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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Wackelnde Waffenruhe und ägyptischer Wiederaufbauplan

Israel setzt der Hamas ein Ultimatum zur Geiselfreilassung. Ägypten will sich beim Wiederaufbau einbringen. Jordanien lehnt Trumps Pläne für Gaza ab.

In einem Flüchtlingscamp in Dschabalija im nördlichen Gazastreifen Foto: Mahmoud Issa/reuters

Israel stellt Hamas Ultimatum: Geiselfreilassung oder Krieg

Im Gleichschritt mit US-Präsident Donald Trump hat nun auch die israelische Regierung der Hamas ein Ultimatum zur Geisel-Freilassung gesetzt. Sollten die Islamisten die nächste Gruppe von Geiseln nicht bis Samstag freilassen, könnte die Waffenruhe enden und der Krieg im weitgehend zerstörten Gazastreifen wieder neu aufflammen, drohte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu.

„Wenn die Hamas unsere Geiseln nicht bis Samstagmittag zurückgibt, wird der Waffenstillstand enden und die IDF (die Armee) wird die intensiven Kämpfe bis zur endgültigen Niederlage der Hamas wieder aufnehmen“, sagte Netanjahu in einer Video-Ansprache nach dem Ende einer mehrstündigen Sitzung des Sicherheitskabinetts.

Die Hamas hatte die für kommenden Samstag vorgesehene nächste Freilassung israelischer Geiseln zuletzt auf unbestimmte Zeit verschoben. Die palästinensische Terrororganisation wirft Israel vor, sich nicht an die Vereinbarung zur Waffenruhe zu halten.

Wie viele Geiseln freigelassen werden müssten, um einen neuen Waffengang zu verhindern, ließ Netanjahu offen. Damit blieb unklar, ob sich Israel dem Ultimatum von Trump anschließt, nach dem alle israelischen Geiseln bis Samstagmittag freigelassen werden müssten. Israelische Medien berichteten, die Regierung in Jerusalem fordere die Freilassung aller noch lebenden Geiseln, die während der ersten Phase der Vereinbarungen zur Waffenruhe und dem Geiseldeal freikommen sollten. Das wären neun Verschleppte. (dpa)

Baerbock hofft auf Hilfe arabischer Länder

Die Vereinbarung über die Waffenruhe und der Geiseldeal sehen eigentlich vor, dass während einer ersten Phase nach und nach 33 Geiseln gegen 1.904 in israelischen Gefängnissen inhaftierte Palästinenser ausgetauscht werden. Trump hatte dazu aufgerufen, die Waffenruhe aufzukündigen, falls nicht alle Geiseln bis Samstagmittag frei sein sollten. Ansonsten „bricht die Hölle los“, drohte er in Washington. Die Entscheidung darüber liege aber bei Israel.

Insgesamt werden noch 76 Geiseln von ihren Peinigern im Gazastreifen festgehalten. Nach israelischen Angaben sind 36 von ihnen nicht mehr am Leben, in ihrem Fall geht es also um die Übergabe der sterblichen Überreste. Bisher hat die Hamas bei fünf Austauschaktionen insgesamt 16 Geiseln freigelassen. Israel setzte im Gegenzug Hunderte palästinensische Häftlinge auf freien Fuß.

Um die Waffenruhe in Gaza zu retten, baut Bundesaußenministerin Annalena Baerbock auf den Einfluss arabischer Partnerländer. In ihren Gesprächen unter anderem mit Vertretern Saudi-Arabiens gehe es darum, „dass wir diesen Waffenstillstand jetzt erhalten und in eine wirkliche Phase des Friedens führen“, sagte die Grünen-Politikerin in der ARD-Sendung „maischberger“. (dpa)

Trumps Gaza-Plan versetzt Nahen Osten in Aufruhr

Mit seinem umstrittenen Plan zur Zukunft des Gazastreifens hatte US-Präsident Trump zuletzt für Unruhe im Nahen Osten gesorgt. Demnach sollen die rund zwei Millionen Bewohner des Gebiets dauerhaft in arabische Staaten der Region umgesiedelt und der zerstörte Küstenstreifen unter Kontrolle der USA in eine wirtschaftlich florierende „Riviera des Nahen Ostens“ verwandelt werden.

Israels Nachbarn Ägypten und Jordanien lehnen die Unterbringung von Palästinensern aus dem Gazastreifen in ihrem Staatsgebiet aber strikt ab. Trump drohte den beiden engen Verbündeten daraufhin mit einem Stopp der finanziellen Unterstützung. (dpa)

Ägypten kündigt „umfassende Vision“ zu Wiederaufbau von Gazastreifen an

Vor dem Hintergrund möglicher Einstellungen von US-Hilfen hat Ägypten seine Bereitschaft angekündigt, sich verstärkt beim Wiederaufbau des Gazastreifens einzubringen. Kairo plane, eine „umfassende Vision für den Wiederaufbau“ des Palästinensergebiets vorzulegen, erklärte das ägyptische Außenministerium am späten Dienstagabend. Der Plan solle zudem sicherstellen, dass die dort lebenden Menschen in dem Gebiet bleiben können.

Die Erklärung erfolgte einen Tag, nachdem US-Präsident Donald Trump Jordanien und Ägypten mit der Aussetzung von US-Hilfen gedroht hatte, sollten diese die Palästinenser aus dem Gazastreifen nicht aufnehmen. Das Außenministerium in Kairo erklärte nun, Ägypten hoffe, mit der Trump-Regierung in dieser Angelegenheit „zusammenzuarbeiten“, um eine „faire Lösung für die palästinensische Sache“ zu erreichen.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi drängte seinerseits am Dienstag auf den Wiederaufbau des Gazastreifens „ohne Vertreibung der Palästinenser“. In einem Telefonat mit der dänischen Regierungschefin Mette Frederiksen habe al-Sisi zudem betont, dass die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates „die einzige Garantie für einen dauerhaften Frieden“ in der Region sei, erklärte sein Büro.

