+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Hamas lässt Forderung fallen
Die Hamas sendet Zeichen einer möglichen Einigung im Konflikt. Das Abrücken von der Forderung nach einer Zusicherung Israels könnte zum Waffenstillstand führen.
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Ägyptische Gewährsperson bestätigt Angaben
Die militant-islamistische Hamas hat nach Angaben eines Funktionärs den Weg für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg freigemacht. Die Gruppe habe die Forderung fallengelassen, wonach Israel vorab zusichern müsse, den Krieg vollständig zu beenden, sagte das Hamas-Mitglied, das anonym bleiben wollte, am Samstag. Eine ägyptische Gewährsperson bestätigte die Angaben. Mit ihrer Entscheidung könnte die Hamas dazu beitragen, dass die Gefechte zum ersten Mal seit November ausgesetzt werden. Alle Beteiligten verwiesen jedoch darauf, dass eine Einigung nicht garantiert sei.
Die beiden Gewährspersonen sagten, der amerikanische Vorschlag sehe zunächst eine vollständige und uneingeschränkte sechswöchige Waffenruhe sowie die Freilassung einer Reihe von Geiseln vor, darunter Frauen, ältere Menschen und Verwundete. Im Gegenzug sollten Hunderte palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen. Während dieser 42 Tage müssten sich die israelischen Streitkräfte auch aus den dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens zurückziehen und die Rückkehr der Vertriebenen in ihre Häuser im nördlichen Gazastreifen ermöglichen.
In diesem Zeitraum würden die Hamas, Israel und die internationalen Vermittler Bedingungen für die zweite Phase aushandeln, in der die verbliebenen männlichen Geiseln freigelassen werden könnten, wie die Gewährspersonen erläuterten. Im Gegenzug würde Israel weitere palästinensische Häftlinge freilassen. Die dritte Phase soll die Rückgabe der letzten Geiseln und sterblichen Überreste von Verschleppten umfassen und den Beginn eines einjährigen Wiederaufbauprojekts einläuten.
Die Hamas verlange weiterhin schriftliche Garantien von den Vermittlern, dass Israel über eine dauerhafte Waffenruhe verhandeln werde, sobald die erste Phase in Kraft trete, sagten die beiden Beamten. Der Hamas-Vertreter sagte der Nachrichtenagentur AP, die Gruppe habe ihre Zustimmung gegeben, nachdem sie von den Vermittlern mündliche Zusagen und Garantien erhalten habe, dass der Krieg nicht wieder aufgenommen werde und dass die Verhandlungen bis zum Erreichen eines dauerhaften Waffenstillstands fortgesetzt würden. „Jetzt wollen wir diese Garantien auf Papier“, sagte er. (ap)
Familien fliehen vor Israels Offensive in Fußballstadion
Das größte Fußballstadion des Gazastreifens hat sich zu einer Notunterkunft für Flüchtlinge gewandelt. Im Jarmuk-Sportstadion ringen Familien darum, mit wenig Lebensmitteln und Wasser über die Runden zu kommen – und der jüngsten israelischen Offensive einen Schritt voraus zu sein. Behelfsmäßige Zelte dehnen sich im Schatten der Tribünen aus. Kleidung ist an Wäscheleinen über dem ausgedörrten, staubigen Spielfeld aufgespannt.
Unter den überdachten Bänken, auf denen einst Spieler auf ihren Einsatz warteten, wäscht Um Baschar ein Kleinkind, das in einem Plastikbottich steht. Während sie die Seife im Haar des Jungen verteilt, ihm das kalte Wasser über den Kopf gießt, zappelt und zittert er – und hält sich an den Plastiksitzen fest.
Mehrfach hätten sie die Flucht ergreifen müssen, sagt Baschar, zuletzt vor den erneuten Operationen des israelischen Militärs gegen die militant-islamistische Hamas im Viertel Schidschaija der Stadt Gaza. „Wir wachten auf und sahen Panzer vor der Tür“, berichtet sie. „Wir haben nichts mitgenommen, nicht eine Matratze, nicht ein Kissen, keine Kleidung, nichts. Nicht einmal Essen.“
Zusammen mit anderen fand sie im Jarmuk-Stadion Unterschlupf, etwa drei Kilometer nordwestlich von Schidschaija, das im Gaza-Krieg schwer bombardiert wurde und wo es kaum noch Menschen gibt. Viele derer, die in das Stadion geflüchtet sind, sagen, sie hätten nichts, zu dem sie zurückkehren könnten. „Wir haben unsere Häuser verlassen“, sagt Hasem Abu Thoraja: „Und all unsere Häuser wurden bombardiert und niedergebrannt“.
Hunderttausende Menschen blieben im Norden des Gazastreifens, selbst als israelische Truppen das Gebiet einkreisten und weitgehend isolierten. Zuletzt haben sich die Hilfslieferungen dorthin etwas verbessert. Die Vereinten Nationen erklärten jüngst, sie seien inzwischen in der Lage, die grundlegendsten Bedürfnisse der Menschen im Norden zu stillen. Israel sagt, es lasse zu, dass Hilfen den Gazastreifen erreichten. Die UN unternähmen nicht genug, um sie auch in Umlauf zu bringen. (ap)
Tauziehen um Gaza-Deal – Warnung vor neuem Krieg
Während im Gaza-Krieg die indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und den Austausch von Geiseln gegen Gefangene nächste Woche weitergehen sollen, warnen die Vereinten Nationen vor einer Ausweitung des Nahost-Konflikts. Zunehmende Schusswechsel zwischen der Hisbollah-Miliz und Israel an der Grenze zum Libanon erhöhten das „Risiko eines umfassenden Krieges“, teilten die UN in New York mit.
Kurz zuvor hatte die Hisbollah erneut mehrere Geschosse auf den Norden Israels abgefeuert, wie das israelische Militär mitteilte. Sie seien in mehreren Gebieten eingeschlagen, einige seien abgefangen worden. Zwei Soldaten wurden den Angaben zufolge leicht verletzt. Die israelische Artillerie griff daraufhin Gebiete im Südlibanon an. Kampfflugzeuge hätten zudem eine Abschussanlage und einen Beobachtungsposten der Hisbollah attackiert, hieß es. Die Angaben des israelischen Militärs konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
„Eine Eskalation kann und muss vermieden werden. Wir betonen erneut, dass die Gefahr einer Fehleinschätzung, die zu einem plötzlichen und größeren Flächenbrand führt, real ist“, so die UN. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sprach am Telefon mit seinem israelischen Kollegen Joav Galant über die „andauernde Bedrohung“ durch vom Iran unterstützte Gruppen wie der Hisbollah und bekräftigte das „eiserne Engagement der Vereinigten Staaten für die Sicherheit Israels und das Recht Israels auf Selbstverteidigung“, so das Pentagon. (dpa)
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