+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Drusen gegen Vergeltung
Vertreter der Drusen sprechen sich gegen Rache wegen des verheerenden Raketenbeschusses auf den Golanhöhen aus. Israel meldet Angriff auf zehn Hisbollah-Ziele.
Drusen distanzieren sich von Israels Vergeltungsdrohung
Nach dem tödlichen Raketenangriff auf die von Israel annektierten Golanhöhen am Wochenende haben sich Vertreter der dort lebenden Drusen von israelischen Vergeltungsdrohungen distanziert. Der Tod von zwölf Kindern und Jugendlichen dürfe nicht als politischer „Vorwand“ genutzt werden, warnten Gemeindevertreter am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte zuvor mit einer „harten Antwort“ auf den Raketenbeschuss gedroht.
„Wir lehnen es ab, dass auch nur ein einziger Tropfen Blut unter dem Vorwand vergossen wird, unsere Kinder zu rächen“, hieß es in der Erklärung weiter. Die Religion der Drusen verbiete „jegliche Form des Tötens und der Rache“. Die meisten der rund 11.000 Einwohner des betroffenen Dorfs Madschdal Schams sehen sich weiter Syrien zugehörig, auch Jahrzehnte nach der international nicht anerkannten israelischen Besetzung der Golanhöhen.
Israel und die USA machen die libanesische Hisbollah-Miliz für den Raketenbeschuss verantwortlich, diese weist die Vorwürfe zurück. Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen kommt es immer wieder zu Kämpfen mit der Hisbollah an der Grenze zum Libanon und auf den Golanhöhen, bei denen auf israelischer Seite nach Militärangaben bislang 22 Soldaten und 24 Zivilisten getötet wurden. Im Libanon starben nach AFP-Zählungen 527 Menschen. (afp)
Austin: Krieg nicht unvermeidbar
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hält einen Kampf zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz nicht für unvermeidbar. Die USA würden die Lage gerne auf diplomatischem Wege gelöst sehen, sagt er auf einer Pressekonferenz bei einem Besuch in der philippinischen Hauptstadt Manila. Israel macht die Hisbollah für einen Raketenangriff auf die Golanhöhen mit zwölf Toten verantwortlich. Die Hisbollah bestreitet dies. (rtr)
Meloni: Nicht in Vergeltungsfalle tappen
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni appelliert an Israel, nicht in die Falle von Vergeltungsangriffen zu tappen. Sie sei „sehr, sehr besorgt“ über die Lage im Libanon und das Risiko einer Eskalation, sagt Meloni bei einem Besuch in China. Die internationale Gemeinschaft solle weiterhin auf Zurückhaltung dringen. China könne bei diesen Bemühungen helfen, da es enge Beziehungen zum Iran und zu Saudi-Arabien unterhalte.
Der Iran führt die sogenannte Achse des Widerstandes, der unter anderem die Hisbollah-Miliz im Libanon und die Hamas im Gazastreifen angehören. Israel macht die Hisbollah für einen Raketenangriff auf die von ihm besetzten syrischen Golanhöhen am Wochenende verantwortlich, bei dem zwölf Kinder und Jugendliche starben. Die Hisbollah hat eine Verantwortung dafür zurückgewiesen. (rtr)
Hamas: Netanjahu blockiert
Im Ringen um eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln werfen sich Hamas und Israel gegenseitig vor, die Verhandlungen zu blockieren. Hamas-Politbüromitglied Issat El-Reschik weist Vorwürfe zurück, die Gruppe habe neue Bedingungen gestellt. Stattdessen wirft er dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu eine Verzögerungstaktik vor. Ein weiterer Hamas-Funktionär erklärt gegenüber dem Hamas-Sender Al-Aksa, Netanjahu habe „unmögliche“ Forderungen zur Rückkehr der vertriebenen Palästinenser gestellt und sich geweigert, sich vom Grenzübergang Rafah und der Grenzlinie zu Ägypten zurückzuziehen. Auch die Freilassung palästinensischer Langzeithäftlinge lehne er ab.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte zuvor die Hamas für den Stillstand der Verhandlungen verantwortlich gemacht. Die USA, die die Gespräche vermitteln, betonen wiederholt, dass eine Einigung in greifbarer Nähe sei. Die aktuellen Verhandlungen basieren auf einem Vorschlag von US-Präsident Joe Biden vom Mai. (rtr)
Aktivisten: Israel greift im Süden Syriens an
Israel hat Aktivisten zufolge in der Nacht zu Dienstag zwei Stützpunkte der syrischen Luftabwehr angegriffen. Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete zwei Raketenangriffe auf Ziele in der Provinz Daraa. Die Angriffe seien von den von Israel annektierten Golanhöhen aus erfolgt, Opfer habe es nicht gegeben. Die staatlichen syrischen Medien berichteten nicht über die Angriffe.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte nach dem tödlichen Raketenangriff auf den Golanhöhen am Samstag mit einer „harten“ Antwort gedroht. Israel und die USA machen die libanesische Hisbollah-Miliz für den Angriff verantwortlich. Bei dem Einschlag der Rakete auf einem Fußballfeld waren nach israelischen Angaben mindestens zwölf Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zehn und 16 Jahren getötet worden. Die Hisbollah-Miliz bestreitet eine Verantwortung für den Angriff.
