Mitglieder sind oder nicht, ist absurd und unsinnig“, sagte er AFP. Die zweite Phase des US-Friedensplans werde daher „viele Komplexitäten und Schwierigkeiten beinhalten“. (afp)

Freude auf dem Platz der Geiseln

In Tel Aviv kamen hunderttausende Menschen auf dem Geiselplatz zusammen. Viele Teilnehmer trugen T-Shirts mit den Gesichtern der Geiseln, die am Montag freikommen sollen. Die Menge schwenkte israelische und US-Flaggen, einige Demonstranten riefen „Danke, Trump!“. „Endlich haben wir Hoffnung, aber wir können und werden jetzt nicht aufhören“, sagte Zairo Shachar Mohr Munder, dessen Onkel die israelische Armee nach dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 tot aus dem Gazastreifen geborgen hatte. „Donald Trump! Sie haben Geschichte geschrieben“, sagte Efrat Machikawa, Nichte der nach 482 Tagen in Gefangenschaft befreiten Gadi Moses.

Nach Angaben von Regierungschef Benjamin Netanjahu sind 20 der aus Israel verschleppten Geiseln noch am Leben, 28 Geiseln sind tot. Auch der US-Gesandte Steve Witkoff ergriff auf dem Geiselplatz das Wort: „Ihr kommt nach Hause“, sagte er an die Geiseln gerichtet. An die Familien der Geiseln gewandt sagte er: „Euer Mut hat die Welt bewegt.“ Trump hatte Witkoff und seinen Schwiegersohn Jared Kushner in den Nahen Osten geschickt, um die Verhandlungen über die Waffenruhe und die Geiselfreilassung abzuschließen.

„Wir alle sind Präsident Trump zu tiefstem Dank verpflichtet“, sagte Witkoff vor Angehörigen und Freunden der Verschleppten sowie zahlreichen Teilnehmern einer Großkundgebung in Tel Aviv. Sobald der Name Trump fiel, wurde Witkoff von langanhaltendem Applaus und „Danke Trump“-Rufen unterbrochen. Ein Sprecher der Familienangehörigen sagte, auf dem Platz seien rund 400.000 Menschen.

Als Witkoff auch die Rolle von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hervorhob, schlug der Jubel jedoch in Buh-Rufe und Pfiffe um, die Witkoff fast aus dem Tritt brachten. „Leute, lasst mich meine Gedanken zu Ende bringen“, bat er. Netanjahu habe alles für dieses Land gegeben, betonte er. Viele Angehörige und Freunde der Geiseln werfen Netanjahu jedoch vor, nicht genug für die Freilassung der Verschleppten getan zu haben.

Im Gazastreifen war am Freitag eine Waffenruhe in Kraft getreten, nachdem Israel und die Hamas dem ersten Teil eines von Trump vorgeschlagenen Friedensplans zugestimmt hatten. Demnach sollen binnen 72 Stunden nach Inkrafttreten – also bis Montagvormittag – alle verbliebenen israelischen Geiseln im Gazastreifen freikommen. Im Gegenzug hat Israel zugesagt, knapp 2000 palästinensische Häftlinge zu entlassen.

Die israelische Armee zog sich zudem wie vereinbart aus mehreren Bereichen des Palästinensergebiets zurück. Im Gazastreifen setzten derweil hunderttausende vertriebene Palästinenser ihren Fußmarsch in den Norden des Küstenstreifens fort. Seit dem Inkrafttreten der Waffenruhe seien mehr als 500.000 Menschen in die Stadt Gaza zurückgekehrt, erklärte der Hamas-Zivilschutz. (afp/dpa)

Auch EU-Ratspräsident Costa und Erdogan in Ägypten erwartet

Auch der der Präsident des Europäischen Rates, Antonio Costa, kündigt seine Teilnahme an dem Nahost-Gipfel am Montag in Ägypten an. Das sagt ein EU-Vertreter. Der türkische Präsident Tayyip Erdogan wird laut einem Bericht des Senders NTV ebenfalls nach Ägypten reisen. Zahlreiche weitere Staats- und Regierungschefs haben bereits ihre Teilnahme zugesagt. Auf dem Gipfel geht es um den Plan von US-Präsident Donald Trump zur Beendigung des Kriegs im Gazastreifen. (rtr)