Am Vortag hatte bereits Ägyptens Außenminister Badr Abdelatty nach einem Treffen mit US-Außenminister Marco Rubio in Washington erklärt, sein Land sei gegen „jeden Kompromiss“ bezüglich des Rechts der Palästinenser auf ihr eigenes Land.

Der US-Präsident hatte vergangene Woche bei einem Besuch des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu erklärt, die USA wollten die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen und die palästinensische Bevölkerung umsiedeln. Die Ankündigung löste international eine Welle der Empörung aus und stieß bei der dortigen Bevölkerung auf heftigen Widerstand. (afp)

Jordaniens König Abdullah bekräftigt „entschiedene Ablehnung“ von Trumps Gaza-Plan

Jordaniens König Abdullah II. hat bei einem Treffen mit Donald Trump in Washington seine nachdrückliche Ablehnung einer Umsiedlung der Bevölkerung aus dem Gazastreifen bekräftigt. Er habe gegenüber dem US-Präsidenten seine „entschiedene Ablehnung der Umsiedlung von Palästinensern“ aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland zum Ausdruck gebracht, schrieb Abdullah II. nach dem Treffen im Onlinedienst X. Er habe zudem betont, dass es sich dabei um eine „gemeinsame arabische Position“ handele.

Bei dem Treffen im Weißen Haus hatte Abdullah II. auch angeboten, 2000 palästinensische Kinder aufzunehmen, die an Krankheiten litten. Trump lobte das Angebot als „wirklich schöne Geste“. Abdullah II. teilte zudem mit, dass Ägypten einen Plan für die Zusammenarbeit mit Trump ausarbeite und dass dieser Plan in Saudi-Arabien diskutiert werde.

Zugleich pochte Jordaniens Staatsoberhaupt bei dem Treffen mit Trump darauf, innenpolitische Interessen Ammans zu wahren. „Ich muss daran denken, was im Interesse meines Landes ist“, betonte Abdallah II. Seine „höchste Verpflichtung“ gelte der „Stabilität“ Jordaniens und dem „Wohlergehen“ seiner Bevölkerung.

Fast die Hälfte der rund 11 Millionen Einwohner Jordaniens haben palästinensische Wurzeln. Mit der Welle palästinensischer Flüchtlinge, die nach dem Sechstagekrieg 1967 ins Land strömten, kam es in dem Königreich zu bürgerkriegsähnlichen Konflikten.

Militante Palästinenser, die damals praktisch einen Staat im Staate bildeten, verübten unter anderem mehrere Attentatsversuche auf Abdullahs Vater, den damaligen König Hussein. Während des „Schwarzen September“ im Jahr 1970 ließ Hussein deren Aufstand gegen das haschemitische Königshaus blutig niederschlagen.

Trump hatte Jordanien und Ägypten am Montag mit der Aussetzung von US-Hilfen gedroht, sollten diese die Palästinenser aus dem Gazastreifen nicht aufnehmen. Für Jordanien geht es dabei um 750 Millionen Dollar (rund 724 Millionen Euro) an Wirtschaftshilfen und weitere 350 Millionen Dollar an Militärhilfen pro Jahr. Am Dienstag schlug der US-Präsident jedoch versöhnlichere Töne an. Er müsse dem Land nicht „drohen“, sagte er. (afp)

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3 Kommentare

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  • Trump hat schon erreicht, was er wollte. Ägypten und andere Anrainer schalten sich aktiv ein und warten nicht mehr ab, bis die Hamas wieder fest im Sattel sitzt. Und die Drohung bei einer Unterbrechung der Freilassung von Geiseln Gaza gänzlich unbewohnbar zu machen, sollte die palästinensische Bevölkerung vor Ort eigentlich endlich mehr Druck auf die Tunnelkämpfer ausüben lassen. Die unumschränkte Herrschaft der Hamas ist vorbei, auch wenn die daselbst noch nicht glaubt.

    • @vieldenker:

      "Und die Drohung bei einer Unterbrechung der Freilassung von Geiseln Gaza gänzlich unbewohnbar zu machen, sollte die palästinensische Bevölkerung vor Ort eigentlich endlich mehr Druck auf die Tunnelkämpfer ausüben lassen."



      Ziemlich perfider Gedanke. Wenn die Zivis nicht mehr Druck machen auf die bewaffneten Terroristen, dann nehmen wir ihnen halt jede Lebensgrundlage. Ungeachtet dessen, dass Gaza bereits in Schutt und Asche liegt, 40 tausend tot sind, mehrheitlich Frauen und Kinder. Hamas noch da. Aber mehr Druck auf die Bevölkerung regelt schon, die hat ja gerade eh nichts zu tun.

      • @Schleicher:

        Bei allen Problemen, es ist und bleibt die Bevölkerung vor Ort, die der Hamas die entscheidende Begründung und Unterstützung bietet. Ohne deren Legitimation der angeblichen Märtyrer wäre die Hamas defätistisch handlungsunfähig und würde auch sofort die Unterstützung durch andere palästinensische Akteure im In- und Ausland verlieren. Die Menschen vor Ort sind eben nicht nur Opfer, sondern zu einem nicht geringen Teil auch zumindest ideologische Unterstützer der palästinensischen Täter.