+++ Krieg in der Ukraine +++: Exporte starten „heute oder morgen“
Selenski hat in Odessa den baldigen Beginn der Getreideexporte angekündigt. Kiew und Moskau werfen sich gegenseitig den Angriff auf ein Gefängnis vor.
Selenski: Getreideexporte starten „heute oder morgen“
Der ukrainische Präsident hat bei einem Besuch der Hafenstadt Odessa den baldigen Start der Getreideexporte per Schiff übers Schwarze Meer angekündigt. „Ich denke, dass es heute oder morgen beginnt“, sagte der 44-Jährige am Freitag in einer Videobotschaft, die auf seinem Telegram-Kanal veröffentlicht wurde. Es werde das erste Getreideschiff seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar sein.
„Das Wichtigste für uns ist, dass der Hafen und die Menschen arbeiten“, sagte der Staatschef. In dem Video wurde das Schiff „Polarnet“ unter türkischer Flagge beim Beladen im Hafen Tschornomorsk bei Odessa gezeigt. Das Getreide sei von einer ukrainischen Firma. Das Infrastrukturministerium warte nun auf ein Signal von den Vereinten Nationen und der Türkei für den Start. „Für uns ist wichtig, dass die Ukraine ein Garant der weltweiten Lebensmittelsicherheit bleibt“, betonte Selenski.
Nach Angaben des stellvertretenden Chefs der Präsidialverwaltung, Kyrylo Tymoschenko, werden derzeit insgesamt 16 Schiffe in den Häfen von Odessa mit Getreide beladen. Die Gesamtzuladung liege bei 580.000 Tonnen. „In Kürze werden sie in ihre Bestimmungshäfen ablegen“, sagte Tymoschenko. (dpa)
Beschuss von Kriegsgefangenenlager
Die Ukraine und Russland haben sich gegenseitig für den Beschuss eines Kriegsgefangenenlagers in der Region Donezk verantwortlich gemacht, bei denen offenbar Dutzende ukrainischer Soldaten getötet und verletzt wurden. Prorussische Separatisten sprachen von 53 getöteten ukrainischen Kriegsgefangenen, das russische Verteidigungsministerium von 40. Das ukrainische Militär erklärte hingegen, es habe auf Oleniwka keinerlei Artillerie- und Raketenfeuer seitens seiner Einheiten gegeben.
Ukrainische Truppen nähmen ausschließlich militärische Ziele und nicht zivile Gebiete unter Feuer, hieß es in der Erklärung, die Russland für den Beschuss verantwortlich machte. Damit wollten die russischen Streitkräfte die Ukraine eines Kriegsverbrechens beschuldigen und Folter und Hinrichtungen in dem Camp vertuschen. Unabhängig verifiziert werden konnten weder die russischen noch die ukrainischen Angaben.
Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow sagte, das Lager sei von Raketen des von den USA gelieferten Himars-System getroffen worden. Er sprach von 40 Toten und 75 Verletzten. Den Angriff bezeichnete der Generalleutnant als „blutige Provokation“, um ukrainische Soldaten davon abzubringen, sich zu ergeben. Auch acht Personen des Wachpersonals seien verletzt worden.
Der ukrainische Gouverneur der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, teilte mit, die russischen Angriffe in dem Gebiet nähmen von Tag zu Tag an Intensität zu. Zivilisten sollten, wenn es noch möglich sei, die Kampfzonen verlassen. „Die russische Armee schert sich nicht um zivile Opfer. Sie feuern auf Städte und Dörfer in der Region.“
Der Bürgermeister der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw, Ihor Terechow, teilte mit, am Freitag seien russische Geschosse erneut im Stadtzentrum eingeschlagen. Auch das zweistöckige Gebäude einer höheren Bildungseinrichtung sei getroffen worden. Rettungsmannschaften seien im Einsatz. (ap)
Inflation im Euro-Raum im Juli auf 8,9 Prozent gestiegen
Die Inflation hat im Juli im Euro-Raum einen neuen Höchststand von 8,9 Prozent erreicht. Grund seien die infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine gestiegenen Energiepreise, teilte des Statistikamt der Europäischen Union am Freitag in Brüssel mit. Im Juni hatte die Teuerung bei 8,6 Prozent gelegen.