Merkel reist im November nach Israel

Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel reist im November nach Israel. „Ich kann bestätigen, dass Bundeskanzlerin a.D. Merkel die Einladung des Weizmann-Instituts zur Verleihung der Ehrendoktorwürde an sie am 10. November 2025 in Rehovot angenommen hat“, sagt eine Sprecherin der Nachrichtenagentur Reuters. Über etwaige weitere Programmpunkte während ihres Aufenthalts in Israel werde zu gegebener Zeit Auskunft gegeben. Zuvor hatte das Nachrichtenportal Ynet Global über den Besuch berichtet und auch geschrieben, dass Treffen mit dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geplant seien. (rtr)

Zehntausende bei pro-palästinensischer Demonstration in Sydney

In der australischen Metropole Sydney nehmen zehntausende Menschen an einer pro-palästinensischen Demonstration teil. Die Organisatoren der Palestine Action Group sprechen von 30.000 Teilnehmern. Die Kundgebung sei eine von rund 27 im ganzen Land. Eine Organisatorin erklärt, auch bei einem Waffenstillstand setze Israel die militärische Besatzung des Gazastreifens und des Westjordanlandes fort. Der Jüdische Rat Australiens wirft den Organisatoren vor, ein Scheitern der Waffenruhe zu wollen. Nach Angaben der Polizei gab es keine Festnahmen. Die Polizei macht keine Angaben zur Teilnehmerzahl. (rtr)

Drei Diplomaten aus Katar sterben bei Autounfall nahe Scharm el-Scheich

Bei einem Autounfall in der Nähe der ägyptischen Stadt Scharm el-Scheich sind am Sonntag drei Diplomaten aus Katar ums Leben gekommen. Zwei weitere katarische Diplomaten seien verletzt worden, teilte die Botschaft des Golfstaates in Kairo mit. Die staatliche ägyptische Nachrichtenagentur Al-Kahera News berichtete, dass sich fünf Katarer und ein ägyptischer Fahrer in dem Fahrzeug befanden, als dieses aufgrund eines Kontrollverlust über das Lenkrad verunglückte. In den vergangenen Tagen waren Diplomaten und offizielle Delegationen in den ägyptischen Badeort am Roten Meer gereist, um dort Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung der dort festgehaltenen israelischen Geiseln zu führen.

Die katarische Botschaft in Kairo drückte ihre „tiefe Trauer und Betroffenheit“ angesichts des Todes der drei Diplomaten aus. „Die Verstorbenen und Verletzten werden heute mit einem katarischen Flugzeug nach Doha gebracht“, hieß es in einer Erklärung. Die Verletzten würden derzeit im internationalen Krankenhaus in Scharm el-Scheich medizinisch versorgt. Katar hatte, neben Ägypten und den USA, in den indirekten Gesprächen zwischen Israel und der Hamas vermittelt, die – nach monatelangem Ringen – zu einer am Freitag in Kraft getretenen Waffenruhe geführt haben. (afp)

Trumps Tochter mit Botschaft ihres Vaters an Geiselfamilien

Die Tochter von US-Präsident Donald Trump, Ivanka, hat vor der erhofften Freilassung der letzten Gaza-Geiseln eine Botschaft ihres Vaters auf einer Kundgebung in Tel Aviv übermittelt. „Der Präsident wollte, dass ich das mit Ihnen teile, wie er es schon so vielen von Ihnen persönlich gesagt hat: Er sieht Sie, er hört Sie. Er steht Ihnen bei“, sagte die Präsidententochter an die Familien der Geiseln gerichtet. Ivanka Trump ist die Ehefrau von Jared Kushner, der zusammen mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff stark in die Vermittlerrolle der USA im Gaza-Krieg eingebunden war. Alle drei sprachen auf der Kundgebung.

Kushner war während Trumps erster Amtszeit dessen Nahost-Berater und knüpfte enge Verbindungen zu wichtigen Akteuren in der Region. Kritiker weisen darauf hin, dass Kushner, der in der Immobilienbranche tätig ist, wirtschaftliche Ambitionen im Nahen Osten hat. Die 43-Jährige ist Trumps älteste Tochter. In der ersten Amtszeit ihres Vaters war sie als dessen Beraterin im Weißen Haus tätig. Zuletzt blieb sie stärker im Hintergrund. (dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare