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+++ Nachrichten im Nahost-Konflikt +++Israels Regierung stimmt Rückkehr von Minister Ben-Gvir zu

Der rechtsextreme Politiker hatte die Regierung in Protest gegen den Geisel-Waffenruhe-Deal verlassen. Dieser ist nun passé: Israel bombardiert den Gazastreifen.

Nach einem israelischen Luftangriff ist dieses Zeltcamp in Chan Yunis zerstört Foto: Hatem Khaled/reuteres

Rechter Minister Ben-Gvir zurück in der Regierung

Die israelische Regierung hat der Rückkehr des rechtsextremen Politikers Itamar Ben-Gvir als Minister für nationale Sicherheit in die Regierung zugestimmt. Die Regierung habe „einstimmig den Vorschlag von Regierungschef Benjamin Netanjahu gebilligt, Ben-Gvir wieder zu ernennen“, erklärte Netanjahus Büro am Mittwoch. Zuvor hatte die Regierung bereits die Rückkehr von Ben-Gvirs ultrarechter Partei Otzma Jehudit ins Kabinett angekündigt.

Ben-Gvir und seine Partei waren aus Protest gegen ein zwischen Israel und der Hamas geschlossenes Waffenruhe-Abkommen für den Gazastreifen am 19. Januar aus der Regierung zurückgetreten. Ben-Gvir hatte das Abkommen als „skandalös“ bezeichnet und erklärt, es komme einer „Kapitulation gegenüber der Hamas“ gleich. (afp)

„Den Kampf mit aller Macht aufgenommen“

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu droht eine Intensivierung der massiven Angriffe auf Stellungen der islamistischen Hamas im Gazastreifen an. „Wir haben den Kampf wieder mit aller Macht aufgenommen“, sagte Netanjahu in einer Videoübertragung. „Von jetzt an werden Verhandlungen nur unter Feuer geführt.“ Zu neuen Angriffen mit mehr als 400 Toten sagte Netanjahu: „Dies ist erst der Anfang.“

Israelische Medien berichteten von anhaltenden israelischen Luftangriffen in mehreren Gegenden des Küstengebiets auch in der Nacht zu Mittwoch. Die israelische Armee äußerte sich jedoch zunächst nicht dazu. Den Berichten zufolge wurden Angriffe aus der Gegend um Chan Yunis im Süden des Gebietes und bei Gaza-Stadt im Norden gemeldet. Bei den Angriffen sollen demnach mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen sein.

Erstmals seit Beginn einer Waffenruhe vor rund zwei Monaten hatte die israelische Luftwaffe in der Nacht zum Dienstag wieder massiv Ziele im Gazastreifen bombardiert. Mit den neuen Angriffen ist die mühsam von internationalen Unterhändlern ausgehandelte Waffenruhe de facto am Ende. Palästinensische Zivilisten im Norden und Süden des Gazastreifens, die während der Waffenruhe in ihre Wohngebiete zurückgekehrt waren, wurden von der Armee erneut zur Flucht aufgerufen. (dpa)

Israel und Hamas machen sich gegenseitig Vorwürfe

Israels Verteidigungsminister Gideon Saar erklärte zum Ende der Waffenruhe: Die islamistische Hamas habe zwei Vorschläge des US-Gesandten Steve Witkoff für eine Verlängerung der Waffenruhe abgelehnt. „Wir fanden uns in einer Sackgasse wieder – keine Geiseln wurden freigelassen und es gab keine militärischen Einsätze“, sagte der Außenminister demnach. „Diese Situation konnte nicht andauern.“

Ein Hamas-Sprecher sagte hingegen, es sei Israel, das sich gegen die Waffenruhe-Vereinbarung gewandt habe. Die Hamas sei der Dreistufenvereinbarung dagegen immer verpflichtet gewesen. Man sei in ständigem Kontakt mit den internationalen Unterhändlern und stehe allen Versuchen, „die Aggression (Israels) zu stoppen und die Blockade aufzuheben“, positiv gegenüber.

