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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Tote Geisel im Gazastreifen geborgen

Ein entführter Mann einer Beduinengemeinschaft wurde tot in Gaza geborgen. Hamas-Brigaden bekennen sich zu Angriff im Westjordanland.

Dutzende Israelis werden noch im Gazastreifen festgehalten, Protest von Angehörigen in Tel Aviv am 8. Januar Foto: Ohad Zwigenberg/ap

Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge eine weitere Leiche einer Geisel im Gazastreifen geborgen. Es handle sich um einen arabischen Israeli im Alter von 53 Jahren, teilte ein Sprecher des Militärs mit. Es gebe auch Funde seines ebenfalls von Islamisten entführten Sohns, die „ernste Besorgnis“ weckten, ob dieser noch am Leben sei. Der junge Mann ist Berichten zufolge 22 Jahre alt. Bislang ging man in Israel davon aus, dass Vater und Sohn noch am Leben sind.

Zunächst hatten israelische Medien unter Berufung auf Angehörige gemeldet, dass Vater und Sohn tot gefunden worden seien. Auch Außenminister Israel Katz hatte geschrieben, dass auch die Leiche des Sohns gefunden worden sei. Die Leiche des Vaters wurde laut Armee am Dienstag in einem Tunnel in der Gegend von Rafah gefunden. Er sei in Gefangenschaft der Extremisten getötet worden, hieß es.

Beide waren am 7. Oktober 2023 während des Hamas-Massakers in den Gazastreifen verschleppt worden. Zwei weitere Kinder des 53-Jährigen waren damals ebenfalls entführt worden. Die Jugendlichen kamen im Rahmen eines Abkommens zwischen der Hamas und Israel im November 2023 frei. Die vier arbeiteten während des Terrorüberfalls in einem Kibbuz nahe der Grenze zum Gazastreifen. Die Familie gehört zu einer Beduinengemeinschaft.

Araber machen in Israel rund 20 Prozent der knapp zehn Millionen Einwohner aus. Die Beduinen wiederum gehören zur arabischen Minderheit in Israel, ihre Zahl wird landesweit auf rund 250 000 geschätzt. Viele von ihnen dienen in der israelischen Armee.

Ein Armeesprecher betonte, Dutzende der noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln seien noch am Leben. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach den Angehörigen angesichts „der bitteren Nachricht“ sein Beileid aus, wie sein Büro mitteilte. Israel habe die beiden entführten jugendlichen Familienmitglieder nach Hause gebracht und habe auch die beiden Männer zurückholen wollen, betonte er demnach.

Staatspräsident Izchak Herzog sprach von einer „immensen Tragödie“ für die Familie, die auch in tiefer Sorge um das Schicksal des Sohns des Getöteten sei. „Unsere Geiseln befinden sich in unmittelbarer Lebensgefahr. Wir müssen weiterhin alles Mögliche tun, um dringend 99 unserer Brüder und Schwestern zurückzubringen“, so Herzog.

Insgesamt verschleppten palästinensische Terroristen am 7. Oktober 2023 mehr als 250 Menschen aus Israel in das Küstengebiet. Die Armee hat bereits mehrfach Geisel-Leichen im Gazastreifen geborgen. (dpa)

Hamas-Brigaden bekennen sich zu Angriff im Westjordanland

Die Al-Kassam-Brigaden der radikal-islamischen Hamas-Miliz bekennen sich in einer Erklärung zu einem Angriff im Westjordanland am Montag. Auch zwei weitere Gruppen sind in der Erklärung aufgeführt. Bei dem Angriff wurden drei Israelis getötet. Eine Stellungnahme von Israel liegt zunächst nicht vor. (rtr)

Mindestens drei Palästinenser getötet

Im von Israel besetzten Westjordanland sind bei israelischen Militäreinsätzen erneut mindestens drei Palästinenser getötet worden. Bei zwei der Toten handele es sich um Kinder im Alter von neun und zehn Jahren, berichtet die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.

Bereits in der Nacht zu Dienstag waren bei einem israelischen Luftangriff in Tamun, einer Stadt nordöstlich von Nablus, drei Palästinenser getötet worden. Die israelischen Streitkräfte sprechen davon, eine „terroristische Zelle in der Gegend von Tamun“ angegriffen zu haben. Berichten, dass unter den Getöteten Kinder seien, würde nachgegangen.

Das palästinensische Gesundheitsministerium äußert sich zunächst nicht. Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen ist die Gewalt auch im Westjordanland eskaliert. Es kam zu Angriffen militanter Palästinenser, vermehrten Razzien und Luftangriffen des israelischen Militärs sowie einer Zunahme der Angriffe jüdischer Siedler. Hunderte Palästinenser und Dutzende Israelis wurden getötet. Die israelischen Siedlungen im Westjordanland werden von den Vereinten Nationen als völkerrechtswidrig eingestuft und von israelischen Sicherheitskräften bewacht. (rtr)

US-Regierung: Es gibt keinen Völkermord an Palästinensern

Die US-Regierung hat Vorwürfe, das israelische Militär begehe Völkermord im Gazastreifen, erneut als unzutreffend bezeichnet. „Es gibt keinen Völkermord von israelischer Seite an Palästinensern“, antwortete der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, auf die Frage einer Journalistin, wie sich die Lage im Gazastreifen von der in der sudanesischen Region Darfur unterscheide.

Am Dienstag hatte die US-Regierung der sudanesischen Miliz RSF Völkermord in Darfur vorgeworfen und Sanktionen verhängt. Laut den Vereinten Nationen hat der dortige Konflikt zwischen der Miliz und Truppen des De-facto-Machthabers Abdel Fattah al-Burhan die größte Flüchtlingskrise der Welt ausgelöst – mehr als zwölf Millionen Menschen flohen vor den Kämpfen innerhalb des Sudans und in die Nachbarstaaten.

„Was wir im Sudan sehen, ist Völkermord“, sagte Kirby. Die Lage dort unterscheide sich jedoch grundlegend von der im Gazastreifen. „Die Soldaten des israelischen Militärs wachen nicht jeden Tag auf, setzen ihre Stiefel auf den Boden und sagen: „Hey, wir gehen los und töten ein paar unschuldige Menschen, weil sie Palästinenser sind.““

Gleichzeitig räumte Kirby ein, dass die Zahl der zivilen Opfer im Gazastreifen „inakzeptabel hoch“ sei. Er fügte aber hinzu: „So verheerend die zivilen Verluste und die Schäden an der Infrastruktur auch gewesen sein mögen, so hart einige der Operationen auch waren: Sie sind nicht als Völkermord zu bezeichnen.“

Das Vorgehen des israelischen Militärs im Gazastreifen ist international hochumstritten und sorgt in Teilen der US-Bevölkerung für Kritik an der eigenen Regierung, da die USA Israel umfassend militärisch unterstützen. Gegner fordern, die Waffenlieferungen an das Land einzustellen.

Unter anderem Amnesty International hat den Vorwurf erhoben, Israel habe im Gazastreifen Völkermord begangen. In einem fast 300 Seiten umfassenden Bericht führte die Menschenrechtsorganisation Anfang Dezember aus, dass die israelische Armee dort Kriegsverbrechen verübt und absichtlich Leid und Zerstörung über die Zivilbevölkerung gebracht habe. Die israelische Regierung wies den Bericht als „vollständig falsch“ zurück.(dpa)

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