In den 19 Ländern, die den Euro nutzen, ist die Inflation auf dem höchsten Niveau seit der Einführung der gemeinsamen Währung Ende der 1990er Jahre. Die Energiepreise stiegen laut Eurostat im Juli um 39,7 Prozent, Lebensmittelpreise um 9,8 und die anderer Waren um 4,5 Prozent. (ap)
Gouverneur: Vier Tote in Mykolaiw
Bei einem russischen Raketenangriff auf die Stadt Mykolaiw im Südosten der Ukraine sind nach Angaben des Gouverneurs der gleichnamigen Region mindestens vier Menschen getötet worden. Sieben weitere Menschen seien verletzt worden, teilt Witalij Kim auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Einige der Verletzten hätten sich in der Nähe einer Haltestelle des öffentlichen Nahverkehrs aufgehalten. (rtr)
Estland stellt keine Visa für russische Studierende mehr aus
Estland stellt keine Visa und Aufenthaltsgenehmigungen für russische Studenten mehr aus. „Die Fortsetzung der Sanktionen gegen Russland ist wesentlich, um das Land weiter unter Druck zu setzen“, sagt Außenminister Urmas Reinsalu in einer Erklärung. Die Anordnung des Außenministeriums beendet auch die Praxis, Russen oder Bürgern des Verbündeten Belarus, die ein Visum von einem anderen EU-Staat erhalten haben, kurzfristige Arbeit zu gewähren. (rtr)
Medwedew kündigt Reaktion auf Nato-Beitritt Finnlands an
Ein Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands wird nach Ansicht des früheren Kremlchefs Dmitri Medwedew eine militärische Gegenreaktion Russlands nach sich ziehen. Sollten Nato-Stützpunkte auf dem Territorium der Länder errichtet und Waffen stationiert werden, dann werden „unsere Reaktionsschritte symmetrisch dazu erfolgen“, sagte der Vizechef des russischen Sicherheitsrats nach einem Treffen zur Sicherheitslage an der Grenze zu Finnland der Agentur Interfax zufolge.
Schweden und Finnland hatten nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Sorgen um die eigene Sicherheit als Grund für den Beitrittswunsch zur Nato angegeben. Davor waren sie neutral. Die Nato stimmte auf ihrem Gipfel in Madrid Ende Juni den Beitrittsgesuchen zu. Seitdem läuft die Ratifizierung durch die einzelnen Mitgliedsstaaten.
Die Entscheidung für einem Nato-Beitritt der beiden Länder verschlechtert aus Sicht von Medwedjew die Sicherheitslage im Ostseeraum, „weil die Ostsee jetzt tatsächlich zu einem Meer wird, das von Nato-Staaten dominiert wird.“ Er warf den beiden Staaten vor, von „jenseits des Ozeans und von Brüssel beeinflusst“ zu werden. Die Beziehungen zu den Ländern müssten von russischer Seite nun überprüft werden.
Russland teilt sich im Norden eine mehr als 1300 Kilometer lange Grenze mit Finnland. Kremlchef Wladimir Putin hatte bereits Ende Juni angekündigt, ein Nato-Beitritt des Landes würde militärische Gegenmaßnahmen seines Landes nach sich ziehen. (dpa)
UN: Erste Getreide-Exporte aus ukrainischen Häfen
Nach einem Abkommen zwischen Kiew und Moskau sollen die ersten Schiffe mit Getreide an Bord die Ukraine UN-Angaben zufolge bald verlassen. Es lägen einige schon beladene Frachter in den Häfen am Schwarzen Meer zur Abfahrt bereit, sagte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths am Donnerstag in New York. „Und wir hatten darauf gewartet, dass das passiert, sogar heute oder morgen“.