Witkoff und andere US-Vertreter hatten zuletzt bei einem Vermittlertreffen in Katar einen aktualisierten Vorschlag für eine mehrwöchige Verlängerung der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas vorgelegt. Demnach sollte die Hamas mehrere lebende Geiseln im Austausch für palästinensische Gefangene freilassen. (dpa)

Guterres empört über Luftangriffe in Gaza

UN-Generalsekretär António Guterres fordert Israel auf, die Waffenruhe-Vereinbarung im Gazastreifen einzuhalten. „Ich rufe dringend dazu auf, die Waffenruhe zu achten, die ungehinderte humanitäre Hilfe wiederherzustellen und die verbleibenden Geiseln bedingungslos freizulassen“, schrieb er am Abend auf der Plattform X. „Ich bin empört über die israelischen Luftangriffe in Gaza.“ Bei den Angriffen in der Nacht zu Dienstag waren nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 400 Menschen getötet worden. (dpa)

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4 Kommentare

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  • Der Waffenstillstand ist nicht 'passé' Israel hat ihn einseitig gebrochen und das, nachdem zuvor Hilfsgüter blockiert wurden. Der Rechtsextreme Smotritch hat angekündigt, die Pforten zur Hölle aufzustoßen (genau wie Trump) und genau das hat man gemacht. Bei den Luftangriffen wurden mindestens 175 Kinder getötet, zahlreiche mehr verstümmelt - wer den Magen dafür hat, mag sich die Berichte der Médecins Sans Frontières durchlesen/anhören.



    Das ist durch und durch verabscheuungswürdig und längst nicht mehr zu rechtfertigen mit einem legitimen Vorgehen gegen die Hamas.

    • @Sav:

      Volle Zustimmung. Die Reporte von internationalen Helfern, die sich gerade noch in Gaza aufhalten, sind kaum zu ertragen, die Videos schon gar nicht. Aber gerade auch Mediziner werden von Anfang an fast vollständig ignoriert obwohl viele von ihnen seit Monaten auf die katastrophale Lage aufmerksam machen. Im übrigen meldet auch die UN das einer ihrer internationalen Kräfte getötet und fünf weitere verletzt wurden. www.bbc.com/news/articles/ce8mpl4mk4go



      Und ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass das Waffenstillstandsabkommen (+ die UN-Resolution von Juni 2024) vorgesehen hatte, das Phase 1 automatisch verlängert wird, solange Verhandlungen zu Phase 2 andauern. Phase 2 beinhaltete die Freilassung der restlichen lebenden Geiseln und ein permanentes Ende der Kampfhandlungen. Wie Herr Wellisch aber bereits in seinem Artikel anmerkte und mehrere Experten wie auch Daniel Levy (immerhin ehemaliger Unterhändler bei früheren Friedensverhandlungen) sagten, hat Israel keine ernsthaften Gespräche zu Phase zwei begonnen und wollte einfach das Abkommen ändern und die USA haben ihnen Rückendeckung gegeben.

  • Es wäre wirklich besser gewesen, wenn das orangefarbene Desaster im Weißen Haus einfach seine Klappe gehalten hätte. Mit seinen sogenannten Friedensplänen richtet der "größte Dealmakler aller Zeiten" nur noch mehr Schaden an, wie man gerade auch an den Verhandlungen im Ukraine-Krieg sehen kann.

  • Haaretz

    Analysis | Two Months Ago We Had Hope. Then Trump Allowed Netanyahu to Destroy the Hostage Negotiations

    U.S. President Donald Trump and Steve Witkoff seems to be falling into the same trap that caused Joe Biden's team to fail after the collapse of the first hostage deal: They have let Benjamin Netanyahu set the terms for the negotiations

    Exactly two months ago, my wife and I sat in the kitchen of the trailer that has been our temporary home for the past year and, for the first time in many months, felt optimistic. A cease-fire was about to begin, putting on the horizon the possibility that the war in Gaza would end, that our neighbors who were kidnapped from their homes on October 7, 2023 would be returned to their families – and that our own little family would be able to return home after more than a year as internal refugees in Israel.

    www.haaretz.com/is...-a3d7-b9ba88490000