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Chinesisches Autounternehmen NioAkku tauschen statt laden

An einem Ladepark der EnBW in Hamburg wird es eine „Power Swap Station“ des chinesischen Autobauers Nio geben – aber ist das die Lösung?

Nios Wette auf Akkutausch statt Lade­säule werde nicht auf­gehen, vermuten Experten Foto: Attila Volgyi/Xinhua/picture alliance

Freiburg taz | Der Energiekonzern EnBW hat in Hamburg einen Schnellladepark mit angeschlossenem Batteriewechselstandort des chinesischen Autobauers Nio eröffnet. Somit müssen Autofahrer mit einem entsprechenden Fahrzeugmodell ihre Batterie dort nicht mehr laden, sondern sie erhalten binnen fünf Minuten einen Austausch-Akku eingesetzt. EnBW preist die Option als „besonderes Feature“, Mobilitätsexperten zeigen sich hingegen skeptisch.

In China gebe es bereits 3.500 solcher Wechselstationen, sagt ein Sprecher von Nio auf Anfrage, 61 gebe es aktuell in Europa, davon 21 in Deutschland. Der Wechsel geht automatisiert vonstatten: Der Autofahrer hält an der Wechselstation, dann bringt sich das Fahrzeug autonom in die richtige Position, sodass der Akku vollautomatisch ausgetauscht werden kann. Anschließend werde der Stromspeicher an der Ladestation – Power Swap Station genannt – schonend bei 40 Kilowatt Ladeleistung für ein später kommendes Fahrzeug wieder befüllt.

Wer ein Auto von Nio kauft, mietet den Akku daher in der Regel nur. Man könne ihn zwar auch kaufen, so der Autobauer, doch 95 Prozent der Kunden entschieden sich für das Abo-Modell. Dann bezahlt der Besitzer des Fahrzeugs eine monatliche Leasinggebühr für den Stromspeicher, die je nach dessen Kapazität unterschiedlich ist.

„Das Standardmodell hat eine Kapazität von 75 Kilowattstunden, aber wenn ein Kunde mal zeitweise auch 100 Kilowattstunden benötigt, etwa für eine längere Urlaubsreise, kann er das beim Akkuwechsel bekommen“, erklärt der Firmensprecher. So könne außerdem jeder stets von der jeweils neuesten Batterietechnologie profitieren.

Hohe E-Auto-Reichweiten könnten Akkutausch erübrigen

Neben der monatlichen Akku-Miete wird ab dem dritten Wechselvorgang im Monat eine Wechselpauschale fällig. Darüber hinaus bezahlt der Kunde die eingekauften Kilowattstunden, wobei die verbliebene Restladung im entleerten Akku angerechnet wird. Die Autos können auch an jeder normalen Ladesäule betankt werden, wenn gerade keine Wechselstation verfügbar ist.

Experten stehen dem Modell jedoch skeptisch gegenüber. „Ich halte davon nichts“, sagt Andreas Knie, Mobilitätsforscher am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Der nötige Aufwand, um den Wechsel der Batterien zu standardisieren, sei zu groß. Hinzu komme, dass heute längst Reichweiten von 500 Kilometern mit einer Akkuladung erreicht würden, womit der Bedarf an Batterietauschkonzepten abnehme.

Knie ist daher davon überzeugt, dass fest verbaute Batterien zumindest auf dem deutschen Markt für Pkws auch künftig die bessere Lösung seien.

ADAC glaubt auch nicht an Technologie

Skeptisch zeigt sich auch der ADAC, denn die kurze Wartedauer beim Akkuwechsel verliere an Bedeutung: „Inzwischen können viele Fahrzeuge innerhalb von 20 bis 30 Minuten so viel Strom nachladen, dass es in den meisten Fällen für die verbleibende geplante Fahrtstrecke ausreicht“, sagt der Sprecher auf Anfrage. Zudem benötigten E-Autos mit Wechselakku eine deutlich aufwändigere Technik, die sich im Anschaffungspreis niederschlage.

Generell setze der Verband sich zwar „für einen technologieoffenen Markt“ ein, so der ADAC, daher unterstütze man Systeme, die es Verbrauchern erleichtern, auf Elektromobilität umzusteigen. Für die Batterietauschstationen spreche zwar, dass sie „im Gesamtkontext des Stromnetzes eine positive Wirkung“ hätten, da sie Spitzen im Strombedarf, die durch das Schnellladen von Fahrzeugen verursacht werden, „abpuffern oder verhindern“. Allerdings seien Versuche mit Batterietausch in Deutschland „bislang an der Akzeptanz der Autofahrer gescheitert“.

Die Idee, Wechselakkus anzubieten, gibt es auch schon für E-Bikes. Die Firma Enyring, eine Tochtergesellschaft des japanischen Unternehmens Yamaha Motor, teilt auf Anfrage mit, sie befinde sich „in der finalen Phase der Produktentwicklung“.

In den Stadtzentren von Berlin und Amsterdam sollen entsprechende Akku-Wechselstationen eingerichtet werden. „In Berlin werden rund 40 Stationen installiert, in Amsterdam rund 20, wobei sich die Abdeckung auf einen Umkreis von etwa zwei Kilometer in den Innenstädten konzentriert“, sagt eine Sprecherin. Zu Preisen äußert sich das Unternehmen bisher nicht, ebenso wenig nennt es bereits einen Termin für den Start des Angebots.

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2 Kommentare

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  • Der TÜV Verband hat auch was dazu gesagt, das finde ich ganz umfassend. Es gibt ja mehrere (eher vorteilhafte) Aspekte der Trennung von Fahrzeug und Akkus zu beachten.



    www.tuev-verband.d...lakkus-fuer-e-auto

    Das ist ein historisches Thema, z.B. gab es den Akku an Boden - Boden Wechselschienen befestigt zum Wechsel durch einfaches Überfahren.

  • Gab es als Idee doch schon mal von einem israelischen Startup und verlief im Sande.