Bislang sei der genaue Korridor für den sicheren Transport durch teilweise vermintes Gebiet vom gemeinsamen Kontrollzentrum der Kriegsparteien sowie von den Vereinten Nationen und der Türkei in Istanbul noch nicht final festgelegt worden. Griffiths betonte aber, dass er glaube, dies werde zügig passieren. Danach solle die Ausfuhr aus den Häfen schließlich das Vorkriegsniveau von etwa fünf Millionen Tonnen pro Monat erreichen. (dpa)
15 Verletzte bei Angriffen auf Kiew
Bei einem russischen Raketenangriff auf die ukrainische Hauptstadt Kiew sind nach Angaben des Gouverneurs fünfzehn Menschen verletzt worden. Raketen schlugen in Militäreinrichtungen am Rande der Großstadt Kiew, sagt Olexij Kuleba, Gouverneur der Region, auf dem Messenger-Dienst Telegram. Mehr als zehn russische Raketen schlugen auch in der Region Tschernihiw nordöstlich von Kiew ein, wie der dortige Gouverneur dem ukrainischen Fernsehen mitteilt. Wie Kiew ist auch Tschernihiw seit Wochen nicht mehr angegriffen worden. (rtr)
OSZE soll Menschenrechtslage in Russland überprüfen
Experten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sollen nach US-Angaben die Menschenrechtslage in Russland überprüfen. Dies sei eine Reaktion auf die jüngsten Maßnahmen Russlands zur Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie auf Berichte über Folterungen von in Russland inhaftierten Personen, sagt Ned Price, Sprecher des US-Außenministeriums, in einer Erklärung. Die Überprüfung sei durch die Anwendung des „Moskauer Mechanismus“ der Organisation ausgelöst worden. Die Sachverständigengruppe werde ihren Bericht im September der Öffentlichkeit vorlegen. (rtr)
Selenski: Werden uns nicht einschüchtern lassen
Die Ukraine lässt sich nach Worten von Präsident Selenski von der russischen Invasion nicht einschüchtern. „Wir werden alles tun, dass niemand auf der Welt diesem schrecklichen Krieg gegenüber gleichgültig bleibt, den Russland gegen unser Land und gegen die Idee der Freiheit angezettelt hat“, sagt Selenski in seiner nächtlichen Ansprache. Die Ukraine versucht zurzeit verstärkt, den von Russland kontrollierten Südens des Landes zurückzuerobern. (rtr)
Habeck verteidigt Kurs der Regierung – Pfiffe gegen Minister
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat den Kurs der Bundesregierung in der Ukraine-Politik gegen lautstarke Proteste verteidigt. Der Grünen-Politiker machte am Donnerstagabend bei einem Bürgerdialog in Bayreuth mit Blick auf stark gestiegene Energiepreise deutlich, Deutschland dürfe trotz finanzieller Nachteile den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht tolerieren. Waffenlieferungen hätten der Ukraine geholfen, dem Aggressor zu widerstehen.
Gegen Habeck gab es in Bayreuth laute Pfiffe, viele Bürger riefen Äußerungen wie „Hau ab“. Auf Plakaten wurde er als „Kriegstreiber“ bezeichnet. Die Protestierenden waren insgesamt in der Minderheit bei dem Bürgerdialog mit geschätzt mehreren Hundert Teilnehmern. Habeck verteidigte den Kurs der Bundesregierung und warb um Austausch und Dialog.
Im Streit um eine Turbine für die Gaspipeline Nord Stream 1 warf Habeck Russland Lügen vor – er sprach von einer „Farce“. Die in Kanada gewartete Turbine sei seit Montag letzter Woche in Deutschland. Alle Papiere lägen vor, er habe sie selber in der Hand gehabt. Russland aber weigere sich, die Turbine ins eigene Land zu holen. „Sie lügen einem ins Gesicht.“
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Mit Blick auf stark gestiegene Energiepreise sagte er, die Wurzel sei der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Das diktatorische Regime des russischen Präsidenten Wladimir Putin dürfe nicht siegen. Die aggressive Politik dürfe sich nicht durchsetzen. Deutschland müsse so schnell wie möglich unabhängig von russischen Energien werden.
Angesichts der stark steigenden Kosten für Energie sieht der Minister Gesprächsbedarf über zusätzliche Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger. Es gebe eine „Zone“, die politisch noch nicht „ausgeleuchtet“ sei, sagte er bei einem Besuch der Stadtwerke Bayreuth. Habeck sprach von „Normalverdienenden“, die aber nicht eklatant viel Geld pro Monat verdienten. „Weil ich zu wissen glaube, welche Belastungen da kommen können, bin ich klar auf der Seite, da großzügiger zu sein.“ (dpa)
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