Die vom Iran unterstützte Hisbollah kämpft im Bürgerkrieg in Syrien seit Jahren auf der Seite des Präsidenten Baschar al-Assad. Die Beobachtungsstelle hatte am Sonntag erklärt, pro-iranische Gruppen und der Hisbollah nahestehende Kämpfer hätten ihre Stellungen im Umland der Hauptstadt Damaskus und in syrisch kontrollierten Teilen der Golanhöhen in Erwartung „möglicher israelischer Luftangriffe“ evakuiert. (afp)
Außenminister fordert Nato-Ausschluss der Türkei
Nach Drohungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gegen Israel hat der israelische Außenminister Israel Katz einen Ausschluss der Türkei aus der Nato gefordert. „Erdogan hat die Türkei zu einem Mitglied der iranischen Achse des Bösen gemacht“, sagte Katz am Montagabend. Die Türkei sei Gastgeber der islamistischen Terrororganisation Hamas. Katz rief alle Nato-Mitgliedstaaten dazu auf, „die Türkei sofort auszuschließen“.
Erdogan hatte Israel zuvor mit militärischer Einmischung gedroht. „So wie wir in Bergkarabach reingegangen sind, so wie wir in Libyen reingegangen sind, werden wir mit ihnen dasselbe tun“, sagte er am Sonntag auf einer Veranstaltung seiner Regierungspartei AKP in Rize am Schwarzen Meer. Erdoğan bezog sich dabei auf den Bergkarabach-Konflikt, wo Erdogan die Konfliktpartei Aserbaidschan unter anderem mit Drohnen unterstützte. Im Bürgerkriegsland Libyen unterstützt Ankara die international anerkannte Regierung mit militärischer Ausstattung und Personal.
Israels Außenminister sagte, die Türkei habe massiv gegen Nato-Grundsätze verstoßen, indem sie „damit gedroht hat, ohne Provokation in ein demokratisches westliches Land vorzudringen“. Die USA und die westliche Welt müssten „Erdoğan verurteilen und seine zerstörerischen Aktivitäten stoppen“. (afp)
Britische Regierung ruft zum Verlassen des Libanon auf
Wegen der angespannten Sicherheitslage im Libanon hat die britische Regierung ihre Staatsangehörigen dazu aufgerufen, das Land zu verlassen. „Wir raten britischen Staatsangehörigen, den Libanon zu verlassen und nicht in das Land zu reisen“, erklärte Außenminister David Lammy am Montag im Onlinedienst X. Die Situation entwickle sich sehr schnell.
Zuvor hatte auch die Bundesregierung alle Deutschen aufgefordert, das Land schnellstmöglich zu verlassen. „Ich appelliere eindringlich an alle Deutschen: Reisen Sie aus dem Libanon aus“, schrieb Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Onlinedienst X. Sollte die Lage eskalieren, werde eine Ausreise nur schwer möglich sein, betonte sie. Die Lufthansa Gruppe sowie die französische Fluggesellschaft Air France setzten ihre Flüge in die libanesische Hauptstadt Beirut vorerst aus.
Hintergrund der Warnungen ist der tödliche Raketenbeschuss aus dem Libanon auf ein Dorf auf den von Israel annektierten Golanhöhen, der einen Vergeltungsschlag Israels und damit eine Eskalation der Situation befürchten lässt. Bei einem Besuch des Dorfs Madschdal Schams drohte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu am Montag erneut mit einem „harten“ Schlag gegen die libanesische Hisbollah-Miliz.
Bei dem Einschlag der Rakete auf einem Fußballfeld waren nach israelischen Angaben mindestens zwölf Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zehn und 16 Jahren getötet worden. Die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz hat bestritten, hinter dem Angriff zu stecken. (afp)
Royal Jordanian setzt Flüge aus
Die jordanische Fluggesellschaft Royal Jordanian setzt einem Medienbericht zufolge ihre Flüge in die libanesische Hauptstadt Beirut am Montag und Dienstag aus. Das berichtet das jordanische Fernsehen unter Berufung auf eine Erklärung der Fluggesellschaft. Das jordanische Außenministerium ruft zudem seine Bürger dazu auf, nicht in den Libanon zu reisen. Auch die jordanischen Bürger im Libanon würden aufgefordert, äußerste Vorsicht walten zu lassen und sich von gefährlichen Gebieten fernzuhalten. Zuvor hatten bereits die Lufthansa, Swiss, Eurowings und Air France ihre Verbindungen nach Beirut gestrichen. (rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen